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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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und trotz meiner energischen Einlassungen und meiner größeren, über viele Jahre erworbenen Weisheit reichte König Edward Somerset den Ölzweig. Er umarmte ihn als seinen Cousin und Freund mit den Worten: »Wir wollen die Vergangenheit hinter uns lassen, wo sie hingehört, Henry«, und begnadigte ihn. Und Somerset kniete vor ihm.
    Ich legte den Brief ab. Mein Onkel irrte: Weder Lehre noch Alter brachten Weisheit, sondern sie wohnte im Herzen eines Mannes. Und ich war beruhigt, dass König Edwards Herz am rechten Fleck saß.
    Schäme dich! So vergiltst du es deinem Onkel, dem du dein Glück verdankst?, schalt ich mich voller Schuldgefühle. Leider trafen wenige Tage nach seiner Ernennung zum Lord Constable von England Nachrichten ein, die meine Bedenken schürten. John brachte sie mir.
    »Der Earl of Oxford und sein ältester Sohn wurden in Arrest genommen. Ihnen wird Verrat vorgeworfen.«
    »Sind sie schuldig?«
    »Die meisten Leute meinen, dass sie es nicht sind. Aber dein Onkel wird entscheiden.«
    Mehr sagte John nicht, und ich beließ es dabei. Mein Onkel war für uns beide zu einem heiklen Thema geworden. Wenig später hörten wir, dass mein Onkel den Earl und dessen Sohn für schuldig befunden hatte und der Earl auf einem Schafott enthauptet worden war, das noch nass vom Blut seines Sohnes gewesen war. Mir lastete diese Geschichte so schwer auf der Seele, dass ich zwei Tage nicht essen konnte.
    John, der bei Eintreffen der Nachricht zu Hause gewesen war, holte sich sein Pferd und kehrte erst in der Abenddämmerung zurück, als das Essen längst weggeräumt worden war. Ich saß bei ihm, als er schweigend in die Ferne blickte. Zweifellos dachte er an seinen eigenen Vater und seinen Bruder und ihre brutale Hinrichtung durch Clifford in Wakefield. Ob das Urteil meines Onkel gerecht war oder nicht, es gab keinen Grund für die zusätzliche Grausamkeit, den Sohn vor dem Vater zu exekutieren und Oxford zu nötigen, sein Haupt auf einen Block zu legen, der von seines Sohnes Blut benetzt war.
    In einem Anflug von Gnade hatte Edward darauf verzichtet, den Earl of Oxford zu enteignen, sodass sein zweiter Sohn, der siebzehnjährige John de Vere, den Titel geerbt hatte. Aber wie sollte diese Freundlichkeit meines Onkels Unbarmherzigkeit aufwiegen? Nicht lange danach hörten wir, dass John de Vere mit einem anderen jungen Mann in heftigen Streit geraten war, was auch ihn vor das Gericht meines Onkels gebracht hatte. Das Urteil lautete, dass ihm beide Arme am Ellbogen abgeschlagen werden sollten. Diesmal jedoch widersprach König Edward dem von jedermann als unverhältnismäßig hart angesehenen Richterspruch. Mein Onkel, dieser Mann, den ich über eine Liebesgeschichte hatte weinen sehen, erwarb sich den Ruf, besonders grausam zu sein.
    Die Wochen vergingen, und meine Sorge um meinen Onkel verblasste im Angesicht besserer Nachrichten. Marguerite, die nun keine Hilfe mehr von Schottland bekam, war nach Frankreich gereist, um sich dort Unterstützung zu erbitten, und einzig die Festung von Bamburgh, wo König Henry residierte, blieb in Lancastrianer-Händen. Sir Thomas Malory, der in königlichen Angelegenheiten zur Grenze ritt, machte in Seaton Delaval halt, um Ursula zu besuchen. Er brachte uns interessante Neuigkeiten.
    »Schockiert vom Anblick ihres jungen Königs, der barhäuptig und unbewaffnet neben Somerset ritt, glaubten die Leute in Grantham ihn in größter Gefahr und versuchten, Somerset vom Pferd zu zerren und niederzuschlagen!«, erzählte er. »Aber Edward lachte und sagte ihnen, dass er und sein einstiger Feind nun die besten Freunde seien. Die Leute kratzten sich verwundert den Kopf … Bei meiner Seel’, König Edward ist der liebenswerteste, gutmütigste und mutigste Monarch, der je auf Englands Thron saß!«
    »König Edward ist nicht bloß gutmütig, er hat auch recht«, sagte ich nachdenklich. »Wir müssen mit der Vergangenheit abschließen und nach vorn blicken. Aber, Sir Thomas, ist Somerset nicht in einer schwierigen Lage? Nicht jeder vergibt so bereitwillig wie Edward, und Somerset muss die Anerkennung von Männern gewinnen, deren Angehörigen er niedermetzelte.« Ich dachte an die vielen Hinterhalte und Mordanschläge gegen die Nevilles. Wie muss John empfinden?, überlegte ich. Auch wenn Somerset in Wakefield nicht dabei gewesen war, traf ihn eine Mitschuld am Tod des Earl of Salisbury und Thomas’, und er war ohne Frage an zahlreichen anderen Komplotten gegen sie beteiligt gewesen.
    »Ja«,

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