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Die Herren von Hermiston

Titel: Die Herren von Hermiston Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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hatte das zu bedeuten? Weshalb war sie verstoßen? Hatte sie aufgehört, ihm zu gefallen? Hier stand sie und bot ihre Waren feil, und er wollte sie nicht! Und doch waren sie ganz sein! Sein, sie zu hegen und zu pflegen, nicht sie zurückzuweisen! In ihrer heißblütigen, leidenschaftlichen Natur, die eine Sekunde zuvor noch in Flammen der Erwartung gestanden, rangen durchkreuzte Liebe und verwundete Eitelkeit. Der Schulmeister, der zur Verzweiflung aller Mädchen und der Mehrzahl der Frauen in jedem Manne lebt, beherrschte Archie jetzt vollständig. Er hatte eine Nacht der Predigten, einen Tag der Grübelei durchlebt; er war gekommen, innerlich für die Pflicht gestählt, und sein entschlossener Mund, bei ihm lediglich ein Zeichen der Willensanstrengung, erschien ihr als der Ausdruck eines erkaltenden Herzens. Nicht anders ging es ihr mit seiner gepreßtenStimme, der verlegenen Sprache; und war es wirklich so – war alles vorbei –, der Gedanke schmerzte so, daß er sie jeglicher Fähigkeit zum Denken beraubte.
    Er stand da, in einiger Entfernung. »Kirstie, wir haben es zu arg getrieben. Wir haben einander zu oft gesehen.« Sie blickte hastig auf, und ihre Augen verengten sich. »Es kann nichts Gutes aus diesen geheimen Zusammenkünften kommen. Sie sind nicht offen, nicht wahrhaft ehrlich, und ich hätte es einsehen sollen. Die Leute haben angefangen zu reden; es ist nicht recht von mir. Verstehst du mich?«
    »Ich verstehe, daß jemand mit dir gesprochen hat«, antwortete sie dumpf trotzig.
    »Das hat man auch – mehr als einer.«
    »Wer war es denn?« rief sie. »Und was ist das für eine Art Liebe, die wie ein Hampelmann hin und her zappelt, je nachdem wie die Leute reden? Meinst du etwa, sie haben nicht auch mit mir geredet?«
    »Haben sie das wirklich?« fragte Archie und sog hastig den Atem ein. »Das eben hatte ich ja gefürchtet. Wer tat es? Wer hat gewagt –?«
    Er war nahe daran, sehr zornig zu werden.
    In Wahrheit hatte niemand in dieser Angelegenheit mit Christina geredet, aber in der Panik ihrer Selbstverteidigung hielt sie krampfhaft an ihrer ersten Frage fest.
    »Gut, gut! Das ist ja auch ganz gleich!« sagte er. »Es waren brave Leute, die es gut mit uns meinten; das schlimme ist, daß die Leute überhaupt reden. Mein liebes Mädchen, wir müssen vorsichtig sein. Wir dürfen nicht gleich zu Anfang unser Leben ruinieren. Es wird vielleichtnoch ein langes und schönes Leben werden, und wir müssen darauf achten, daß wir uns wie vernünftige Geschöpfe Gottes und nicht wie törichte Kinder benehmen. Auf das eine müssen wir vor allem achten. Du bist wert, daß man auf dich wartet, Kirstie! Wert, daß man eine Generation wartet; das wäre an sich Lohn genug.« – Hier erinnerte er sich wieder des Schulmeisters und schlug, äußerst unklug, die Bahn der Klugheit ein. »Vor allem müssen wir darauf achten, daß es keinen Skandal gibt – um meines Vaters willen. Das würde alles ruinieren; siehst du das nicht ein?«
    Ein wenig war Kirstie besänftigt, denn in Archies letzten Worten hatte ein Anflug von Wärme gelegen. Aber dumpfer Zorn hielt sie immer noch gefangen, und dem alten Urinstinkt folgend, wünschte sie, da sie selbst gelitten hatte, daß auch Archie leide.
    Außerdem war das Wort gefallen, das sie sich von Anfang an gefürchtet hatte von seinen Lippen zu vernehmen: der Name seines Vaters. Es wäre falsch, anzunehmen, daß in all den Tagen, seitdem sie sich ihre Liebe gestanden, nicht auch ihrer beider Zukunft erwähnt worden wäre. Sie hatten im Gegenteil das Thema häufig berührt, und es war vom ersten Tage an der wunde Punkt gewesen. Kirstie schloß mit Gewalt ihre Augen davor; sie wollte nicht einmal zu sich selbst darüber sprechen. Tapferes, verzweifeltes kleines Herz, das sie war, hatte sie dem gebieterischen Ruf des höchsten Entzückens gehorcht wie dem Rufe des Schicksals selbst und war blind in ihr Verhängnis geschritten. Allein Archie, mit dem Verantwortungsgefühl des Mannes, mußte logisch denken und folgern; er verweiltebei ihrem künftigen Glück, während für Kirstie die Gegenwart die ganze Welt bedeutete; er hatte reden müssen und – da die Notwendigkeit ihn trieb – recht lahm geredet von dem, was werden sollte. Wieder und wieder hatte er das Wort Ehe gestreift; und wieder und wieder hatte der Gedanke an Lord Hermiston ihn veranlaßt, sich unklar und unbestimmt auszudrücken. Und Kirstie hatte sofort verstanden und eiligst dieses Verstehen heruntergewürgt und

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