Die Herrin von Avalon
Einwände, denn ihre Hände glitten so fieberhaft über seinen Körper wie die seinen über ihren. Der kleine Teil ihres Bewußtseins, der noch nicht von der Leidenschaft überwältigt war, stellte belustigt fest, daß sie so unbeholfen war wie eine Jungfrau. Aber sie hatte nur bei den rituellen Vereinigungen mit einem Mann zusammengelegen und nie über längere Zeit einen Liebhaber gehabt. Sie überlegte, wie ihre Vereinigung überhaupt stattfinden sollte. In dem Raum befand sich kein Bett.
Carausius bedeckte sie mit Küssen, und sie überließ sich ihm. Ihr Körper öffnete sich wie der Fluß, der in das Meer mündet. Er hob sie hoch und legte sie auf den Kartentisch. Dierna lachte leise, denn blitzartig begriff sie die tiefere Bedeutung. Die Göttin segnete selbst diese wilde Leidenschaft, denn die Hohepriesterin und der Kaiser von Britannien vollzogen ungeplant schließlich doch noch das Große Ritual.
Fürst Eiddin Mynoc hatte seine Stadt mit hohen und dicken Mauern umgeben. Teleri konnte den ganzen Tag lang durch die Stadt laufen, ohne das Meer zu sehen. Seit sie aus Aquae Sulis hierhergekommen war, verbrachte sie viel Zeit mit Laufen - zum Leidwesen ihrer Kammerfrauen. Aber nach dem überraschenden Besuch Diernas bei ihrem Vater fand sie keine Ruhe mehr.
Manchmal dachte Teleri darüber nach, was die Hohepriesterin ihr hatte sagen wollen. Teleri hatte es abgelehnt, sie zu sehen, da sie fürchtete, Dierna werde versuchen, sie dazu zu bewegen, nach Avalon oder zu ihrem Mann zurückzukehren. Doch Dierna verbrachte viele Stunden im Gespräch mit dem Fürsten. Vielleicht hatte sie nur wenig Hoffnung auf eine Aussöhnung mit Teleri gehabt ...
Die Herrin von Avalon war jedenfalls wieder abgereist, und Teleris Brüder und ihre Freunde übten von morgens bis abends Reitereimanöver. Sie lernten voll Begeisterung, ihr Geschick als Jäger auf einem Schlachtfeld zum Einsatz zu bringen. Bald würden auch sie davonziehen, und dann gab es hier nichts mehr, um Teleri an Carausius und seinen Krieg zu erinnern.
Eine Möwe flog kreischend über sie hinweg. Sie zuckte zusammen und machte schnell das Zeichen gegen Unheil.
»Herrin, du solltest nicht so abergläubisch sein«, sagte Julia, die eine Christin geworden war. »Vögel sind nicht gefährlich, nur Menschen.«
»Es sei denn, es war kein Vogel, sondern ein Trugbild des Bösen«, widersprach Beth und lachte, als Julia sich schnell bekreuzigte.
Teleri drehte sich unwillig um. Das alberne Gerede ihrer Kammerfrauen interessierte sie so wenig wie die Möwe. »Wir wollen auf den Markt gehen und Krüge und Teller kaufen!«
»Aber Herrin, wir waren doch erst vor zwei Tagen dort ... « erwiderte Julia.
»Ein Schiff mit neuer Ware ist eingetroffen«, sagte Teleri und machte sich so schnell auf den Weg, daß die anderen keine Einwände mehr vorbringen konnten.
Als sie in das Haus ihres Vaters zurückkehrten, ging die Sonne gerade im Westen unter. Die Dienerinnen trugen mit großer Vorsicht zwei dunkelbraune Töpfe mit Jagdszenen in Flachrelief. Der Kauf hatte Teleri eine Weile abgelenkt, aber inzwischen interessierte sie sich schon nicht mehr dafür. Als die Kammerfrauen fragten, was mit den Töpfen geschehen sollte, zuckte sie mit den Schultern und erwiderte, ihr sei es gleichgültig. Sie sollten sie zu den Vorräten stellen oder auf den Abfall werfen.
Sie lief in ihre Gemächer und warf sich auf eine Liege. Nach kurzer Zeit stand sie wieder auf. Sie war müde, hatte aber Angst einzuschlafen, denn in letzter Zeit quälten sie unheilvolle Träume. Sie wollte sich gerade auf die Liege setzen, als ein Haussklave an der Tür erschien und sich verneigte.
»Herrin, dein Vater bittet dich zu kommen. Der Herr Allectus ist eingetroffen!«
Teleri wurde schwarz vor den Augen. Sie glaubte, in Ohnmacht zu fallen, und umklammerte haltsuchend das geschwungene Kopfteil der Liege. Kam Allectus als Bote des Königs oder hatte er andere Gründe? Sie dachte an seinen Abschied in Corinium und an den heißen Kuß seiner Lippen auf ihrer Hand. Sie nahm das Tuch ab, das sie auf dem Markt getragen hatte, sah den Staub und warf es zur Seite.
»Sag meinen Kammerfrauen, sie sollen mir Wasser zum Waschen bringen. Julia möge mir die rosa Seidentunika und den passenden Schleier bereitlegen!«
Als Teleri bei ihrem Vater und seinem Gast im Speisesaal erschien, hatte sie äußerlich ihre Fassung wiedergefunden, aber im Innern sah es anders aus. Sie nahm schweigend Platz, und das Gespräch der beiden
Weitere Kostenlose Bücher