Die Herren von Hermiston
eines Gentleman und die Sicherheit eines Menschen, der gewohnt ist, auf den ersten Blick zu gefallen und bei näherer Bekanntschaft noch zu gewinnen. Und trotz all dieser Vorzüge scheiterte er bei allen Menschen auf Hermiston; bei dem schweigsamen Schäfer, dem unterwürfigen Verwalter, dem Pferdeburschen,der gleichzeitig der Ackerknecht war, dem Gärtner und bei des Gärtners Schwester – einer frömmelnden, gedrückten Frau, die ständig einen Schal um die Ohren trug –, bei allen fiel er gleichmäßig und gründlich durch. Sie mochten ihn nicht und zeigten es ihm deutlich. Das kleine Hausmädchen war die einzige Ausnahme; sie bewunderte ihn inbrünstig, ja wahrscheinlich träumte sie von ihm in ihren Mußestunden; aber sie war gewohnt, bei Kirsties Tiraden die Rolle der stummen Zuhörerin zu spielen und auch schweigend Kirsties Ohrfeigen hinzunehmen, und hatte gelernt, in Anbetracht ihrer Jahre sowohl ein sehr tüchtiges als auch ein schweigsames und vorsichtiges Mädchen zu sein. Frank war sich daher bewußt, der geschlossenen Mißbilligung gegenüber, die ihn allseits auf Hermiston umgab, beobachtete und bediente, eine einzige Verbündete und mitfühlende Seele zu besitzen; allein er gewann nur geringsten Trost aus dieser Gesellschaft und Unterstützung; die gesetzte kleine Magd (bei ihrem letzten Geburtstag eben erst zwölf geworden) hielt ihren Mund und trippelte hurtig, stumm mitfühlend, aber unerbittlich wortkarg in seinen Diensten hin und her. Alle anderen waren hoffnungslos und völlig unleidlich. Noch nie war ein junger Apollo derart unter rustikalen Barbaren gestrandet. Vielleicht jedoch lag die Ursache all seines Mißerfolges in einem einzigen Zug, den er sich, ohne es zu wissen, angeeignet hatte und der für den ganzen Burschen charakteristisch war. Das war seine Gewohnheit, sich einem Menschen stets auf Kosten irgendeines anderen zu nähern. Er bot dem Betreffenden ein Bündnis gegen einen dritten an; er schmeichelte demeinen durch Vernachlässigung des anderen; ehe man es wußte, war man in irgendeine kleine Intrige verwickelt. Im allgemeinen ist ein derartiges Verhalten ganz wunderbar wirksam; Franks Mißgriff lag nur in der Wahl dieses dritten. Darin war er nicht diplomatisch; er lauschte der Stimme seines Ärgers. Archie hatte ihn gleich zu Anfang durch einen seiner Meinung nach ziemlich trockenen Empfang gekränkt, seither durch häufige Abwesenheit. Außerdem war Archie der einzige, der ihm ständig vor Augen stand, und Archies unmittelbare Untergebene waren gerade diejenigen, denen Frank den Köder seiner Sympathie auswerfen konnte. Jedoch um die beiden Weirs, Vater und Sohn, scharte sich ein ganzer Clan eingefleischter Anhänger. Auf Mylord waren sie alle ungeheuer stolz. Es war eine Auszeichnung, des »Henker-Richters« Vasall zu sein, und seine grobe, furchteinflößende Jovialität war in der unmittelbaren Umgebung seines Hauses durchaus nicht unpopulär. Archie dagegen brachten sie alle bis auf den letzten Mann feinfühlige Liebe und einen Respekt entgegen, die auch vor dem geringsten absprechenden Wort zurückschreckten.
Ebensowenig Erfolg hatte Frank, als er sich weiter hinauswagte. Den Vier Schwarzen Brüdern, zum Beispiel, war er im höchsten Grade antipathisch. Hob fand ihn zu frivol, Gib zu weltlich, Clem, der ihn erst ein, zwei Tage vor seiner Abreise nach Glasgow kennenlernte, wollte wissen, was der Hansnarr eigentlich hier draußen zu tun hätte und ob er die ganze Sessionszeit hier zu verbringen gedächte. »Das ist 'ne Drohne«, erklärte er. Und was gar Dandie betrifft, so wird es genügen, ihreerste Zusammenkunft zu schildern. Frank war gerade beim Fischen, als jene ländliche Berühmtheit zufällig des Weges kam.
»Ich höre, daß Sie ein richtiger Dichter sind«, sagte Frank.
»Und wer hat Ihnen das gesagt, mein Bürschchen?« lautete die nicht sehr entgegenkommende Antwort.
»Ach, alle!« entgegnete Frank.
»Gott, das nenn' ich mir Ruhm!« meinte der sardonische Dichter und ging seiner Wege.
Wenn man es sich recht überlegt, bietet sich hier vielleicht die wahre Erklärung für Franks Mißerfolge. Wäre er dem Herrn Sheriff Scott begegnet, er hätte sicherlich ein geschickteres Kompliment gedrechselt, denn es würde sich ja auch gelohnt haben, mit Mr. Scott Freundschaft zu schließen. Dandie dagegen war ihm keinen Sixpence wert, und er zeigte das, selbst während er ihm zu schmeicheln suchte. Herablassung ist eine vortreffliche Sache; merkwürdig ist nur, welch
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