Die Herrin der Kelten
großen, schwarzhaarigen Mann auf einem stämmigen braunen Wallach angeführt. Er war ziemlich jung, noch keine zwanzig Jahre alt, aber er saß sehr ruhig und würdevoll im Sattel und blickte sich mit der Unerschütterlichkeit eines reifen Mannes um. Falls einer der Fremden sie entdecken würde, dann er. Breaca machte sich so klein wie möglich und hielt den Blick von ihm abgewandt, um ihn nicht auf sich aufmerksam zu machen.
Der zweite Reiterverband, der sich unter einer Eiche auf der gegenüberliegenden Seite des Weges zusammendrängte, wurde von einem rothaarigen Jüngling auf einem nervösen kastanienbraunen Hengstfohlen angeführt, das bei jedem Donnerschlag erschrocken zusammenzuckte und unablässig auf seinem Zaumgebiss kaute. Der Reiter benutzte seine Hände recht grob, und der Schaum am Maul des Tieres war mit Blut vermischt. Breaca registrierte diese Einzelheit ebenso sorgfältig wie die Farbe ihrer Umhänge, den Stil ihrer Halsringe, das spezielle Muster auf ihren Armreifen und den Akzent, mit dem der Schwarzhaarige auf das Wetter und die Gegend schimpfte und der Rotschopf ihr, Breacas, Volk und seinen eigenen Vater verfluchte; und dann, als es wieder heftiger zu regnen begann und das Rauschen ihre eigenen Ohren und die der fremden Krieger füllte, glitt sie verstohlen an der Rückseite des Baums herunter und wich vorsichtig Schritt für Schritt zu der Stelle zurück, wo ihr graues Stutenfohlen wartete.
Das Unwetter war nur von kurzer Dauer. Die dunklen Wolken verzogen sich wieder, noch bevor Breaca den Schutzwall erreichte, und machten einem strahlend blauen Himmel und einer wärmenden Sonne Platz, so dass das Fell der jungen Stute zu gleichen Teilen vom Schweiß des harten Galopps als auch von den Wassermassen des letzten Regengusses glänzte, als Breaca schließlich durch das Tor in dem kreisförmigen Schutzwall stürmte. Die Siedlung im Inneren war verlassen, abgesehen von einer Schar Hennen und einem schlafenden Hund. Es war der dritte Tag des Mittsommer-Pferdemarkts, und jeder Mann, jede Frau und jedes Kind der Eceni war auf dem Marktplatz, um die letzten Tauschgeschäfte unter Dach und Fach zu bringen oder bei einem Krug Ale alte Bekanntschaften aufzufrischen, während sich die Ältesten der verschiedenen Einzelstämme auf die Ratssitzung im großen Versammlungshaus vorbereiteten. Die Eceni waren nicht die Einzigen, die sich zu einem Stammestreffen eingefunden hatten; überall im ganzen Land geschah das Gleiche. Jeder der Stämme kam um diese Zeit in seinem Heimatland zusammen, um sich zu beratschlagen und wichtige Entscheidungen zu treffen. Selbst die Coritani mussten mit ihren Göttern sprechen, und der Sonnenaufgang am Tag der Sommersonnenwende war allgemein als eine Zeit bekannt, in der die Götter am aufmerksamsten zuhörten. Es kam auch hin und wieder vor, dass ein Einzelner oder eine Gruppe aus einem Stamm beschlossen, zum Versammlungshaus eines anderen Stammes zu reisen, um Rat von deren Träumern einzuholen oder um eine Petition einzureichen, die einen Krieg betraf oder dessen Beendigung. Die allgemeine Waffenruhe um diese Jahreszeit ließ alles das zu, und der Friede, der danach herrschte, wurde als Geschenk der Götter begriffen. Die Männer, die Breaca auf dem Waldweg gesehen hatte, gehörten zwar nicht zu einem der Völker, gegen das die Eceni Krieg führten, aber an ihrer Absicht konnte es keinen Zweifel geben: Sie waren unterwegs zu dem heiligen Land mitten im Herzen des Eceni-Gebiets, und ihr Weg führte sie direkt an Breacas Rundhaus vorbei.
Normalerweise gehörte es sich nicht, innerhalb der Siedlung schneller als im Schritt zu reiten, doch unter gewissen Umständen war es erlaubt. Breaca trabte schnurstracks zum Rundhaus und zu den Frauen, die drinnen geblieben waren. Airmid hatte sie bereits kommen gehört. Sie stand wartend vor dem Eingang, zusammen mit der älteren Großmutter. Beide waren festlich gekleidet. Ihre Tuniken hingen glatt und faltenlos herab und dufteten nach Salbei. Um die Schultern der alten Frau lag eine schmückende Krause aus schwarzen Krähenflügeln, deren Spitzen bis zu ihrem Brustbein herabhingen. Airmid trug eine Halskette aus versilberten Froschknochen, ein feines, zartgliedriges Schmuckstück, das bei jeder ihrer Bewegungen im Licht schimmerte. Ihr schwarzes Haar war glatt gekämmt und wurde von einem schmalen Stirnband aus heller geflochtener Birkenrinde zusammengehalten, dem Zeichen der Träumer. Beide Frauen trugen glänzende goldene Torques um
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