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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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doch die Gesichter der Gäste im Querhaus verschwammen ihr vor den Augen.
    »Sprecht den Reinigungseid, Gräfin«, schloss sich der Kaiser Esikos Forderung an. Als gerechter Herrscher vertraute Konrad auf das Urteil Gottes.
    »A… a… aber ich habe nicht gesündigt«, verteidigte Uta sich.
    »Ob du eine Sünde begangen hast, entscheidest nicht du, Schwesterlein!«, sagte Esiko gehässig.
    »Bitte sprecht den Eid«, forderte der Kaiser erneut und nickte Uta auffordernd zu. Kaiserin Gisela war empört ob dieses Vorgehens, ließ sich dies aber nicht anmerken, weil sie die Anweisung ihres Gatten nicht vor den Augen aller anzweifeln konnte.
    Mit dem folgenden Herzschlag sah Uta wieder den Ballenstedter Buchenforst, das Kästchen mit der Schneerose und Volkard vor sich. Als Nächstes hörte sie die Stimme des Vaters: Sprich den Eid! Dann sah sie sich blutend auf dem Boden im Burgsaal liegen. Uta schaute auf. Wie hatte der Eid nur gelautet? Nur ein einziges falsches Wort, ein Räuspern oder Zögern würde sie verurteilen. Hilfesuchend blickte sie sich im Ostchor um. Viele nickten ihr auffordernd zu: die Kaiserlichen, einige Geistliche in den Chorgestühlen und schließlich auch Ekkehard.
    »Tretet in die Vierung, Gräfin, und wendet Euch den Versammelten zu«, forderte der Kaiser die Zögernde auf, während in der Kathedrale atemlose Stille herrschte. Er wies in Richtung des Langhauses.
    Mit weichen Knien, die ihr jeden Moment einzuknicken drohten, stieg Uta die Stufen in die Vierung hinab und sah dabei ein Meer von Augenpaaren auf sich gerichtet. Ihr Blick streifte die ergraute Äbtissin Adelheid im südlichen Querhausflügel, die mit dem Lilienszepter in der Hand eher zufrieden als nervös zu ihr hinaufschaute. Anders die Kämpfer und Gewerkmeister. Die blickten sie unsicher, aber auch hoffungsvoll an.
    Erna ergriff ängstlich Arnolds Hand, während sie den Herrn um seinen Schutz für die Freundin bat, Luise und Selmina schmiegten sich erschrocken an Katrina.
    Lautlos begann Uta, die Silben vor sich hin zu sprechen.
    »Uta, wir verstehen dich nicht«, hallte Esikos Stimme durch die Kathedrale. »Du musst lauter sprechen!«
    Doch anstatt sich dem älteren Bruder zuzuwenden, suchte Utas Blick den des jüngeren. Wigbert lächelte und zeigte auf den kleinen braunen Fleck unter seinem linken Auge. Daraufhin holte Uta tief Luft und schloss die Augen. Sie sah die Mutter auf sich zutreten und ihr mit der Hand über die Wange streichen. »Ich, Uta von Ballenstedt«, begann sie zaghaft, »schwöre vor Gott und allen Heiligen, dass ich frei von Schuld bin.«
    Unvermittelt erhob sich Wipo im Chorgestühl und schaute angespannt auf Utas blasses Gesicht, das mit jedem Wort mehr Farbe zu bekommen schien.
    »Ich habe weder gegen die Gebote Gottes noch gegen die Gebote meines diesseitigen Herrn, seines irdischen Vertreters, gehandelt«, fuhr Uta mit geschlossenen Augen fort. Sie sprach nun so klar und deutlich, dass ihre Worte bis in den entfernten Westchor drangen. »Der Allmächtige möge die Unschuld seines Erdlings in mir offenbaren.«
    Die Stille hielt an.
    Langsam öffnete Uta die Augen. Sie blickte in die Gesichter der Kämpfer, die sie nun heiter anstrahlten. Dann schaute sie zu Erna, die Arnold vor Freude umarmte und ihm einen Kuss auf die Nase drückte. Auch Katrina war erleichtert und ließ die Fäuste sinken, die sie zuvor angestrengt vor der Brust zusammengepresst hatte.
    »Gott hat sein Urteil damit verkündet!«, erklärte Konrad in die Stille hinein. »Graf Esiko, wenn Ihr Euch nun für die ungerechtfertigten Behauptungen entschuldigen wollt!«
    Ein Raunen und Tuscheln ging durch die Kathedrale. Esiko blieb stumm.
    »Wollt Ihr Euch etwa einer kaiserlichen Anordnung widersetzen«, fügte Konrad schärfer hinzu. Er deutete mit der Hand auf Uta, die noch immer in der Vierung stand. Ekkehard schaute mürrisch zu seinem Schwager, dessen Gesicht sich vor Wut rot färbte und der sich nun langsam in Bewegung setzte.
    Uta sah die hasserfüllten Augen des Bruders und straffte sich.
    »Du, Esiko von Ballenstedt«, begann sie leise, »hast die Mutter getötet.« Als er bis auf Armlänge an sie herangekommen war, ging sie an ihm vorbei die Stufen in den Chor hinauf auf das Kaiserpaar zu, bevor er die geforderte Entschuldigung vorbringen konnte. Dort kniete sie nieder und erhob die Stimme: »Ich, Uta von Ballenstedt, klage Esiko von Ballenstedt hiermit vor Eurer Kaiserlichen Hoheit an, unsere Mutter, Gräfin Hidda von der Lausitz,

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