Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
Kapitel 1
Magregor, falls du glaubst, du könntest deine letzten Drinks auf meine saubere Theke kotzen, hast du dich geirrt. Geh sofort aufs Klo, sonst versetze ich dir einen Tritt, dass du mitten auf der Straße landest. Dann erfährst du am eigenen Leib, wie man sich als plattgefahrener Igel fühlt.«
Ich wischte mir die Hände an einem der frischen weißen Tücher ab, mit denen wir die Bar des Wayfarer sauber hielten, und hängte es sorgfältig über die Stange hinter dem Tresen, während ich den Goblin im Auge behielt. Ich mochte Goblins nicht.
Sie waren nicht nur hinterlistige kleine Kriecher, sie stellten auch eine potenzielle Bedrohung für meine Schwestern und mich dar. Die Goblinhorden waren Verbündete unseres Miststücks von einer Königin zu Hause in der Anderwelt, die eine Todesdrohung über uns verhängt und uns damit praktisch ins Exil verbannt hatte. Bis der Bürgerkrieg vorüber und die Königin besiegt war, mussten wir entweder Erdseits bleiben oder andere Städte aufsuchen, falls wir heim in die Anderwelt wollten; nach Y’Elestrial konnten wir jedenfalls nicht. Ein falsches Wort – und Goblins waren notorische Petzer – könnte Königin Lethesanar genügen, um herauszufinden, wo wir waren.
Die Elfen hatten uns geholfen, das Portal im Keller des Wayfarer in die dunklen Wälder von Finstrinwyrd umzulenken. Das schützte uns zwar vor der unmittelbaren Gefahr, dass die Wachen der Königin durchkommen könnten, dafür mussten wir uns jetzt damit herumschlagen, dass alle möglichen anderen Geschöpfe durch das Portal herüberschlichen. Aber wir wagten es nicht, das Portal dauerhaft zu schließen. Wir brauchten einen schnellen Zugang zur Anderwelt.
Es hätte mir ja nichts ausgemacht, wenn nur hin und wieder irgendein Schläger zur Tür hereingeschneit wäre, aber die Elfen, die die andere Seite des Portals bewachten, waren faul. Allein in dieser Woche hatte ich mir vier Prügeleien mit Feen geliefert, die hier Unheil stiften wollten, drei Kobolde ausgeschaltet, einem grapschenden Gnomen die Tour vermasselt und mit Müh und Not einen potthässlichen Baby-Troll wieder eingefangen, der sich irgendwie durchgeschmuggelt hatte.
»Versuch doch mal, mich rauszuschmeißen, Püppchen... Dann zeig ich dir, wozu Frauen gut sind.« Der Goblin reckte mir mit einem dreckigen Grinsen das Becken entgegen und fasste sich in den Schritt. Er war wirklich sturzbetrunken. Wenn er nicht so voll gewesen wäre, hätte er sich schleunigst verpisst und noch draußen vor Angst geschlottert. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, blieben mir noch etwa fünf Minuten, ehe sein Abendessen wieder an der Luft erschien.
»Nein, lass mich dir zeigen, wozu Frauen gut sind«, sagte ich leise und setzte mit einem Sprung über die Bar. Seine Augen weiteten sich, als ich lautlos neben ihm landete. Ich konnte seinen Puls riechen, und sein Herzschlag hallte in meinem Hinterkopf wider. Obwohl ich nicht mal für viel Geld Goblinblut angerührt hätte, außer ich wäre am Verhungern, fuhr ich die Reißzähne aus und lächelte ihn an.
»Heilige Scheiße.« Er versuchte zurückzuweichen, schaffte es aber nur, sich zwischen seinem und dem nächsten Barhocker einzuklemmen. Ich riss ihn am Kragen heraus und ging hinüber zur Kellertreppe, wobei ich ihn hinter mir herschleifte. Er wehrte sich, aber aus meinem Griff würde er sich nicht herauswinden.
»Chrysandra, pass mal kurz auf die Bar auf.«
»Klar, Boss.« Chrysandra war meine beste Kellnerin. Sie hatte eine Weile als Türsteherin drüben im Jonny Dingo’s gearbeitet, es aber irgendwann sattgehabt, sich für einen Hungerlohn von schmierigen Typen anmachen zu lassen. Ich bezahlte ihr mehr, und meine Gäste wussten, dass es besser für sie war, die Angestellten in Ruhe zu lassen. Zumindest die meisten, dachte ich mit einem Blick auf den Goblin und warf ihn mir über eine Schulter, um ihn die Treppe hinunterzutragen. Der Goblin quiekte und trampelte mir gegen den Bauch.
»Lass das, du Sack. Du kannst deine Kinderschühchen noch ein Jahrhundert lang in meinen Bauch rammen, ohne dass ich eine Delle kriege«, sagte ich, dann fauchte ich ihn an.
Er erbleichte. »O Scheiße.«
»Ja, das trifft’s ganz gut«, sagte ich. Ein Vampir zu sein, hatte auch seine Vorteile.
Als ich den Keller betrat, blickte Tavah von ihrem Posten in der Nähe des Portals auf, das wie ein Nebelfleck zwischen zwei großen Menhiren hing. Sie sah den Goblin an, dann mich. »Dachte ich es mir doch, dass der
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