Die Herrin der Flammen
aufreizend langsam und warf hochmütig das lange schwarze Haar zurück. »Wie die Herrin befiehlt«, erwiderte sie mit gespielter Untertänigkeit und ging zur Tür. Als sie hindurchtrat, sagte sie laut genug, daß Chenaya es hören konnte, »Miststück!«
Das entlockte Chenaya ein weiteres Lächeln. Sie bildete ja schließlich keine Roboter aus, sondern Gladiatoren. Und Kämpfer ohne Temperament würden nicht viel taugen. Sie hatte Daphne beobachtet, für eine Prinzessin machte sie gute Fortschritte.
Auch Chenaya wollte zum Übungsplatz, doch ehe sie auf dem Korridor weiter als zur nächsten Tür kam, prallte sie in ihrer Gedankenversunkenheit gegen ihren Vater. »Oh, Entschuldigung«, murmelte sie und stützte die Hand an die Tür, die er soeben hinter sich geschlossen hatte. »Ist das nicht Tante Rosandas Gemach?« Sie zwinkerte betont arglos, weil sie wußte, daß sie ihn damit ärgern würde.
Doch diesmal zwinkerte Lowan Vigeles zurück. »Wußte ich doch, daß deine teuren Hauslehrer sich bezahlt machen würden.« Er tippte ihr mit der Fingerspitze auf die Stirn. »Ich habe deiner Tante das Tablett mit dem Frühstück gebracht.«
Sie grinste ihn ironisch an.
Lowan holte geduldig tief Atem und schob die Tür auf. Lady Rosanda blickte verlegen in ihrem Bett auf, als ein Stück kalter Braten von ihren Lippen auf das Tablett auf ihrem Schoß fiel. Hastig kaute sie den Bissen im Mund hinter vorgehaltener Hand.
Lowan schloß die Tür von außen und bedachte seine Tochter mit dem Blick des zu Unrecht Verdächtigten.
Chenaya strich das Haar zurück und weigerte sich, zerknirscht dreinzuschauen. »Wie kann man nur so selbstsüchtig sein!« tadelte sie ihn. »Zu tugendhaft, um das anzubieten, was du hast? Hab doch Mitleid! Der einzige Mann, den sie viele Jahre lang gesehen hat, ist Onkel Molin.« Sie täuschte ein Schaudern vor.
Lowan Vigeles nahm sie am Arm und führte sie von Rosandas Tür eine breite Treppe zum Erdgeschoß hinab. »Ich habe Dayrne eine Vollmacht mitgegeben, das müßte die Dinge beschleunigen. Heute nachmittag werde ich mich nach Handwerkern umsehen, damit wir mit dem Bau der Kaserne und der Nebengebäude anfangen können; und Dismas und Gestus werde ich mit der Herstellung der Übungsmaschinen beauftragen.«
»Nicht diese beiden«, wehrte sie ab. »Ich brauche sie heute selbst. Du kannst Ouoijen dafür nehmen und Leyn, wenn er Zeit hat. Aber es eilt nicht. Es wird Wochen dauern, bevor irgend jemand kommt – falls sie dem Aufruf überhaupt folgen.«
Lowan schüttelte den Kopf, als sie das Haus zum hinteren Garten verließen, wo sich die Volieren für fast zwanzig Falken befanden. »Sie werden ihm folgen, Tochter. Meine Schule in Ranke hat so gut wie alle der besten Auctorati hervorgebracht, die je in den Spielen kämpften. Sie werden kommen, wenn ich rufe. Und Dayrne hat genug Geld dabei, jeden anderen Kämpfer einzukaufen, den er für geeignet erachtet.«
Sie nickte. Ihr würde Dayrne an der Seite fehlen, aber es gab keinen besseren Fachmann, wenn es darum ging, Kampfschüler und Gladiatoren auszusuchen. Und außer ihr selbst und Lowan könnte sie keinem anderen eine solche Mission anvertrauen.
»Ich muß zum Übungsplatz, Vater«, sagte sie plötzlich. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm voll Zuneigung einen Kuß auf die Wange. »Danach werde ich den ganzen Tag fort sein. Mach dir keine unnötigen Gedanken, falls ich heute nacht nicht zurückkomme.«
Lowan bedachte sie mit einem Zwinkern.
Sie stieß ihm kameradschaftlich in die Rippen. »Es ist geschäftlich.« Dann blickte sie kurz nachdenklich drein und bemerkte: »Nun, einiges davon ist geschäftlich. Anderes dürfte ein reines Vergnügen werden.«
Lowan Vigeles beäugte Chenaya argwöhnisch. »Möchtest du nicht über deinen Freund der kommenden Nacht sprechen?« Er seufzte.
Sie sagte nichts weiter zu ihrem Vater. Nach ein paar Tagen würde er ihr vergeben, wenn er herausfand, was sie getan hatte. Tempus andererseits… Aber was scherte sie sich um ihn? Sie grinste und genoß die blendende Stimmung, die sie heute erfüllte. Hatte sie reines Vergnügen gesagt? Sie kicherte.
Lowan blickte sie erstaunt an. Sie tätschelte seine Hand, zwinkerte ihm zu und ging zum Übungsplatz, wo Daphne und elf der besten Gladiatoren arbeiteten.
Die Sonne näherte sich dem Mittag, als Chenaya gestattete, für heute mit den Übungskämpfen Schluß zu machen. Sie schickte Daphne, Leyn und die anderen ins Haus zurück, während sie
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