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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Admiralität zu entfernen und mich an seiner statt zu berufen. Also stehe ich hier vor euch als euer Captain von Calais und euer neuer Hüter der Meere.«
    Die vollbesetzte Halle brach in Jubel aus, und viele stampften mit den Füßen.
    »Wie ihr wisst, wurde ich nach St Albans zum Captain von Calais ernannt, übernahm mein Kommando jedoch erst ein Jahr später, weil der Lieutenant des inzwischen toten Duke of Somerset, Sir Richard Woodville, mir auf Geheiß der Königin Calais nicht übergeben wollte.«
    Bei dem Namen Woodville merkte ich auf. »Ist er ein Verwandter von Elizabeth Woodville, Countess Maude?«, fragte ich meine Schwägerin.
    »Ihr Vater«, antwortete sie flüsternd. »Ein Ritter ohne Landbesitz, der die Witwe des Duke of Bedford heiratete, Jacquetta Prinzessin von Luxemburg.«
    Obwohl mich ein leises Unbehagen überkam, nickte ich und lauschte weiter Warwicks Ansprache.
    »… seit Monaten keine Löhne an die Soldaten bezahlt, und die Festungsanlagen von Calais waren in einem schrecklichen Zustand«, sagte Warwick. »Zu jener Zeit bot ich an, diese Missstände mit meinen privaten Mitteln zu beheben. Und das tat ich! Ich versprach, die Disziplin unter den Männern wiederherzustellen, und so geschah es! Calais ist wieder Englands wichtigste und uneinnehmbarste Garnison.« Er wartete, bis sich der Beifall gelegt hatte. »Als euer Hüter der Meere verspreche ich euch, mit Gottes Hilfe unsere nationale Schande zu rächen und Englands Ehre wiederherzustellen. Nun lade ich euch ein – ob Diener oder Ritter –, an Wein, Trunk und Geselligkeit teilzuhaben, deren Kosten ich meinem gütigen Lord Vater selbstverständlich erstatten werde!« Er wandte sich an den Earl, und alle lachten. »Heute Abend feiern wir diesen großen Triumph für York, für Kent und für England und alle Siege, die noch kommen!«
    Warwick erfüllte sein Versprechen bald. Unser verwegener Soldaten-Pirat machte dem Namen Neville Ehre und eroberte die Herzen der Engländer mit seinen Heldentaten auf hoher See. Obwohl er mit zwölf Schiffen gegen achtundzwanzig antrat, konnte er die Spanier vor der Küste von Calais schlagen und sechs feindliche Schiffe voller Waren und Schätze einnehmen. In London kam es vor lauter Freude beinahe zu einem Aufruhr, denn den wütenden Protesten der verbündeten Tuchhändler zum Trotz hatten die Günstlinge der Königin Lizenzen an ihre Anhänger ausgegeben, mit denen sie das Monopol der Tuchhändler auf Wolle umgingen. Durch sein Handeln bewies Warwick seine Sympathie mit ihnen und anderen Londoner Händlern, die von den Günstlingen der Königin seit Jahren betrogen wurden.
    In ganz England, in den Tavernen, den Schlössern, den Abteien und den Kontoren, verglich man Warwicks Sieg mit dem König Edwards III. bei der Seeschlacht von Sluys hundert Jahre früher, und überall wurde von Warwick gesprochen, den die Leuten nun »Englands Helden« nannten. Sogar jene, die bisher weder für noch gegen Lancaster Stellung bezogen hatten, fingen an, sich für die Sache Yorks auszusprechen. Doch mit dem wachsenden Zuspruch im Volk nahm auch der Neid auf die Nevilles und das Haus York bei Hofe zu.
    »Sie nennen seine Siege ›Piraterie‹«, sagte Ursula eines Tages entsetzt.
    »Nur bei Hofe, sonst nirgends«, erwiderte ich, setzte die Spindel in Bewegung und fütterte sie mit einer Hand voll Wollfasern. »London ist dem Hof gegenüber so feindselig, dass die Königin ihren Hofstaat nun dauerhaft nach Coventry und Kenilworth verlegt hat, wo man für Lancaster ist.«
    »Aber wie kann es Piraterie sein, wenn Spanien mit Frankreich verbündet ist und wir noch im Krieg mit Frankreich sind? Was ist mit der Piraterie der Königinnen-Günstlinge, die seit Jahren Händler ausrauben?«
    »Die Lancastrianer nennen es, wie sie wollen … und tun, was sie wollen.«
    »Ein unverfrorener Haufen sind die!«, murmelte Ursula erbost.
    Ich hielt mein Spinnrad an. »Ich fürchte, die Königin wird Warwicks Erfolge nicht stillschweigend hinnehmen.«
    Ich sollte recht behalten. Bald hörten wir, dass Egremont und sein Bruder, Richard Percy, aus dem Newgate-Gefängnis entkommen waren und die Königin ihnen bei Hof Zuflucht gewährte. Gleich darauf erreichten uns beunruhigende Berichte über die Maßnahmen, die Marguerite gegen das Haus York zu ergreifen plante. Im ganzen Lande wurden Ämter, ob hohe oder niedere, vom Oberkammerherrn bis hin zu Sheriffs oder Richtern, jenen genommen, deren Loyalität zu Lancaster infrage stand, und mit

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