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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Montagu griff mit solcher Plötzlichkeit und Wucht an, dass die ganze Schlacht nur Minuten dauerte, obwohl Somersets Heer um zweihundert Mannen stärker war als Montagus … Ja, England kennt keinen feineren General oder männlicheren Ritter als den guten Lord Montagu – möge Gott ihn segnen und belohnen, sage ich!«
    Wein und Kapaun wurden gebracht, und der Pilger machte sich über das Essen her. Auch wenn die letzte Bemerkung zweifelsohne in der Hoffnung auf mehr Wein geäußert worden war, musste sie belohnt werden, also schenkte ich ihm nach.
    »König Henry entkam«, sagte er und leckte sich die Lippen, als er mich einschenken sah. »Aber Somerset wurde gefangen und hat seinen elenden Schädel auf dem Marktplatz von Hexham verloren – ein Glück für uns alle, sage ich!«
    Ich erstarrte mitten in der Bewegung.
    »M’lady!«, rief der Mann besorgt, legte das Messer ab und sprang auf. »M’lady, Ihr seid so blass! Kann ich Euch irgendwie helfen?«
    Ich rang nach Atem. »Nein, es ist bloß eine vorübergehende Schwäche«, antwortete ich und stellte den Krug ab.
    Dann entschuldigte ich mich, zog mich zu meinem Betpult zurück, wo ich vor meinem Gebetsbuch und einer Vase mit Lilien kniete und ein Gebet für Somersets Seele sprach. Warum mir Tränen in die Augen stiegen, verstand ich nicht.
    Zwei Tage nach der Schlacht von Hexham erfuhr ich von meiner Magd Agnes, dass einer von Johns Soldaten verwundet zu ihr gekommen sei, damit sie ihn gesund pflegte. Er war ein Cousin von Agnes’ Ehemann, einem Gerber, unverheiratet und ohne Familie, die sich seiner annehmen könnte. Ich packte ein paar Gläser Kompott und Marmelade, Wein, Trockenfleisch und die wenigen Münzen, die ich entbehren konnte, zusammen und eilte, begleitet von Geoffrey, zu ihrem Haus.
    Weit mussten wir nicht reiten, denn Agnes wohnte gleich hinter der Dorfkirche. Trotzdem war es ein unangenehmer Weg durch kalten Regen. Als wir vor dem sehr einfachen Haus aus Flechtwerk mit Lehm von den Pferden stiegen, wehte ein beißender Gestank aus der Gerberei nebenan zu uns herüber, wo Agnes’ Ehemann mit seinen Söhnen arbeitete. Das Haus stand mitten in einem kleinen Feld. Hennen flatterten gackernd beiseite, und eine Kuh kam zu uns getrottet, um an uns zu schnüffeln, als wir den schlammverkrusteten Weg entlanggingen, der von tiefen Karrenrillen zerfurcht war. Unter dem niedrigen Reetdach klopfte Geoffrey an die Tür. Eine junge Frau ließ uns ein. Ich war in der Dunkelheit zunächst blind und blieb einen Moment stehen, bis ich etwas erkennen konnte. Die beiden kleinen Zimmer des Hauses hatten nur ein winziges Fenster ohne Glas, dessen Läden halb verschlossen waren, und die Luft war noch rußig und verqualmt vom Feuer am Vorabend. Ein Tontopf mit harzgetränkten Binsen auf einem Tisch in der Ecke spendete das einzige Licht. Neben dem aufgebockten Tisch lag ein Mann auf einer Strohmatte; seine Brust war verbunden. Er hatte an die Decke gestarrt, wandte nun aber den Kopf zu mir. Ich ging über den geklopften, mit Stroh bestreuten Boden zu ihm.
    »M’lady Montagu!«, rief er bei meinem Anblick aufgeregt und wollte sich hinknien. Ein Poltern und ein Stöhnen ertönten, als der alte Soldat umfiel. Geoffrey lief zu ihm und bettete ihn wieder auf das Lager, doch der Mann bemühte sich gleich aufs Neue, sich aufzurichten.
    »Nein, bleib liegen, guter Mann!«, sagte ich und beugte mich zu ihm.
    Mit feuchten Augen und zitternder Stimme ergriff er meine Hand und küsste sie. »M’lady, ich bin nicht würdig …«
    »Oh, doch, das bist du«, unterbrach ich ihn. »Du hast für meinen Gemahl gekämpft und wurdest im Dienste unseres Königs verwundet. Du bist allemal würdig.« Ich strich meine Röcke glatt und setzte mich auf einen Schemel. Geoffrey brachte mir den Korb mit unseren Gaben, den er an der Tür abgestellt hatte. »Hier sind einige Dinge, von denen ich bete, dass sie dir helfen, wieder gesund zu werden.« Ich zeigte ihm das Fleisch, den Wein und das Kompott, dann die Münzen. »Und hiervon kannst du hoffentlich kaufen, was immer du sonst noch brauchst.«
    Der Mann starrte die Münzen an und blickte mit Tränen in den Augen zu mir auf. »Die kann ich nicht annehmen.«
    »Warum nicht?«, fragte ich.
    »M’lord Montagu gab mir bereits Geld. Er gab uns allen Geld, sogar den Toten.«
    Für einen Moment fehlten mir die Worte. »Wie meinst du das?«
    Der Mann erklärte es. Kurz nach der Schlacht von Hexham hatte John einen Lancastrianer-Gesandten mit einer

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