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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Rumpf war kürzer und breiter als bei jedem Kriegsschiff.
    «Dann sagen wir ihm, dass es hier nichts mehr zum Handeln gibt», sagte Guthred, «jedenfalls keine Sklaven.»
    Er und ich ritten ostwärts. Ein Dutzend Männer kam mit uns. Ulf war einer davon, Ivarr und sein Sohn waren dabei, und hinter
     ihnen klebte Jænberht an Guthred und drängte ihn, das Kloster wiederaufzubauen.
    «Zuerst müssen wir die Kirche für Sankt Cuthbert errichten», erklärte Guthred.
    «Aber dieses Gotteshaus muss wiederhergestellt werden», beharrte Jænberht, «das ist ein heiliger Ort. Der hochheilige und
     gesegnete Beda hat hier gelebt.»
    «Es wird wieder aufgebaut werden», versprach Guthred, und dann zügelte er sein Pferd an einem Steinkreuz, das von seinem Sockel
     gefallen war und nun halb eingesunken und von Gras und Unkraut überwuchert auf der Erde lag. Es war eine schöne Steinmetzarbeit,
     voller Tiere, Pflanzen und Heiliger. «Und dieses Kreuz soll wieder aufgerichtet werden», sagte er und blickte dann über die
     weite Flussschleife. «Ein guter Platz», sagte er.
    «Das ist er», stimmte ich zu.
    «Wenn die Mönche zurückkommen», sagte er, «kann er wieder sehr einträglich werden. Fisch, Salz, Getreide, Vieh. Wie beschafft
     sich Alfred Geld?»
    «Steuern», sagte ich.
    «Besteuert er auch die Kirche?»
    «Es gefällt ihm nicht, die Kirche zu besteuern», sagte |199| ich, «aber er tut es, wenn die Umstände es erfordern. Sie müssen schließlich etwas dafür geben, wenn sie beschützt werden.»
    «Prägt er sein eigenes Geld?»
    «Ja, Herr.»
    Er lachte. «Es ist schwierig, ein König zu sein. Vielleicht sollte ich Alfred besuchen. Ihn um seinen Rat bitten.»
    «Das würde ihm gefallen», sagte ich.
    «Er würde mich bei sich willkommen heißen?» Er klang zweifelnd.
    «Das würde er.»
    «Obwohl ich Däne bin?»
    «Weil Ihr Christ seid», sagte ich.
    Er dachte eine Weile darüber nach und ritt dann auf dem Pfad weiter, der sich durch das Marschland wand, und überquerte einen
     kleinen, seichten Wasserlauf, wo zwei Ceorl, also die niedrigsten der freien Männer, die es bei uns gab, Aalreusen auslegten.
     Sie knieten nieder, als wir vorbeiritten, und Guthred bedachte sie mit einem Lächeln, das jedoch keiner von den beiden sah,
     so tief hatten sie ihre Köpfe geneigt. Vier Männer wateten von dem ankernden Schiff an Land, und keiner von ihnen trug eine
     Waffe. Ich vermutete, sie wollten uns nur begrüßen und uns versichern, dass sie nichts Arges im Schilde führten. «Sagt mir»,
     meinte Guthred unvermittelt, «ist Alfred durch sein Christentum anders?»
    «Ja», sagte ich.
    «Und auf welche Art?»
    «Er ist entschlossen, ein guter Mensch zu sein, Herr», sagte ich.
    «Unsere Religion», gab er zurück und vergaß für einen Moment, dass er getauft war, «legt darauf keinen Wert, oder?»
    |200| «Nein?»
    «Odin und Thor verlangen von uns Tapferkeit», sagte er, «und sie verlangen, dass wir sie achten, aber sie machen uns nicht
     zu guten Menschen.»
    «Nein», stimmte ich zu.
    «Also ist das Christentum anders», beharrte er und zügelte sein Pferd dort, wo der Pfad endete und in eine niedrige Kiesbank
     am Wasser auslief. Die vier Männer warteten etwa hundert Schritte weiter am anderen Ende der Kiesbank. «Gebt mir Euer Schwert»,
     sagte Guthred mit einem Mal.
    «Mein Schwert?»
    Er lächelte geduldig. «Diese Seemänner sind nicht bewaffnet, Uhtred, und ich will, dass Ihr zu ihnen geht und mit ihnen sprecht,
     also gebt mir Euer Schwert.»
    Ich hatte nur Schlangenhauch bei mir. «Ich hasse es, unbewaffnet zu sein, Herr», legte ich schwachen Widerspruch ein.
    «Es ist ein Gebot der Höflichkeit, Uhtred», beharrte Guthred und streckte seine Hand aus.
    Ich rührte mich nicht. Keine Höflichkeit, von der ich jemals gehört hatte, verlangte von einem Herrn, das Schwert abzulegen,
     bevor er mit gewöhnlichen Seeleuten sprach. Ich starrte Guthred an und hörte, wie hinter mir Klingen aus der Scheide gezogen
     wurden.
    «Gebt mir Euer Schwert», sagte Guthred, «und dann geht Ihr zu den Männern. Ich werde Euer Pferd halten.»
    Ich erinnere mich daran, mich umgesehen und angesichts des Sumpfes hinter mir und der Kiesbank vor mir gedacht zu haben, dass
     ich nur mein Pferd antreiben musste, um von hier wegzugaloppieren. Aber Guthred beugte sich herüber und griff nach meinen
     Zügeln. «Begrüßt sie für mich», sagte er fordernd.
    |201| Noch immer hätte ich ihm die Zügel entreißen und weggaloppieren

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