Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
brüllte er und schaute sich in der Halle um. »Hier kommt die Hochzeitsgesellschaft, wie geschaffen für einen Hinterhalt! Kommt, spielt mit! Edward und ich sind bereit, euch abzuschlachten wie die Schweine, die ihr seid …« Er schnappte sich eine Flasche, die er hinter seinen Gürtel gesteckt hatte, schwang sie wie ein Schwert und grunzte dazu.
Edward nahm ihm die Flasche weg. »Zu gut für Percys«, lallte er und trank einen Schluck. »Schlachten wir sie lieber mit saurerem Zeug!« Grölend vor Lachen, torkelten die beiden Cousins nach draußen.
Weitere Süßspeisen, mehr Wein und mehr Musik folgten uns hinaus in den Hof, wo sich uns eine Menge feiernder Bauern zugesellte. Violett versank die Sonne am Horizont, und Vögel jubilierten. Während sich einige der Feiernden Fackeln griffen, bugsierten uns andere zu zwei Stühlen, unter denen vorn und hinten lange Stangen herausragten. Auf ihnen hievten sie uns hoch auf ihre Schultern und trugen uns in einer langen Prozession durch die erleuchteten Gärten, schmale, gewundene Pfade entlang über Wiesen im Dämmerlicht, auf denen Grillen zirpten, vorbei an dunklen Lärchen- und Kiefernwäldchen zum Braut-Cottage. Die Feiernden sangen und tanzten so ausgelassen, dass sie uns häufiger umzukippen drohten, doch wir waren viel zu glücklich und beschwipst, als dass wir uns deshalb sorgten. Wir lachten nur umso lauter.
Am Brautgemach angekommen, segnete Bischof George das Cottage vom Strohdach bis zum Holzfußboden, vom Kamin bis zum Ehebett mit Seidenlaken, Daunenkissen und Daunendecken. Nach einem letzten Segen ließ er uns beim offenen Fenster des Schlafgemachs stehen, wo wir den davonziehenden Feiernden nachwinkten. Sie hatten ihre Fackeln in die Erde gesteckt und verschwanden in der Dunkelheit. In der Ferne verklang ihr Gelächter, sodass nichts als das Rauschen des Wasserfalls und dessen Glitzern im Fackelschein blieb.
Wir waren allein.
John nahm behutsam den Goldreif meines Schleiers ab und legte ihn beiseite. Aus meinem Haar, das mir nun offen über die Schultern fiel, regneten weiße Rosenblüten. John wand sich eine Locke um seine Finger und presste sie an die Lippen. Zaghaft lehnte ich mich in seine Arme und hob ihm meinen Mund zum Kuss entgegen. Doch plötzlich drückte er mich an sich und fing meine Lippen zu einem solch leidenschaftlichen Kuss ein, dass mich ein Verlangen so heiß wie die tänzelnden Flammen im Kamin durchfuhr. Ohne mich loszulassen, öffnete er die Schnalle des schmalen Goldreifs, der mein Gewand hielt. Er zupfte an meinen Ärmeln, und das Kleid glitt von meinem Körper. Dann löste er unsere Umarmung, zog sein Wams und das Hemd aus und warf beides zur Seite. Ich beobachtete, wie er Stiefel und Hose abstreifte.
Schließlich legte ich mein Leinenhemd ab. Beschienen vom Feuerschein und dem hellen Mondlicht, das durchs Fenster ins Cottage fiel, standen wir am Fußende des Bettes und betrachteten einander ohne jede Scham. Johns Augen waren dunkler, als ich sie jemals gesehen hatte. Seine Küsse streiften meine Wange, meinen Hals, meine Schultern, und ich erwiderte jeden mit gleicher Begierde. Das Herz hämmerte mir in der Brust. Ich schlang die Arme um John, und er trug mich zum Bett, als wöge ich nichts. Ich fühlte seinen unregelmäßigen Atem an meiner Wange, sein hartes Glied an mir. Es schien mir, als gäbe es auf der Welt nur noch Feuer und Innigkeit, sowie sich unsere Körper in Liebe vereinten – für immer.
»Mein Weib«, murmelte er, als er von Leidenschaft ermattet war.
»Liebster Gemahl … liebster, liebster …«
»Nichts soll uns je trennen, Isobel, mein Engel«, flüsterte er mit belegter Stimme.
»Nichts«, pflichtete ich ihm bei, schwindlig vor Verzücken. »Nichts, John.«
11
J ULI 1457
Drei berauschende Monate verbrachten John und ich zusammen. Die Welt um uns herum nahmen wir kaum wahr, bis die Ereignisse im Juli unseren Kokon des süßen Glücks zerrissen.
John war seit über einer Woche mit seinem Vater und seinem Bruder Thomas in der Küstenstadt Whitby, um Warwick zu treffen, der von Calais herübergesegelt kam. Ich erwartete John sehnsüchtig zurück, und als der Salisbury-Herold in der Ferne ins Horn stieß, verließ ich sofort die Spinner, die ich beaufsichtigt hatte, und lief hinauf zum Erkerturm. Maude und die Countess kamen ebenfalls nach oben, und zahlreiche Bedienstete des Haushalts folgten ihnen. Wir standen zusammen, reckten den Hals und blickten zu den grünen Wiesen, die sich bis zum Horizont
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