Die Herrin der Kathedrale
getötet und ihren Leichnam geschändet zu haben!«
Der Kaiser bedeutete ihr aufzustehen. »Ihr ruft die kaiserliche Rechtsprechung an, Gräfin?«
»Das tue ich, Kaiserliche Hoheit. Aus vollstem Herzen und mit aller Überzeugung, die sich die vergangenen zwanzig Jahre angesammelt hat.«
Daraufhin winkte der Kaiser Wipo zu sich und befahl ihm, zu protokollieren. »Schwerste Verbrechen durch Beschädigungen des Lebens eines Delinquenten zu sühnen ist königlich-kaiserliches Vorrecht«, begann er.
»Niemand hat die Mutter ermordet!«, rief Esiko und trat nun mit einem verächtlichen Blick auf die Schwester seinerseits vor den Kaiser. »Sie ist am Fleckfieber gestorben, und der Schuldige, der es auf die Burg eingeschleppt hat, wurde bereits vor Jahren dafür hingerichtet!«
»Kaiserliche Hoheit, ich habe einen Beweis«, entgegnete Uta mit fester Stimme und zog ein Schreiben aus ihrem Umhang. Sie faltete es auseinander und begann laut zu lesen. »Ich, Hazecha von Ballenstedt, Leiterin der Krankenkammer des Stifts zum heiligen Cyriakus in Gernrode, begebe mich morgen nach Naumburg.«
»Was soll das schon zu sagen haben!«, unterbrach Esiko schroff.
Daraufhin reichte Uta dem Kaiser ihr Pergament. »Wollen Kaiserliche Hoheit selber lesen?«
Der Kaiser ergriff das Schreiben und begann: »Ich möchte meine Schwester Uta vor unserem Bruder Esiko von Ballenstedt warnen. Esiko hat vor wenigen Tagen wütend das Stift verlassen. Er ist heute noch genauso grausam wie vor vierzehn Jahren. Damals scheute er nicht zurück, unserer Mutter das Leben zu nehmen, und ich spüre, dass er auch uns etwas antun wird.« Kaiser Konrad hielt inne und betrachtete zuerst Uta, dann Esiko, der sich sofort zu sprechen aufgerufen fühlte. »Hazecha ist von den ganzen Kräutern um sie herum verrückt geworden!«
»Graf, reißt Euch zusammen!«, mahnte Gisela. »Ihr steht vor dem kaiserlichen Richter! Wir lesen weiter.«
»In der Gewandtruhe in der Kammer der Mutter versteckt habe ich beobachtet, wie Esiko der Mutter ein Kissen auf das Gesicht drückte, bis sie leblos auf der Bettstatt lag«, fuhr Konrad fort. »Der Weg nach Naumburg ist ein beschwerlicher für mich, eine Frau allein auf Reisen.«
»Ihr wollt den Behauptungen einer verirrten Nonne, die noch dazu ihrer Gemeinschaft den Rücken kehrte, Glauben schenken, Euer Kaiserliche Hoheit?«
Konrad gebot Esiko zu schweigen. »Sollte ich die Stadt nicht erreichen, lieber Wigbert, lass unserer Uta diese Zeilen zukommen. Sie sollen Beweis sein, ihr Ansinnen vor einem Richter vorzutragen. Gegeben einem Boten zum Kloster Fulda. Hazecha von Ballenstedt.«
Uta wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Kleine Lilie«, flüsterte sie, so dass niemand sie verstehen konnte, »hab vielen Dank für deine Umsichtigkeit.«
»Hazecha von Ballenstedt ist schon lange tot!«, verteidigte sich Esiko. »Den Brief hat Uta selbst verfasst!«
Utas Gesicht verfinsterte sich. »Wie kannst du es wagen, das Erbe deiner Schwester so zu beschmutzen!«, entfuhr es ihr ungehalten.
»Ich bin bereit, einen Eid für die Aufrichtigkeit Utas von Ballenstedt zu leisten«, ging Gisela ungewohnt aufgebracht dazwischen.
Mit einem dankbaren Blick in Richtung der Kaiserin fuhr Uta, mit fester Stimme an Esiko gewandt, fort: »Wie kannst du deine Unschuld beweisen, Bruder?«
»Durch mein Wort, das Wort Eures obersten Heerführers, Kaiserliche Hoheit!«, antwortete Esiko keinen Atemzug später und schaute erwartungsvoll zum Thron. »Das Wort desjenigen, der Euch zweimal treu über die Alpen folgte, das Königreich Burgund für Euch sicherte und schließlich«, Esiko drehte sich mit ausgebreiteten Armen zu den Kämpfern im Langhaus, »für Frieden an der Ostgrenze sorgte.«
Der Kaiser nickte bestätigend. »Es steht Wort gegen Wort.
Und damit gibt es nur einen, der diese Sache gerecht zu entscheiden vermag – der Allmächtige«, entschied der Kaiser in dieser schwierigen Situation. Ein zweiter Reinigungseid?
Nervös blickte Uta vom Kaiser zur Kaiserin.
»Graf Esiko, ich ordne an, dass Gott in einem Zweikampf den Lügner aufdecken soll. Der Allmächtige möge den Unschuldigen mit dem Leben belohnen.«
»Es ist mir eine Ehre, Kaiserliche Hoheit«, entgegnete Esiko und zog sein Schwert, das er als Heerführer auch während der Messe bei sich tragen durfte.
»Aber eine Frau ist zum Kampfe nicht berechtigt!«, wandte Ekkehard ein.
»Die Gräfin wird natürlich nicht selber kämpfen«, erklärte der Kaiser daraufhin. »In
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