Die Herrin der Flammen
nur einen kurzen Umweg, um den Pfeil auf den kleinen Steinaltar am Ufer des Schimmelfohlenflusses zu legen.
Früher hatte er hier Blutopfer dargebracht – an etwas. Was dieses Etwas war, wußte er nicht so recht. Aber es hatte seine Opfer gemocht. Er dachte, wenn es ihn vielleicht genug mochte, weil er die Geschenke brachte, daß es dann möglicherweise zornig auf denjenigen war, der den Pfeil abgeschossen hatte.
Denn ohne die Hilfe eines Gottes hatte ein Stück Gossendreck wie Zip keine Chance, auch nur eine weitere Freistätter Nacht unversehrt zu überleben.
Tempus hatte recht: Freistatt war für Liebende, nicht mehr für Kämpfer.
Originaltitel: Sanctuary is for Lovers
Copyright: 1986 by Janet und Chris Morris
Chenaya
Liebe und Verrat
Robin Wayne Bailey
Chenaya räkelte sich im Bett, kaum daß die Sonnenstrahlen durch das Ostfenster ihres Schlafgemachs fielen. Ein verschmitztes Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie wieder an ihre Begegnung mit Tempus Thaies dachte. Er war nicht so einfallsreich wie Hanse Nachtschatten, nicht halb so bezaubernd wie Enas Yorl, und der arme Irre war enttäuschend schnell gewesen. Wenn schon nichts anderes, so hatte sie eine weitere namhafte Freistätter Persönlichkeit auf ihre private Liste fügen können. Sie war froh, daß sie ihn gleich bemerkt hatte, als er im Garten herumschlich; froh, daß sie beschlossen hatte, ihm unauffällig über den Weg zu laufen.
Es war ja auch eine langweilige Party gewesen vor seinem Auftauchen.
Natürlich bildete er sich ein, er hätte sie vergewaltigt, und das erhöhte ihre Belustigung noch. Ihr spitzbübisches Lächeln wurde zu einem wahrlich boshaften Grinsen. Der arme Narr hatte keine Ahnung, was er für sein flüchtiges Vergnügen würde bezahlen müssen.
Sie setzte sich lässig auf, warf die dünne Decke zurück, erhob sich und schlüpfte in einen ärmellosen Morgenrock aus blaßblauer Seide. Auf einem kunstvoll geschnitzten Tischchen neben ihrem Bett lag ein Bronzekamm. Sie griff danach und fuhr damit durch die dichte blonde Lockenpracht, während sie ihr Gemach durchquerte und sich aufs Fensterbrett setzte. Die Sonne fühlte sich wunderbar warm an auf ihrer Haut. Es würde ein sehr heißer Tag werden.
Sie schloß die Augen und lehnte sich zurück. Ihre Gedanken wanderten zu dem seltsamen Treffen in der Rattenfalle. Es war das erste Mal, daß sie Zip, dem Führer der sogenannten Volksfront für die Befreiung Freistatts, begegnet war oder ihn überhaupt gesehen hatte. Zip war zur Zeit bei niemandem sonderlich beliebt, und wenn Freistatt von irgend etwas befreit sein wollte, dann von den blutigen, terroristischen Taktiken seiner Faktion.
Irgendwie hatte sie Zip in ihrer Vorstellung und nach den Geschichten, die sie gehört hatte, für gleichaltrig gehalten. Wahrscheinlich, weil ihn jeder immer Junge nannte. Es hatte sie überrascht, daß er um mehrere Jahre älter war als sie. Sie rief sich sein Aussehen ins Gedächtnis: dunkelhaarig, recht gutaussehend, ein hübsches Stirnband. Er hatte jedoch nicht viel von ihr gehalten, das hatten seine Augen nur zu deutlich verraten.
Tempus hatte im Garten nicht nur den einen amüsanten Antrag gemacht. Sowohl seine Stiefsöhne wie das 3. Kommando zogen von Freistatt ab, hatte er ihr erzählt. Dadurch würde die Stadt so gut wie schutzlos zurückbleiben, außer, jemand übernahm die Kontrolle über die VFBF, um mit ihr alle anderen Faktionen der Stadt zu vereinen.
»Benutz deine Gabe«, hatte er ihr ins Ohr gebrummt, während er an ihren Röcken herumfingerte. »Du bist unschlagbar. Übernimm die Kontrolle!«
Kontrolle, wahrhaftig. Sie war es gewesen, die die Dinge unter Kontrolle gehabt hatte, sogar, als er sie auf den Boden schob. Sie lächelte darüber. Es war offenbar ein Morgen des Lächelns für sie.
Tempus hatte sogar versucht, sie zu erpressen, damit sie seinen Vorschlag annahm. Offenbar war ihm klar geworden, daß sie und ihre Gladiatoren es gewesen waren, die Therons Barke angegriffen hatten, als der verdammte Usurpator unerwartet nach Freistatt gekommen war. Leider hatte der verschlagene alte Thronräuber so etwas vorhergesehen und einen bedauernswerten Pechvogel in seine Gewänder gesteckt, während er sich anderswo aufhielt. Ihr Angriff war erfolgreich gewesen, sie hatten nur den Falschen erwischt.
Trotzdem war des Geheimnisvollen Plan gar nicht so dumm, und ihr war des Nachts eine Idee gekommen wie ein Traum, wie die Stimme Savankalas persönlich, um sie zu leiten. Sie
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