Die Herrin der Kathedrale
Becher genügt bereits.«
»Ich danke Euch vielmals, Schwester Margit. Kann ich nun auch etwas für Euch und Eure Schwestern tun?«
»Da gäbe es tatsächlich etwas.« Margits Gesicht entspannte sich. »Wir sind gerade dabei, die Krankenkammer zu erweitern. Wir könnten dafür mehrere Krankenlager, Decken und Kräuterschränke gebrauchen.«
In Gedanken ging Uta die Aufstellung mit den Ein- und Auszahlungen auf der Wachstafel durch und kam schnell zu dem Ergebnis, dass sich genug Geld in der gräflichen Kasse befand. »Ich werde mit dem Zimmermann sprechen und Euch die Sachen alsbald zukommen lassen.«
Margit deutete eine Verbeugung an. »Vielen Dank Gräfin, ich lasse Euch später noch einen frischen Krug Wein hinüberbringen. Gott segne Euch!«
»Vielen Dank Euch und Euren Mitschwestern für die Mühen mit der Krankenpflege. Ihr seid unersetzlich für die Burg und die Menschen, die hier leben.«
Uta und Katrina traten in den Kreuzgang. Jetzt wird die nächtliche Anwesenheit des Gatten erträglicher werden, dachte Uta zuversichtlich und freute sich auf die nach ihrer Rückkehr vom Kloster anstehenden alltäglichen Aufgaben, die sie inzwischen in einen geregelten Tagesablauf überführt hatte: Den Morgen begann sie nach dem Frühgebet mit einem Ausritt in Begleitung des Stallmeisters und zweier Reitknechte. Danach nahm sie das Frühmahl in ihrer Kemenate ein und ging anschließend ihren Pflichten als Hausherrin nach. Sie unternahm Gänge durch die Burg, besprach mit dem Küchenmeister die Versorgungsplanung, schaute bei den Waschfrauen nach dem Rechten, ließ sich in der Brauerei das Brauverfahren erklären und schrieb gegebenenfalls getätigte Ausgaben nieder. Über den Frühling hinweg hatte es sich eingependelt, dass sie alle sieben Tage gemeinsam mit dem Vogt das Vorratslager überprüfte und aufnahm, welche Nahrungsmittel knapp wurden, um den wöchentlichen Speisenplan entsprechend anzupassen. Und an manchem Nachmittag legte sie ihre Näh- und Stickarbeiten zur Seite und eilte in den Burgsaal, weil Reisende, Lehnsmänner oder Gefährten der beiden Burgherren um Einlass und Verpflegung baten und Uta deren Begrüßung oblag.
»Komm Katrina, wir statten Erna noch einen Besuch ab, bevor ich mich an die Bestelllisten für die Rüben setze«, sagte Uta und nickte den zwei Bewaffneten zu, die an der Klosterpforte auf sie gewartet hatten.
Als sie die Vorburg betraten, fiel Uta ein, dass sie den Gatten nach seiner Rückkehr bitten wollte, eine Bibliothek einrichten zu dürfen. Wenn er ihrem Wunsch entsprach, würde sie im nördlich der Burg gelegenen Georgskloster gleich mehrere Abschriften bestellen. Uta beschleunigte ihren Gang und hielt zielstrebig auf Ernas Haus zu. »Katrina, vielleicht haben wir bald eine Bibliothek hier auf der Burg«, sagte sie. Jetzt, wo mit der Ehe die Muntgewalt vom Vater auf Ekkehard übergegangen war, musste sie die Chance nutzen, weitere Pergamente einzusehen. Bücher waren ihre einzige Möglichkeit herauszufinden, wie Gerichte in ähnlichen Fällen wie dem ihren verfahren waren und welche Beweise andere Ankläger hatten aufbringen müssen, um einen Menschen des Mordes zu überführen.
Vor drei Tagen war Uta von einem Boten der Kaiserin eine Abschrift der Dionysiana überbracht worden, für die sie sich überschwenglich bedankt hatte. Obwohl sie gewöhnlich das Abendmahl mit einigen Burgbewohnern gemeinsam einnahm und sich an den Inhalt des Buches wortgetreu erinnerte, hatte sie sich in Gedanken an die Romreise und die Kaiserin seit der Ankunft der Dionysiana das Essen in die Kemenate bringen lassen. Erst als sie an diesem Morgen im ersten Licht des Tages die letzte Seite umschlug, fiel ihr der gestrige Besuch im Kloster wieder ein.
»Der Honigwein«, murmelte sie und erhob sich. Davon würde sie bis zum Sommer mindestens fünf Fässer benötigen, denn der Gatte hatte sich für sein Fest reichlich davon gewünscht – und es durfte nur der des Moritzklosters sein. »Ich werde den Vogt fragen«, nahm Uta sich vor. »Er weiß sicherlich, ob die Benediktinerinnen das Getränk in solchen Mengen überhaupt vorrätig haben.« Bei dieser Gelegenheit konnte sie mit ihm auch die Nahrungsvorräte für das anstehende Osterfest durchgehen, das sie vor der Rückkehr des Gatten mit den Bewohnern der Burg begehen würde.
Ohne das Frühmahl einzunehmen, betrat Uta den Haupthof der Burg – Katrina und die beiden bewaffneten Begleiter hatte sie zu dieser ungewöhnlich frühen Stunde nicht wecken
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