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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Dingen, die sie aus Durovernum mitgebracht hatte, gehörte eine Tasche mit allem, was sie zum Heilen benötigte. Im Augenblick wünschte sie sich nichts anderes, als Vortimer helfen zu können.
    Bis sie die Sieger erreichte, hatten sich die Britonen bereits in die Festung Rutupiae zurückgezogen. Selbst jetzt war Vortimer so sehr davon in Anspruch genommen, Befehle zu erteilen, daß sie nicht sofort zu ihm konnte. Deshalb half sie anderen Männern, die weit schwerer verwundet waren als er.
    Viviane hatte das Gefühl, daß dieser Ort von der Last der Vergangenheit geprägt war. Hengist hatte nicht zufällig Tanatus zu seiner Hochburg gemacht. Es war das Tor zu Britannien. Rutupiae war aus dem Feldlager entstanden, das den ersten römischen Brückenkopf schützte. Es entwickelte sich zum wichtigsten Hafen an der Küste. Das große Denkmal, dessen Ruinen als Fundament für den Signalturm gedient hatten, war errichtet worden, um diese Festung zu verherrlichen. Inzwischen hatte sich der Handel nach Clausentum oder Dubris verlagert. Doch vor hundert Jahren hatte man die Mauern und Gräben von Rutupiae neu aufgebaut, um die Zahl der Festungen am sächsischen Ufer zu vergrößern. Heute noch befanden sie sich in gutem Zustand.
    Es war Nacht geworden, bevor Vortimer sich schließlich Ruhe gönnte und Viviane zu ihm gehen konnte. Jemand hatte den Weinkeller der Festung entdeckt, und die britonischen Führer tranken lautstark auf den Sieg.
    »Hast du gesehen, wie sie gerannt sind! Geheult haben sie wie die Wölfe, gerannt sind sie wie Feiglinge, und beim Hineinklettern in ihre Schiffe sind sie ertrunken wie Ratten!«
    »Ja, aber sie haben viele von unseren Männern getötet!« meinte ein anderer. »Wir werden sie in einem Lied zu Helden machen, um diesen Tag nie zu vergessen!«
    Viviane runzelte die Stirn. Sie wußte, daß Vortimer nicht nur einige seiner Befehlshaber, sondern viele einfache Soldaten verloren hatte. Vielleicht blickte er deshalb so traurig in die Flammen. Eigentlich hatte er allen Grund zur Freude. Hengist war geflohen und hatte ihnen das Feld überlassen. Es war ein denkwürdiger Sieg.
    Ruhig trat sie an seine Seite.
    »Mein Herr hat sich um alle anderen gekümmert. Es ist Zeit, daß seine Wunde versorgt wird.«
    »Es ist nur eine Quetschung, andere sind sehr viel schlimmer dran als ich.«
    Es überraschte sie kaum, daß er sie bei dem schwachen Licht nicht erkannte. Wie sollte er sie in der weiten Tunika eines Küchenjungen und in der mit Blut bespritzten Hose vermuten? »Ich habe getan, was ich konnte, um ihnen zu helfen. Jetzt ist die Reihe an dir. Laß mich sehen.« Sie kniete vor ihn nieder, senkte den Kopf mit den kurzen Haaren und legte die Hand auf sein Knie.
    Vielleicht war die Berührung ein vertrautes Zeichen, denn er richtete sich verwirrt auf und blickte unsicher auf sie hinunter.
    »Du bist so jung. Hast du genug Erfahrung, um zu wissen ... «
    Er verstummte, als sie lächelnd den Kopf hob.
    »Zweifelst du an meiner Erfahrung, mein Prinz?«
    »Viviane!«
    Er zuckte zusammen, als sie, ohne zu warten, die offene Wunde an seinem Oberschenkel mit einer blutstillenden Tinktur zu betupfen begann.
    »Große Göttin!« Sie lachte nicht mehr. Kopfschüttelnd stand sie auf. »Wenn du keinen Raum findest, wo ich die Wunde ungestört behandeln kann, ziehe ich dir hier die Hose aus, und alle deine Männer werden Zeugen sein, wie du schwach wirst.«
    Er verzog halb lachend, halb schmerzverzerrt das Gesicht, als er sich langsam erhob. Es gelang ihm jedoch, nicht zu hinken, als er sie in die Räume des Tribuns führte, der zu den gefallenen Befehlshabern dieses Tages gehörte.
    Viviane tränkte vorsichtig den Stoff der Hose mit Wasser, bis das getrocknete Blut aufweichte, um sie ihm auszuziehen. Dann begann sie, die Wunde zu säubern.
    Vortimer lag auf der Seite und lenkte sich von den Schmerzen ab, indem er all die Gründe aufzählte, die es in seinen Augen unverantwortlich machten, daß sie ihm in die Schlacht gefolgt war.
    Wenn ich einer seiner Soldaten wäre , dachte sie, würde er mich hinrichten lassen .
    Durch die Erfahrung im Umgang mit ihrer Mutter hatte Viviane jedoch hervorragende Fähigkeiten entwickelt, klug und gelassen zu schweigen. Wenn Ana in Zorn geriet, konnten ihre Worte töten. Aber seine Vorwürfe hatten nicht die Kraft, sie zu verletzen. Sie wußte, er war nicht wütend auf sie, sondern nur besorgt, weil er sie liebte.
    »Es stimmt, wenn ich deine Frau wäre, hättest du mir befehlen

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