Die Herrin der Kelten
jetzt so dasaß, umfangen von den Wurzelarmen der Birke, wusste sie plötzlich, dass sie ihn gefunden hatte und dass sie nicht die Erste sein würde, die hier auf ihre Traumerscheinung wartete.
Airmid war in Schweigen versunken. Breaca griff nach ihrer Hand und drückte sie fest, während ihr allmählich bewusst wurde, wie ungeheuer wertvoll das Geschenk war, das ihre Freundin ihr gemacht hatte. »Ich glaube«, sagte sie bedächtig, »dass dies ein guter Platz für die langen Nächte des Träumens sein könnte. Dass die Ahnen demjenigen, der hier sitzt, vielleicht helfen könnten.«
Airmid nickte ernst. Eine Hälfte ihres Gesichts hellte sich zu einem Lächeln auf, als sie merkte, dass Breaca den Wert ihres Geschenks erkannt hatte. Die andere Hälfte war noch immer ernst, geprägt von den Pflichten und der Verantwortung des Erwachsenseins. »Das könnte durchaus sein«, erwiderte sie. »Glaubst du, du könntest den Weg hierher allein wieder finden?«
»Ich glaube schon. Wenn ich dem Lauf des Flusses folge, wird er mich wieder hierher führen.« Breaca wollte so gerne die Arme nach ihrer Freundin ausstrecken und sie dankbar küssen. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die ernste Hälfte von Airmids Gesicht und dachte gründlich über die Sache nach, während sie die Fallstricke zu erkennen versuchte. »Ich werde mich im Morgengrauen auf den Weg machen, wenn das Licht am trügerischsten ist. Wenn es vorher geregnet hat, dann werde ich an dem Ort, der heute morastig ist, knietief im Schlamm versinken. Ich müsste also noch tiefer in den Wald eindringen, um diesen Ort zu umgehen, und würde dann an einer anderen Stelle wieder auf den Fluss stoßen.«
»Gut. Du solltest hierher kommen, wann immer du kannst. Man kann unmöglich wissen, welches Wetter und welches Licht die Götter an dem bewussten Tag schicken werden, deshalb musst du den Weg so gut kennen, dass du ihn selbst bei dichtem Nebel und völliger Dunkelheit wieder findest. Aber jetzt solltest du erst einmal mit zum Fluss runterkommen und dich mit dem Ort vertraut machen. Das Wasser ist hier zwar flach, aber es ist trotzdem noch tief genug, um darin zu schwimmen. Und sehr warm.«
Genauso war es. Ihr eigener Teich, derjenige unterhalb des Wasserfalls, an dem sie am Morgen gesessen hatten, war unermesslich tief. Er erstreckte sich bis in das Reich der Götter hinunter, und nur die Otter und die Eisvögel schwammen dort. Hier, in weniger heiligem Wasser, konnten sie aufrecht stehen, ihre Zehen in den weichen Sand graben und sich gegenseitig nass spritzen oder untertauchen, um in Spiralen umeinander herumzuschwimmen und so geschmeidig wie Fische durch das klare Wasser zu gleiten, oder sie konnten sich auch einfach auf den Rücken legen und sich gemächlich treiben lassen, um die Welt aus der Froschperspektive zu betrachten.
Danach lagen sie dicht nebeneinander unter der Wölbung des Abhangs und ließen ihre Glieder von der Sonne wärmen, während sie dem kehligen Schrei der Rohrdommel lauschten, die ein kleines Stück weiter flussaufwärts im Schilf stand. Breaca spielte mit dem feinkörnigen Sand, indem sie mit der Fingerspitze Bilder hineinmalte. In der Art, wie ihr Vater es ihr beigebracht hatte, zeichnete sie einen Zaunkönig, eine Bärin und ein Pferd. Über alle drei wachte ein Frosch, den sie selbst entworfen hatte. Airmid griff über ihre Schulter hinweg und fügte die schwungvolle Linie eines Beines und ein Auge in Form eines Tupfens hinzu, um den Frosch noch lebensechter zu machen. Als das Bild fertig war, malte sie noch ein speerspitzenförmiges Blatt dazu, damit der Frosch daraufsitzen konnte, und außerdem ein längliches, flaches Gebilde, das, mit einigen zusätzlichen Symbolen versehen, zum Grabhügel der Ahnen wurde. Ohne vorherige Absprache zeichneten sie sich gegenseitig in die freie Fläche unterhalb des Hügels - in liegender Haltung, so wie jetzt, und umkränzt von einer Girlande aus Birkenblättern, Symbol für ihre tiefe Verbundenheit. Airmid zeichnete ein Schwert und einen Schild in den Eingang des Grabhügels, um Feinde abzuwehren. Dann malte sie noch eine andere Breaca in den Sand, eine kleinere, die in der Ferne saß, den Rücken gegen eine Birke gelehnt, während sie beobachtete, wie der Mond am Horizont aufging. Aber das war gefährlich, und sie wischte das Bild hastig wieder aus, kaum dass es fertig war.
Da sie unbedingt darüber sprechen mussten, aber nicht direkt, fragte Airmid: »Hast du deinen Bruder schon mal gefragt, wie
Weitere Kostenlose Bücher