Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
sie im Bett und lauschte auf die Stille.
    Plötzlich erinnerte sie sich daran, daß sie Priesterin war. Wozu hatte sie die viele Zeit damit verbracht, das geheime Wissen zu lernen, wenn sie es nicht zum Schutz des Mannes benutzen konnte, den sie liebte?
    Die Sonne stand noch nicht hoch am Himmel, als Viviane bereits unterwegs war. Sie hatte keine Schwierigkeiten. Größere Sicherheit als im Rücken einer marschierenden Armee fand man nirgends, solange man seine Verpflegung bei sich hatte. Aus Vorsicht hatte sie sich von einem der Gärtner eine Männertunika geben lassen und sich die Haare abgeschnitten. Nach den vielen Jahren in Avalon war sie kurzes Haar gewöhnt. Wenn sie später wie eine ehrbare Frau aussehen mußte, konnte sie es jederzeit unter einem Schleier verbergen.
    Selbst ihr Reittier, ein häßlicher, bösartiger Wallach, stellte für niemanden eine erstrebenswerte Beute dar. Man hatte ihn für zu langsam befunden, um darauf in den Kampf zu reiten. Doch nachdem Viviane ihn so weit gebracht hatte, daß er sich in Bewegung setzte, kamen sie in seiner harten Gangart gut vorwärts. Sie übernachtete in Sichtweite von Vortimers Lagerfeuern und schloß sich am nächsten Tag als Küchenjunge den Lagerköchen an, ohne daß jemand sie erkannte oder Verdacht schöpfte.
    Am dritten Tag stieß die britische Vorhut auf einen Trupp Sachsen und lieferte sich mit ihm ein kurzes Scharmützel. Hengist wollte sich in seine alte Festung auf Tanatus zurückziehen. Vortimer hoffte, ihm den Weg abzuschneiden und ihn vernichtend zu schlagen, bevor es den Sachsen gelang, den Kanal zu der Insel zu überqueren. Deshalb rückten sie nach Osten vor und marschierten, so schnell sie konnten.
    Am Abend hatten sie nur zögernd das Lager aufgeschlagen, denn sie wußten, daß der Feind vielleicht weiterzog. Aber nur verzweifelte Menschen tun Dinge, die über ihre Kräfte gehen und gegen alle Vernunft sind. Wenn die Britonen ihre Reiterei nicht gefährden wollten, dann mußten die Pferde ausruhen.
    Viviane fror in der feuchten Meeresluft, denn ihr Weg führte sie am Mündungsgebiet der Themse entlang. Sie wünschte, sie läge in Vortimers Armen. Aber es war besser, wenn er glaubte, sie sei in Durovernum in Sicherheit. Sie machte sich ihr Lager auf einer kleinen Anhöhe, von der sie auf das Lederzelt blicken konnte, in dem er lag.
    In der Dunkelheit rief sie die Götter Britanniens an und bat sie, seinen Körper zu schützen und seinen Arm zu stärken. Die Britonen erhoben sich in der Morgendämmerung. Als die Sonne aufging, waren die Krieger bereits unterwegs. Die Proviantwagen folgten, so gut und so schnell sie konnten. Viviane verwünschte den langsamen Klepper, denn ihre Verbindung zu Vortimer war so stark geworden, daß sie es wußte, als seine Truppen mit dem Feind zusammenstießen.
    Sie hörten die Schlacht, bevor sie etwas davon sahen. Die Ohren der Pferde zuckten, als der Wind sich drehte und den Lärm herbeitrug. Es klang wie das Tosen des fernen Meeres. Doch das nächste Gewässer war der Kanal, der Tanatus vom übrigen Cantium trennte. Er war so schmal, daß es dort keine hohen Wellen gab. Was sie hörten, war der Lärm kämpfender Männer. Die beiden Heere waren auf der Ebene vor dem Kanal aufeinandergetroffen. Hinter ihnen erhob sich die dem Meer abgewandte Festung Rutupiae. In dieser Jahreszeit waren die Sumpfwiesen trocken. Ein dünner Staubschleier hing in der Luft. Am Himmel kreisten Krähen und krächzten unheilvoll.
    Die Wagen hielten an. Die Kutscher beobachteten die Schlacht. Sie wiesen mit den Fingern, wenn sie glaubten, einen Vorteil ihrer Truppen zu erkennen. Viviane ritt ein kleines Stück voraus und bemühte sich, etwas zu sehen. Der erste Angriff mußte den Schildwall der Sachsen durchbrochen haben. Die Schlachtordnung hatte sich in Gruppen kämpfender Männer aufgelöst. Von Zeit zu Zeit schlossen sich ein paar Reiter zusammen und griffen vereint einen größeren Trupp Feinde an. Auch verstreute Sachsen sammelten sich und versuchten, die Reihen wieder zu schließen. In dem Durcheinander war es unmöglich, auch nur zu erraten, welche Seite schließlich die Oberhand behalten würde.
    Viviane war von dem Kampf so gepackt, daß sie nicht darauf achtete, als die Männer hinter ihr zu rufen begannen. Erst als eine bärtige Gestalt in die Zügel ihres Pferdes griff, erkannte sie, daß sich ein Trupp Sachsen vom Kampf zurückgezogen hatte und auf den Pferden der Versorgungswagen fliehen wollte. Der Wallach rettete sie

Weitere Kostenlose Bücher