Die Herren des Nordens
Er lässt sie gegeneinander kämpfen
und behält nur die kräftigsten. Er hält sie in einem Zwinger in einem Palas in Dunholm, und er setzt sie zu zwei ganz unterschiedlichen
Gelegenheiten ein.» Er unterbrach sich und sah mich spöttisch an. «Das wolltest du, oder? Dass ich dir alles über Dunholm
erzähle? Seine Stärken, seine Schwächen, wie viele Männer dort liegen und wie du am besten angreifen kannst?»
«All das», sagte ich, «und noch mehr.»
«Weil es um eine Blutfehde geht, das ist es doch. Kjartans Leben zum Ausgleich für den Tod Graf Ragnars.»
«Graf Ragnar hat mich aufgezogen», sagte ich, «und ich habe ihn wie einen Vater geliebt.»
«Und was ist mit seinem Sohn?»
«Alfred hat ihn als Geisel genommen.»
«Also wirst du an seiner statt Rache üben?», fragte er, und dann zuckte er mit den Schultern, als sei meine Antwort offenkundig.
«Du wirst feststellen, dass es nicht leicht ist», sagte er, «und noch schwerer, wenn du gegen Kjartans Hunde kämpfen musst.
Er hält sie in einem eigenen Palas. Sie leben dort wie die Könige, und unter dem Boden des Hauptraumes liegt Kjartans Hort.
Berge von Gold und Silber. Ein Hort, den er niemals auch nur anschaut. Und |125| dennoch liegt dort alles, vergraben in dem Boden unter den Hunden.»
«Und wer bewacht diesen Schatz?»
«Das ist eine ihrer Aufgaben», sagte Tekil, «aber die zweite ist es, Menschen zu zerfleischen. Und genauso wird er dich umbringen.
Zuerst lässt er dir die Augen herausschneiden, und dann lässt er dich von seinen Hunden in Stücke reißen. Oder vielleicht
zieht er dir auch ganz langsam die Haut ab. So etwas habe ich ihn schon tun sehen.»
«Kjartan der Grausame», sagte ich.
«Er wird nicht umsonst so genannt», sagte Tekil.
«Und warum dienst du ihm dann?»
«Er ist freigebig», sagte Tekil. «Kjartan liebt viererlei: Hunde, Reichtümer, Frauen und seinen Sohn. Ich mag zweierlei davon,
und Kjartan ist mit beidem sehr freigebig.»
«Und die beiden, die du nicht magst?», fragte ich.
«Ich hasse seine Hunde», räumte er ein, «und sein Sohn ist ein Feigling.»
«Sven?» Das überraschte mich. «Als Kind war er kein Feigling.»
Tekil streckte ein Bein aus und zog ein Gesicht, als die Ketten seinen Fuß behinderten. «Als Odin sein Auge verlor», sagte
er, «hat er dadurch Weisheit gewonnen, aber als Sven sein Auge verlor, hat er dadurch das Fürchten gelernt. Er ist mutig,
wenn er gegen einen Schwächeren kämpft, doch er stellt sich nicht gern einem Stärkeren. Aber sein Vater, der ist kein Feigling.»
«Ich erinnere mich daran, dass Kjartan tapfer war», sagte ich.
«Tapfer, grausam und gewalttätig», sagte Tekil, «und jetzt weißt du auch, dass er einen herrschaftlichen Palas voller Hunde
hat, die dich in blutige Fetzen reißen werden. |126| Und das, Uhtred Ragnarson, war alles, was ich dir erzählen werde.»
Ich schüttelte den Kopf. «Du wirst mir noch mehr erzählen.»
Er sah mir dabei zu, wie ich einen neuen Holzscheit ins Feuer legte. «Und warum werde ich dir mehr erzählen?», fragte er.
«Weil ich etwas habe, das du willst», erklärte ich ihm.
«Mein Leben?»
«Dein Sterben», sagte ich.
Er verstand und verzog die Lippen zu einem Lächeln. «Wie ich höre, wollen die Mönche mich aufhängen.»
«Das wollen sie», sagte ich, «weil sie keine Phantasie haben. Aber ich werde nicht zulassen, dass sie dich hängen.»
«Und was wirst du stattdessen tun? Mich diesen Kindern ausliefern, die du Soldaten nennst? Damit sie an mir üben können?»
«Wenn du nicht redest», sagte ich, «werde ich genau das tun, denn sie haben Übung bitter nötig. Aber ich werde es ihnen leicht
machen. Du wirst kein Schwert haben.»
Ohne Schwert konnte er nicht in die Totenhalle Odins einziehen, und das ängstigte Tekil genug, um ihn zum Reden zu bringen.
Kjartan, so erklärte er mir, hatte drei Kämpfertruppen in Dunholm, zusammen waren es etwa einhundertundfünfzig Krieger, aber
er verfügte nahe der Festung noch über weitere Leute, die für ihn kämpfen würden, wenn er sie rief. Wenn Kjartan wollte, konnte
er insgesamt vierhundert erfahrene Krieger in die Schlacht führen. «Und sie sind ihm treu», warnte mich Tekil.
«Weil er freigebig ist?»
«Uns fehlt es nie an Silber oder an Frauen. Was kann sich ein Krieger mehr wünschen?»
«In Odins Totenhalle einzugehen», sagte ich, und Tekil |127| nickte zu dieser Wahrheit. «Und woher kommen die Sklaven?», fragte ich.
«Von
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