Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
entgegen. «Gebt Hild auch diese», bat ich.
    «Das werde ich tun», sagte er und nahm die Reifen. Dann sah er zu den vier Männern hinüber, die auf mich warteten. «Graf Ulf
     hat diese Männer gefunden», sagte Guthred und nickte in Richtung der Sklavenhändler. «Sie wissen nicht, wer du bist, nur dass
     sie dich von hier wegbringen sollen.» Dass ich ihnen unbekannt blieb, war eine |204| Art von Vergünstigung. Wenn die Sklavenhändler gewusst hätten, wie gerne mich Ælfric in seiner Gewalt gehabt hätte oder wie
     viel Kjartan der Grausame für meine Augen bezahlt hätte, dann wäre ich keine Woche mehr am Leben geblieben. «Und jetzt geht»,
     befahl Guthred.
    «Ihr hättet mich einfach wegschicken können», sagte ich bitter.
    «Euer Onkel hat seinen Preis», sagte Guthred, «und das ist er. Er wollte Euren Tod, doch er hat sich stattdessen mit dem hier
     einverstanden erklärt.»
    Ich sah über seine Schulter, wo sich am westlichen Himmel die schwarzen Wolken wie Berge aufeinandertürmten. Sie waren jetzt
     viel näher und viel dunkler, und ein kühler Wind frischte auf. «Auch Ihr müsst gehen, Herr», sagte ich, «denn ein Sturm zieht
     auf.»
    Er sagte nichts, und ich ging. Das Schicksal ist unausweichlich. Am Fuße des Lebensbaumes hatten die drei Spinnerinnen entschieden,
     dass der Goldfaden, der mein Leben begünstigt hatte, nun zu Ende war. Ich erinnere mich, wie der Kies unter meinen Stiefeln
     knirschte, und ich erinnere mich an die weißen Möwen, die frei über mir umherflogen.
    Ich hatte mich getäuscht, was die vier Männer betraf. Sie waren bewaffnet. Nicht mit Schwertern oder Speeren, aber mit kurzen
     Knüppeln. Sie beobachteten, wie ich näher kam, ebenso wie Guthred und Ivarr beobachteten, wie ich mich entfernte, und ich
     wusste, was mich erwartete, und versuchte, keinen Widerstand zu leisten. Ich ging zu den vier Männern, und einer von ihnen
     trat vor und schlug mich in den Magen, um mir allen Atem aus dem Körper zu treiben, und ein anderer schlug mich seitlich an
     den Kopf, sodass ich auf dem Kies zusammenbrach, und dann wurde ich nochmals geschlagen, und dann weiß ich nichts mehr. |205| Ich war ein Herr von Northumbrien, ein Schwertkrieger, der Mann, der Ubba Lothbrokson am Ufer des Meeres getötet und der Svein
     vom Weißen Pferd zu Fall gebracht hatte. Und jetzt war ich ein Sklave.

[ Navigation ]
    |207| ZWEITER TEIL
Das rote Schiff
    |209| FÜNF
    Der Besitzer des Schiffes, mein Besitzer, hieß Sverri Ravnson und war einer der vier Männer gewesen, die mich mit Schlägen
     empfangen hatten. Er war einen Kopf kleiner als ich, zehn Jahre älter und zweimal so breit. Sein Gesicht war flach wie ein
     Ruderblatt, die Nase irgendwann einmal zu Brei geschlagen worden, der Bart mit drahtigen weißen Haaren durchsetzt, außerdem
     hatte er noch drei Zähne im Mund und einen sehr kurzen Hals. Er war einer der stärksten Männer, die ich je getroffen hatte.
     Und einer der schweigsamsten.
    Sverri war Händler, und so hatte er sein Schiff
Trader
genannt, denn das heißt Händler. Es war robust, gut gebaut, stark betakelt und besaß Bänke für sechzehn Ruderer, wenn Sverri
     auch nur elf Ruderer hatte, sodass er sich freute, durch mich die Zahl ausgleichen zu können. Sämtliche Ruderer waren Sklaven.
     Die fünf freien Männer der Schiffsbesatzung rührten niemals ein Ruder an, sie waren da, um Sverri zu helfen. Das taten sie
     am Steuerrad und auch, indem sie dafür sorgten, dass wir arbeiteten. Außerdem stellten sie sicher, dass wir nicht zu entkommen
     versuchten, und warfen unsere Leichen über Bord, falls wir es doch versucht hatten. Zwei waren, ebenso wie Sverri, Nordmänner,
     zwei waren Dänen, und der fünfte war ein Friese namens Hakka, und es war Hakka, der mir die Sklavenketten um die Knöchel schloss.
     Vorher zogen sie mir meine guten Kleider aus und ließen mir nur mein Hemd. Dann warfen sie mir ein Paar verlauste Hosen zu.
     Nachdem mich Hakka angekettet hatte, riss er mein Hemd an der linken Schulter auf und |210| ritzte mir mit einem gedrungenen Messer ein großes S in den Oberarm. Das Blut lief über meinen Ellenbogen hinab und wurde
     vom ersten Regen verwässert, den Böen aus dem Westen herantrugen. «Ich sollte dich brandmarken», sagte Hakka, «aber auf einem
     Schiff kann man kein Feuer machen.» Er kratzte Dreck von den Planken des Kielraums und rieb ihn mir in die frische Wunde.
     Sie entzündete sich, diese Wunde, und schwitzte Eiter aus, aber als sie geheilt

Weitere Kostenlose Bücher