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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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und Wipos Abschrift wieder sorgfältig unter dem Bett. Bevor sie den Schleier im Haar befestigte, hielt sie noch einmal inne und schloss die Augen. Sie sah den Vater in der neuen Kathedrale vor dem Kaiser knien. Und obwohl das Bild noch verschwommen war, vernahm sie deutlich die Worte Konrads II ., mit denen er schon den Gerichtstag in Paderborn eröffnet hatte. »Schwerste Verbrechen durch Beschädigung des Lebens von Delinquenten zu sühnen ist königlich-kaiserliches Vorrecht.«
    Mit weit offenen Augen betrachtete Katrina ihre vor sich hin murmelnde Herrin.
    »Ohne Beweise keine Gerechtigkeit! Und ohne Gerechtigkeit keine friedliche Seele«, bestärkte Uta sich und öffnete die Augen. Dann streckte sie Katrina mit einem zuversichtlichen Lächeln die Hand entgegen und trat gemeinsam mit ihr auf den Gang des Wohngebäudes.
    Hermann, Tassilo, Bischof Hildeward, der Vogt und ein Dutzend Ritter standen im Burgsaal um einen Knappen herum, der so schwer atmete, dass er immer nur einzelne Worte hervorbrachte. »Der Kaiser …«, keuchte er, »und die Heerführer schicken mich.« Er war zu aufgeregt, um zu merken, dass er diesen Satz bereits mehrmals gesagt hatte.
    »Beruhigt Euch erst einmal«, meinte Hermann und ließ für den Knappen einen Krug mit verdünntem Bier bringen.
    »Er ist wieder da …«, stammelte der Knappe weiter.
    Keiner in der Runde sagte ein Wort. Alle schienen abzuwarten, was der Junge denn nun wirklich vorzutragen hatte. Als Hermann Uta durch die Tür des Burgsaals kommen sah, bedeutete er ihr, zu ihnen zu treten, und wandte sich wieder dem Knappen zu.
    »Wir danken Euch für Euren schnellen Ritt«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Aber nun sagt uns doch, wer wieder da ist.« Doch der Jung trank erst einmal gierig aus dem ihm gereichten Krug, so dass ihm das Gerstengebräu links und rechts aus dem Mund und auf sein ledernes Hemd tropfte.
    Bischof Hildeward warf Hermann einen ungeduldigen Blick zu. »Nun sprich doch endlich, Junge!«, meinte er erbost darüber, dass man ihn wegen dieses Boten aus seinem stummen Zwiegespräch mit dem Schleier der Plantilla gerissen hatte.
    »Tragt Ihr ein Schreiben bei Euch?«, sprach Hermann den Jungen erneut an. »Vielleicht von der kaiserlichen Kanzlei?« Der Knappe schüttelte den Kopf und presste seine Hände fest um den Krug »Nichts ist mehr da! Neuntausend sind weg«, brachte er schließlich hervor.
    Er ist wieder da, und nichts ist mehr da? Uta blickte kurz zu Hermann, der ihr auffordernd zunickte. Die Gespräche im Burgsaal verstummten, als sie darauf vor den Knappen trat und ihn von den Rittern weg zu einem Tisch am Ende des Burgsaales führte. Als zwei der Ritter Anstalten machten, Uta zu folgen, bedeutete Hermann ihnen abzuwarten.
    Die Aufmerksamkeit aller war nun auf Uta gerichtet, die in ihrem blauen Kleid wie ein Licht im dunklen Saal leuchtete und sich im nächsten Moment mit dem Knappen auf den Hockern vor dem Tisch niederließ. Unter den missbilligenden Blicken des Bischofs legte sie ihm, wie sie es bei den Schwestern des Moritzklosters im Umgang mit Kranken und Trostlosen gesehen hatte, die Hand fürsorglich auf den Rücken.
    Nachdem sie eine Weile so gesessen hatten, verlangsamte sich der heftige Atem des Jungen. Einen Augenblick später öffnete er die Lippen. Uta wagte keine Regung, um jedes seiner leisen Worte verstehen zu können.
    »Mieszko«, begann der Knappe.
    Uta lächelte ihn aufmunternd an. »Ihr wollt uns mitteilen, dass der König nicht mehr da ist? Ist er verstorben?«, fragte sie in ruhigem Tonfall nach.
    Der Knappe schüttelte vehement den Kopf. »Nein, er ist wieder da!«, stieß er so heftig hervor, dass auch die Runde um Hermann und den Bischof seine Worte verstand. Dennoch schwiegen die Männer weiterhin und konzentrierten sich auf die Burgherrin und den Knappen, um nun Informationen darüber zu erhalten, was der Kaiser dagegen zu tun gedachte.
    »Polnische Reiter sind rechts der Elbe unbemerkt bis an die Saale vorgedrungen. Hunderte Siedlungen und Gotteshäuser sind zerstört, einfach nicht mehr bewohnbar, auf viele Jahre hin. Die Gegner können sich unsichtbar machen!«
    Im Hintergrund vernahm Uta mehrere schwere Seufzer. »Und was lässt uns der Kaiser sonst noch ausrichten?«, fragte sie weiter und strich dem Knappen beruhigend über den Rücken.
    Der schien sich nun langsam warmzureden. »Alle Überlebenden wurden zusammengetrieben und verschleppt. Es sollen an die neuntausend Menschen sein. Selbst Bischöfe sind unter den

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