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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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linderte. Außerdem bewies der König sein Vertrauen in die Nevilles, indem er seinen achtjährigen Bruder Richard nach Middleham gab, wo er auf Warwicks Burg leben sollte.
    Mich rührte – und kränkte ein wenig –, wie sehr John dem vaterlosen Jungen zugetan war und wie oft er Middleham besuchte, um Richards Erziehung zum Ritter zu überwachen.
    »Allein diesen Monat warst du schon viermal dort, John«, sagte ich, als ich ihm half, sich fürs Bad auszuziehen. »Warum mutest du dir diese Anstrengungen zu? Andere können Dickon ebenso gut die Fertigkeiten lehren, die er für den Krieg braucht, und du solltest ausruhen, solange du die Gelegenheit dazu hast, anstatt so oft die strapaziöse Reise nach Middleham zu unternehmen, mein lieber Lord.«
    John sah mich prüfend an. »Nimmst du mir meine Besuche bei dem Jungen übel?«
    Ich konnte es nicht leugnen, denn es war ja die Wahrheit. Deshalb beschloss ich auszusprechen, was mir auf dem Herzen lag. »Warum kommst du stattdessen nicht zu mir? Ist es, weil ich dir keinen Sohn schenken konnte?«, fragte ich bang.
    Sogleich wurden seine Züge weicher, und er nahm mich in die Arme. »Isobel, Isobel, das ist nicht der Grund, aus dem ich so oft bei Dickon bin. Gott gibt uns allen unsere Aufgaben, seien es große oder kleine. Es mag die sein, einem Seiner Kinder einen Becher Wasser zu reichen, oder etwas noch Geringeres! Ein guter Rat, etwas, das wir einem anderen leihen. Ein Ärgernis, das wir stumm erdulden, oder eine Gedankenlosigkeit, die wir stillschweigend korrigieren … Dickon hat eine Menge durchlitten. Als er geboren wurde, begannen unsere Schwierigkeiten mit Lancaster, und er hat in seinem kurzen Leben mehr Gewalt und Kummer erlebt als mancher, der ein Vielfaches seiner Jahre zählt. Er hat keinen Vater, der ihn führt, keine Mutter, die ihn tröstet …« John brach ab, weil er gewahr wurde, wie treulos diese Worte klangen, auch wenn er recht hatte. Johns Tante Cecily hatte eine ganze Horde Kinder geboren, doch eine Mutter war sie nicht. Seit dem Tod ihres Gemahls hatte sie sich ganz auf ihre Burg in Berkhamsted zurückgezogen, wo sie wie eine Nonne betete und fastete, als wäre sie einzig für sich selbst verantwortlich.
    »Der Junge braucht dringend jemanden, der ihn stärkt«, fuhr John fort. »Ihm fehlt das Vertrauen in sich, und seine Linkshändigkeit macht ihm die Kampfkunst besonders schwer.« Er legte zwei Finger unter mein Kinn und hob es sanft an. »Gott wird alles tausendfach vergelten, meine Süße. Das weißt du doch, nicht?«
    Beschämt wegen meiner Eifersucht und meiner Unzulänglichkeit als Frau, nickte ich, denn es stimmte, was er sagte. Wie konnte ich einem Jungen Liebe missgönnen, der im zarten Alter von acht Jahren schon so vieles hatte erleiden müssen und die Schrecken von Ludlow, Gefangenschaft, Exil und Tod miterlebt hatte? Johns Worte öffneten mir die Augen und das Herz. Von diesem Moment an liebte auch ich Dickon wie einen eigenen Sohn, der die Stelle unseres verlorenen Kleinen einnahm.
    Die Erlebnisse des Jungen hatten ihre Spuren hinterlassen, und jedes Mal, wenn ich Dickon sah, erinnerte mich die Traurigkeit in seinen Augen an Ludlow; dann wollte ich ihn an mich drücken und seinen Schmerz fortküssen. Vor allem aber rührte es einen empfindsamen Nerv in mir, wie sehr er seinen Bruder Edward bewunderte. Sein Leben lang, egal, wie sehr er sich anstrengt oder was er erreicht, wird Dickon im Schatten seines Bruders stehen, so wie mein John in Warwicks Schatten wandelt, ging es mir durch den Sinn. Ich war mir dessen absolut gewiss, und deshalb bemühte ich mich, wann immer ich konnte, Dickon die Zärtlichkeit einer Mutter zu schenken.
    Eines Abends, als Ursulas Vater, Sir Thomas Malory, in Burrough Green zu Besuch war, tranken wir im Sonnenzimmer Wein.
    »Wie geht es der Countess of Salisbury?«, fragte er.
    »Nicht gut«, erwiderte ich. Im Geiste sah ich Countess Alice vor mir, wie ich sie zuletzt in Middleham angetroffen hatte. Körperlich und geistig angegriffen, war sie bettlägerig, konnte nicht mehr sprechen und erkannte niemanden. »Ich fürchte, die Countess wird uns in Bälde verlassen.«
    Der alte Ritter murmelte einige freundliche Worte über Johns Mutter und verstummte. Ich schenkte ihm Wein nach und sprach ihn auf weniger Schmerzliches an. »Ihr wart dabei, als mein Gemahl in York aus dem Kerker befreit wurde. Wie genau kam es, dass Edward sich entschied, die Bürger von York zu begnadigen?«
    Sir Thomas antwortete in bester

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