Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
Vom Netzwerk:
einen vollen Monat verschlang. Falls der Händler nicht log, waren Jahrhunderte ins Land gegangen, seit der antike Künstler in hellenischer Zeit ihr wundervolles Bild in goldenes Metall gebannt hatte. Die Vergangenheit schien durch meine Berührung lebendig zu werden.
    »Ich frage mich, wer sie war«, sagte ich zu Ursula. »Hat sie jemanden geliebt? Tanzte sie für ihn?«
    »Sie war wunderschön, so viel steht fest«, antwortete Ursula. »Man erkennt es sogar durch die Falten ihres Schleiers … Und sie war eine anmutige Tänzerin … wie du, M’lady.«
    »Ich wünschte, ich dürfte für den Mann tanzen, den ich liebe … und sei es verschleiert.«
    Einer jener raren Zufälle des Lebens, die wir nie erklären können, wollte es, dass am nächsten Tag eine Gruppe von Zigeunertänzerinnen nach Burrough Green kam, um uns zu zerstreuen. Da meine Börse nach dem Kauf der Figur leer war, einigten wir uns auf eine Bezahlung, die ich mir erlauben konnte, und sie schoben ihre Karren und Esel in den Burghof. Ich lud den gesamten Haushalt ein, ihnen zuzuschauen, und unsere kleine Halle erbebte unter dem Klatschen, mit dem wir die Musik ihrer Ghiterna, Zimbeln und Handtrommeln begleiteten. Und während ich ihnen zusah, wie sie sich drehten und die Tamburine schlugen, kam mir eine Idee.
    Als die Unterhaltung endete, bat ich die Tänzerinnen ins Sonnenzimmer. »Ich würde meinen Gemahl gern überraschen. Er hat mit seinem Heer an der schottischen Grenze sein Lager aufgeschlagen«, sagte ich ihnen und schilderte meinen Plan.
    Die nächsten Tage brachten sie mir ihre raffinierten Tanzschritte bei, und ich übte sie zu den Melodien unserer Musiker, denen beim Spiel die Augen verbunden waren. Ich wollte nicht, dass sie mich auf diese Weise tanzen sahen, bevor ich es John vorführte. Einen vollen Tag dauerte es, bis ich das Hantieren des Schleiers zur Zufriedenheit beherrschte; danach verkündeten die Tänzerinnen, dass ich bereit sei. Als Kleidung wählte ich ein rotes Leibchen und einen weiten Rock aus mehreren Lagen roten Stoffes mit aufgenähten lila Schleiern, auf die ich winzige bunte Glasperlen stickte, sowie einen lila Umhang, bestickt mit silbernen Blumen. Nun konnten wir auf die Reise gehen.
    Der Tag brach kühl und sonnig an. Ich war schrecklich aufgeregt, und sogar die Pferde spürten, dass etwas Besonderes in der Luft lag. Sie schnaubten und wieherten, stampften mit den Hufen, als wollten sie uns zur Eile antreiben. Wie es uns gelang, die Karren zu beladen und nichts Wesentliches zu vergessen, das den ganzen Plan ruiniert hätte, weiß ich bis heute nicht. Ich jedenfalls war nur halb bei der Sache, gab den Dienern vor lauter Erregung wirre Anweisungen, und all das zu dem unausgesetzten Kichern und Plappern der Tänzerinnen. Schließlich stieg ich in meine Sänfte und zog die Vorhänge zu, um mich zu verbergen. So machten wir uns auf nach Doncaster.
    Kaum war ich unterwegs, wurde ich mir der Kühnheit meines Plans bewusst, und Zweifel überkamen mich. Überall waren Lancastrianer. Was wäre, wenn sie mich entführten und mich als Pfand gegen John benutzten? Ich könnte am Ende zu einem Instrument werden, mit dem sie ihn vernichteten! Mein Plan war irrwitzig, vollkommen närrisch! Selbst wenn es mir gelang, ihn zu überraschen, könnte er alles andere als erfreut sein, wie ich es mir gedacht hatte, sondern wütend, dass ich ein solches Wagnis eingegangen war. Sollte ich umkehren? Dann aber sah ich sein Gesicht vor mir, seine Neville-blauen Augen, die einzig auf mich gerichtet waren an jenem Abend beim Tanz, an dem wir uns erstmals begegnet waren, und ich erglühte vor Leidenschaft. Was wäre, wenn ich nicht zu ihm reiste … und Gott wollte, dass er mir in der nächsten Schlacht für immer genommen wurde? Könnte ich mir meine Feigheit jemals vergeben? Durfte ich uns die Ekstase einer letzten Vereinigung nehmen?
    Meine Courage wurde gleichsam zu einer Ritterrüstung, und meine Zweifel verflogen.
    Die Reise verlief ereignislos. Ich verbrachte zwei unbequeme Nächte in Gasthäusern, wo ich mit Ursula zusammen auf wanzendurchsetzten Strohmatratzen schlief, aber das Ale half uns, sie zu ertragen. Spät am dritten Abend kündeten die Glocken der Stadtkirche von unserer Ankunft in Doncaster. Ganz in der Nähe war Johns Lager … und das der Lancastrianer. Von nun an mussten wir größte Vorsicht walten lassen.
    »Halt! Was ist Euer Begehr?«, fragte der Landsknecht streng. Um ihn stand eine Gruppe Soldaten, und hinter ihm

Weitere Kostenlose Bücher