Die Herren des Nordens
nichts an. «Also», Kjartan legte sich die Axt über die Schulter, als wollte er zeigen, dass
sie nicht gebraucht wurde, «was wolltest du mir anbieten, Grünschnabel?»
«Ihr könnt mit Euren Männern nach Gyruum gehen», sagte Guthred, «und wir werden Schiffe beschaffen, und dann könnt Ihr lossegeln.
Eure Leute dürfen Euch begleiten, diejenigen, die lieber in Northumbrien bleiben, können das tun.»
«Du spielst hier wahrhaftig den König, mein Junge», sagte Kjartan und sah erneut Ivarr an. «Seid Ihr mit ihm verbündet?»
«Ich bin mit ihm verbündet», sagte Ivarr ausdruckslos.
Kjartan ließ seinen Blick zurück zu Guthred wandern. «Mir gefällt es hier, Grünschnabel. Mir gefällt Dunholm. Ich will nichts,
als in Frieden gelassen werden. Ich will deinen Thron nicht, ich will dein Land nicht, höchstens deine Frau, falls du eine
hast und sie hübsch genug für mich ist. |191| Also mache ich dir ein Angebot. Du lässt mich in Frieden, und ich vergesse, dass es dich gibt.»
«Ihr stört meinen Frieden», sagte Guthred.
«Ich scheiß auf deinen Frieden, Grünschnabel, wenn du nicht von hier verschwindest», knurrte Kjartan, und aus seiner Stimme
klang eine Gewalttätigkeit, die Guthred zusammenzucken ließ.
«Also lehnt Ihr mein Angebot ab?», fragte Guthred. Er hatte die Machtprobe verloren, und er wusste es.
Kjartan schüttelte den Kopf, als sei die Welt noch trübseliger, als er erwartet hatte. «Das nennt Ihr einen König?», forderte
er Ivarr heraus. «Wenn Ihr einen König braucht, dann sucht Euch einen Mann.»
«Wie ich gehört habe, war dieser König Manns genug, auf deinen Sohn zu pissen», ich hatte zum ersten Mal gesprochen, «und
wie ich gehört habe, ist Sven heulend weggekrochen. Du hast einen Feigling großgezogen, Kjartan.»
Kjartan zeigte mit seiner Axt auf mich. «Mit dir habe ich noch zu tun», sagte er, «aber heute ist nicht der Tag, an dem ich
dich kreischen lasse wie eine Frau. Doch der Tag wird kommen.» Er spuckte in meine Richtung, zerrte den Kopf seines Pferdes
herum und trieb es ohne ein weiteres Wort zum Haupttor zurück. Seine Männer folgten ihm.
Guthred sah ihm nach. Wütend starrte ich Ivarr an, der absichtlich meinen Zauber verraten hatte. Ich glaubte, er hatte erfahren,
dass ich Dunholm bekommen würde, wenn es fiele, und so hatte er dafür gesorgt, dass es nicht fiel. Flüchtig erwiderte er meinen
Blick, dann sagte er etwas zu seinem Sohn, und beide lachten.
«In zwei Tagen», wandte sich Guthred an mich, «fangt Ihr mit dem Wall an. Ich gebe Euch zweihundert Männer, um ihn zu bauen.»
|192| «Warum soll ich nicht schon morgen anfangen?», fragte ich.
«Weil wir morgen nach Gyruum gehen, deshalb. Wir gehen auf die Jagd!»
Ich zuckte die Schultern. Könige haben ihre Launen, und dieser König wollte eben auf die Jagd gehen.
Wir ritten wieder nach Cuncacester und fanden, dass Jænberht und Ida zurückgekehrt waren, die beiden Mönche, die nach weiteren
Überlebenden von Ivarrs Truppe gesucht hatten. «Habt Ihr noch jemanden gefunden?», fragte ich sie, als wir vom Pferd stiegen.
Jænberht starrte mich an, als verstünde er meine Frage nicht, und dann schüttelte Ida eilig den Kopf. «Wir haben niemanden
gefunden», sagte er.
«Also habt Ihr Eure Zeit vergeudet», sagte ich.
Darauf grinste Jænberht, aber vielleicht war es auch nur sein entstellter Mund, der mich denken ließ, er habe gegrinst. Dann
wurden die beiden zu Guthred gerufen, um von ihrer Suche zu berichten, und ich ging mich bei Hild erkundigen, ob die Christen
ihre Feinde mit Flüchen belegen, und wenn es so war, sollte sie Ivarr gleich zwei Dutzend Mal verfluchen. «Jag deinen Teufel
auf ihn», sagte ich.
An diesem Abend versuchte Guthred uns aufzumuntern, indem er ein Fest gab. Er hatte ein Bauernhaus im Tal unter dem Hügel
besetzt, auf dem Abt Eadred seine Kirche plante, lud alle Männer ein, die bei der Begegnung mit Kjartan dabei gewesen waren,
und bewirtete uns mit gekochtem Hammel, frischen Forellen, Bier und gutem Brot. Nach dem Essen spielte ein Harfner, und ich
erzählte die Geschichte von Alfred, der als Harfner verkleidet nach Cippanhamm gegangen war. Mit meiner Beschreibung davon,
wie ein Däne Alfred geschlagen hatte, weil er so ein schlechter Musiker war, brachte ich alle zum Lachen.
|193| Abt Eadred gehörte auch zu den Gästen, und als Ivarr gegangen war, bot er an, das Abendgebet zu sprechen. Die Christen versammelten
sich an einer
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