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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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aber das Ergebnis schien zu sein, daß die junge Frau, die sie wie eine Schwester liebte, ebenso unglücklich war wie der Mann, den sie ... achtete? Sie seufzte, denn im Augenblick wußte sie nicht genau, was sie wirklich für ihn empfand. Ihr Herz klopfte schneller, und die Gedanken überschlugen sich, während sie versuchte, sich über die mögliche Bedeutung seiner Worte klarzuwerden.
    »Ich werde natürlich zu Eiddin Mynoc gehen«, sagte sie schließlich langsam und dachte, daß vermutlich auch Teleri Trost brauchen würde. »Aber mir wäre wohler«, fügte sie hinzu, »wenn du einem anderen die Befehlsgewalt über Londinium anvertraust.«
    »Du meinst, einem Offizier mit größerer Erfahrung?« fragte Carausius. »Allectus weiß sehr wohl, daß er sich in militärischen Fragen auf den Befehlshaber der Garnison verlassen muß. Aber die Bevölkerung muß für unsere Sache gewonnen werden. Allectus hat ausgezeichnete Verbindungen und besitzt großen Einfluß bei den Kaufleuten von Londinium. Wenn überhaupt, dann wird nur er in der Lage sein, sie zu überreden, uns die Treue zu halten. Ich vertraue ihm gerade deshalb, weil er kein Offizier ist.« Er lachte leise, und es klang besorgt. »Ein altgedienter Offizier würde sich beim Anblick der Legionäre vielleicht daran erinnern, daß er einmal Diocletian Treue geschworen hat. Allectus dagegen wird Britannien niemals freiwillig den Römern überlassen.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte Dierna. »Aber ist er dir ebenso treu ergeben wie dem Land?«
    Carausius sah sie verwundert an. Eine seltsame Spannung lag plötzlich in der Luft.
    »Warum«, fragte er vorsichtig, »sollte das für dich von Bedeutung sein?«
    Dierna bewegte sich nicht. Sie fand keine Worte, um ihm auf seine Frage etwas zu erwidern.
    »Du wolltest keinen Kaiser für Britannien, sondern einen König«, fuhr er fort. »Du hast mich mit deinen Zauberkräften zu deiner Insel gelockt und mir eine königliche Braut gegeben.« Er durchbohrte sie mit seinen Blicken. »Du hast mich dazu gebracht, meinen römischen Eid zu brechen. Aber Allectus ist Britone. Er wird dich nie enttäuschen, indem er die Kleidung von Barbaren trägt und sich so unzivilisiert benimmt wie ich.«
    Sein trauriges Lächeln traf Dierna mitten ins Herz, aber sie sah in seinen Augen nicht nur Qual, sondern auch Stolz.
    »Ich bin vielleicht als Barbar geboren, Herrin, aber ich bin nicht dumm! Glaubst du, ich weiß nicht, daß ich nur ein Werkzeug in deinen Händen war?« Er blickte an ihr vorbei. »Ein Werkzeug kann zerbrechen. Wenn das geschieht, sucht man sich ein neues.« Als sie stumm den Kopf schüttelte, fragte er: »Ich soll dir glauben? Kannst du mir in die Augen sehen und mir versichern, daß du deine Bemühungen um Britannien aufgeben wirst, wenn ich im Kampf falle?«
    In ihren Augen standen plötzlich Tränen, aber Dierna konnte den Blick nicht abwenden. Er hatte eine Antwort verdient. »Nein ... « flüsterte sie schließlich. »Aber das liegt nur daran, daß die Göttin die Werkzeuge schmiedet. Vergiß nicht, auch ich bin nur ein Werkzeug in IHREN Händen ... «
    »Warum weinst du dann?« Er machte einen Schritt auf sie zu. »Dierna! Wenn wir gleichermaßen gebunden sind, dann verzichte dieses eine Mal auf den Versuch, alle Welt entsprechend deiner Vorstellung von Pflichterfüllung zu manipulieren, und sage mir die Wahrheit!«
    Die Wahrheit , dachte sie verzweifelt. Kenne ich die Wahrheit? Oder kann ich mir nur erlauben, Pflichten zu sehen? Dierna wußte es nicht, sie sah aber in seinen Augen die Antwort. »Ich weine«, flüsterte sie kaum hörbar, »weil ich dich liebe.«
    Carausius bewegte sich nicht. Die Spannung fiel plötzlich von ihm ab, und die Aura der Macht, die ihn umgab und ihn immer größer erscheinen ließ als alle anderen Menschen, stellte sich wieder ein. Er ging zur Tür, gab der Wache draußen einen Befehl, dann kam er zu ihr zurück.
    »Dierna ... « sagte er, und es klang zärtlich. Ihr Herz begann heftig zu schlagen. Er faßte sie an den Schultern und beugte sich über sie wie ein Verdurstender über eine Quelle. Zuerst berührte er sanft ihre Lippen, aber dann küßte er sie leidenschaftlich. Sie seufzte und schloß die Augen. Als er spürte, wie sie sich ihm überließ, drückte er sie fest an sich. Dierna zitterte, denn plötzlich wurde ihr in aller Klarheit bewußt, was sie für ihn empfand. Seine Leidenschaft war auch ihre.
    Er löste sich von ihr und nahm ihr den Umhang ab. Dierna erhob keine

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