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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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erstreckten, ob wir die Männer schon entdeckten. Wir alle freuten uns, sie wiederzusehen, doch unser Lächeln erstarb, als die Kolonne näher kam.
    Maude war die Erste, die etwas sagte. »Warum ist da so viel Staub? Ich kann gar nicht …«
    Ich drehte mich zur Countess, und ein kalter Klumpen bildete sich in meinem Bauch, als ich ihren Gesichtsausdruck sah. Mit brutaler Wucht begriff ich, dass sie die Anzeichen von Ärger allzu gut kannte. »Sie galoppieren zu schnell, und sie haben Wagen dabei.« Ihre Stimme zitterte. »Das heißt, sie bringen Verwundete. Schnell, holt Tücher und Wasser, ruft die Ärzte und die Priester her!«
    Die ersten Reiter donnerten durch die Burgtore herein und sprangen aus dem Sattel, die Gesichter schmutzig, die Kleider zerrissen und fleckig. Mittendrin ertönte ein Hundebellen.
    »John!«, schrie ich vor Erleichterung und stürmte in seine Arme, um ihn festzuhalten. Ich schloss die Augen, denn vor Freude kamen mir die Tränen. Der Earl und Thomas galoppierten als Nächste herbei und zogen die Zügel an. Ich hörte, wie die Countess aufatmete.
    »Es gab einen Kampf bei Castleton. Wir haben Verwundete«, begann der Earl, der von seinem Pferd stieg. Maude lief schon auf Thomas zu.
    Die Countess eilte zu ihrem Gemahl. »Ja, wissen wir, mein guter Lord, und wir sind vorbereitet.« Sie zögerte, ehe sie hinzufügte: »Gibt es Tote?«
    »Gott sei Dank nein«, antwortete er und hinkte ein Stück vorwärts.
    Die Countess erschrak. »Du bist verletzt!«
    »Es ist nichts.«
    Sie legte seinen Arm über ihre Schultern. »Hier, lehn dich auf mich! Hast du Schmerzen?«
    Hinter ihr lachte Thomas, ehe der Earl antworten konnte. »Nein, Frau Mutter! Diesen Schmerz trägt Vater gern, denn seht, welche Gaben wir mitbringen.« Grinsend drehte er sich zu zwei Gefangenen um, die in den Hof gebracht wurden.
    Vor Staunen weiteten sich die Augen der Countess, und sie erstarrte. Diese Männer waren die Aufrührer unter den Percys: Thomas, der Lord Egremont, und sein Bruder Richard Percy. Egremont guckte kein bisschen anzüglich, nur zornig und angewidert; und mit seinem schmutzigen Haar und der ramponierten Kleidung war er noch hässlicher, als ich ihn in Erinnerung hatte.
    »Haben wir angemessene Unterkunft für diese charmanten Ritter?«, fragte Thomas mit einem schiefen Grinsen. »Vielleicht einen Schweinekoben, in dem sie helfen können, die Luft zu parfümieren, oder einen Stall voller Ziegen?« Er schlug Egremont kräftig auf den Rücken. »Ah, ich hab’s! Wie wäre es mit einem hübschen Kerker, Tom? Dort könnt Ihr bequem schlafen und müsst nicht weit laufen, um Euren Kot abzuwerfen.«
    Als er weggeführt wurde, spuckte Egremont auf Thomas, der sich lachend den Speichel abwischte.
    Nach und nach erfuhren wir Einzelheiten, und die ganze Burg war begeistert, dass die Percys vernichtend geschlagen worden waren. »Zum Glück für uns sind sie so blöd«, erklärte Thomas belustigt.
    Die folgenden Tage verbrachten wir viele Stunden mit Dankgebeten in der Kapelle, der Pflege der Verwundeten und dem Feiern eines weiteren Sieges der Nevilles über die Percys. Innerhalb einer Woche traf der Duke of York höchstselbst ein, um mit dem Earl zu beraten, was mit den Gefangenen geschehen sollte. Bis dahin wurden Egremont und sein Bruder sicher in der Festung des Earls in Middleham verwahrt. Nach längerer Diskussion wurde eine Entscheidung gefällt.
    »Wir werden die Richter bestimmen lassen, was mit ihnen passiert«, erzählte John mir eines Abends im Bett.
    »Aber wäre es nicht besser, sie einfach in Middleham eingesperrt zu lassen? Dann machen sie euch keine Schwierigkeiten mehr. Ein Gericht könnte ihnen die Freiheit schenken.«
    »York steht für Recht und Ordnung, und es ist gegen das Gesetz, sie einfach festzuhalten. Wir müssen sie vor ein Gericht bringen. Überall im Land nehmen Männer das Gesetz selbst in die Hand. Vielleicht können wir das durch unser Beispiel ändern.«
    Ich schmiegte mich an ihn, legte die Wange an seinen Rücken und meinen Arm über ihn. »Das hoffe ich«, murmelte ich schläfrig. In Johns Nähe war alles Übel der Welt weit entfernt.
    Einen guten Monat später, Anfang September, unterrichtete ich Bella und Anne gerade im Zählen, als Ursula an der Tür der Schulkammer erschien. Sie war die Woche zuvor von ihrem Familiensitz in Newbold Revel in Warwickshire zurückgekehrt. Mir entging nicht, dass sie außer Atem und besorgt war, also bat ich ein Kindermädchen, auf die beiden Kinder

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