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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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könnt.«
    Wir wurden zu unserem Gemach geführt, einem angenehmen Zimmer oben im zweiten Stockwerk, von dem aus man in den Innenhof blickte. Meine Truhe war bereits nach oben gebracht worden. Trotz des Regens draußen wirkten die Räumlichkeiten so munter wie ihr Besitzer. Auf einer Seite bildete die rote Steinwand einen leuchtenden Hintergrund für die goldenen Bettvorhänge und Überdecken, die Wand auf einer anderen Seite wurde fast vollständig von einem farbenfrohen Gobelin eingenommen; durch ein großes Fenster fiel Tageslicht auf den Wandbehang. Zwei Bedienstete brachten einen Krug Wein, eine Platte mit Käse, zwei große Kelche und eine silberne Waschschüssel, die sie auf eine hohe Kommode stellten. Ein weiterer entzündete die Kerzen an einem Kandelaber; und ein anderer nahm unsere nassen, schlammbespritzten Umhänge und hängte sie zum Trocknen in die Schrankkammer, bevor er ging. Als er die Tür hinter sich schloss, überkam mich eine kribbelige Vorfreude, und ich lief zu meiner Truhe, um mein schönstes, bislang ungetragenes Kleid auszupacken.
    »Isabelle!«, ermahnte Sœur Madeleine mich streng.
    Was dieser Tonfall bedeutete, wusste ich leider. Langsam drehte ich mich zu ihr um.
    »Wir werden nicht an dem Bankett teilnehmen. Es ist mithin unnötig, dass du dich umkleidest.«
    »Darf ich fragen, warum, Sœur Madeleine?«, erkundigte ich mich kleinlaut.
    »Hast du den Namen seiner Nichte nicht gehört? Sie ist eine Neville.«
    »Nicht alle Mitglieder der Neville-Familie unterstützen den Duke of York. Viele sind Lancastrianer.«
    »Peut-être, aber lassen wir es nicht darauf ankommen, Isabelle. Wir werden auf unserem Zimmer speisen und früh zu Bett gehen. Für die morgige Reise sollten wir ausgeruht sein. Und jetzt hilf mir aus meinem Kleid, bevor ich erfriere!«
    Ihre resolute Miene gewährte keinerlei Spielraum für Hoffnung, und ich wusste, dass Bitten nutzlos wäre. Also schluckte ich meine Enttäuschung herunter und schloss die Truhe wieder. »Ja, Sœur Madeleine.«
    Die Nonne löste den Stoffgürtel, der ihr Kleid in der Mitte zusammenhielt, nahm den Rosenkranz ab und drückte ihn an die Lippen, ehe sie ihn auf die Kommode legte. Ich öffnete die Brosche unten an ihrem Schleier, befreite Sœur Madeleine von ihrem weißen Schultertuch, dem Kopftuch, der Nonnenhaube und dem weichen weißen Baumwollkleid darunter. Nachdem ich alles zusammen- und beiseitegelegt hatte, half ich ihr aus dem weiten weißen Habit, wie ihn die Benediktinerinnen trugen. Diesen hängte ich an einen Haken im Kleiderschrank. Anschließend stützte ich sie beim Erklimmen des hohen Bettes und brachte ihr einen Kelch mit Wein, den sie hastig leerte. Ich reichte ihr auch den Käse, doch sie lehnte ihn wortlos ab. In ihrem schlichten Baumwollhemd, das dünne graue Haar offen und die Decke bis zu den Schultern hochgezogen, wirkte sie nicht mehr plump und kräftig, sondern vielmehr alt und gebrechlich. Mitgefühl überkam mich. Ich füllte ihr Wein nach und tupfte ihr die Stirn mit einem Handtuch, dessen eine Ecke ich in das parfümierte Waschwasser getunkt hatte. Danach strich ich behutsam das schüttere Haar, das rosige Kopfhaut sehen ließ, mit meiner Wildschweinbürste glatt. »Ist es so besser, Sœur Madeleine?«, fragte ich.
    Sie seufzte wonnig. »Oui, mon enfant«, sagte sie leise und schloss die Augen.
    Ich begab mich ans Fenster. Nach und nach trafen die Gäste ein, deren Lachen bis hinauf in meine Kemenate drang und mir ins Herz schnitt. Die letzten achtzehn Monate hatte ich in einem Kloster gelebt, und ich sehnte mich nach der Gesellschaft junger Menschen, nach Lachen, Musik und Tanz, kurz: nach allem, was mir seit meines Vaters Tod fehlte.
    »Isabelle, sing mir etwas vor!«, forderte Sœur Madeleine auf einmal.
    Ich ging zur Truhe und holte meine kleine hölzerne Leier heraus. Im Kloster hatte sie mir gute Dienste geleistet, war sie doch nicht laut, sodass ich selbst bei Nacht meine Einsamkeit in den süßen Klängen hatte ertränken können. Ich trug die Leier zur Fensterbank und öffnete das Fenster. Kühle, feuchte Luft wehte über meine Wange. Das Gewitter hatte sich verzogen, der Wind die Wolken fortgetrieben, und nun kündigte sich ein lieblicher Juniabend an. Im Osten war ein blassrosa Schleier zu erkennen, und im Westen färbte ein Pfirsichton die letzten Wolken sowie das Dorf, in dem bereits erste Lichter funkelten. Seit dem Tod meines Vaters stellte ich fest, dass die Schönheit der Natur nicht etwa tröstlich

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