Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra
hatte. Zu ihrer Erleichterung atmete er noch. Der Rauch war nicht tödlich.
»Kommt Ihr nicht mit?«, fragte Graxen.
»Erst, wenn ich das Gift neutralisiert habe«, sagte Jandra. »Er wird uns eine große Hilfe sein, wenn ich ihn wiederbeleben kann.«
»Wenn Ihr Vendevorex’ Heilfähigkeiten besitzt, rettet bitte Nadala«, sagte Graxen und beugte sich über den Körper einer ungerüsteten Walküre.
»Ich tue, was ich kann«, sagte Jandra, als Visionen von Molekülen vor ihren Augen tanzten. Ohne abgelenkt zu werden würde sie besser arbeiten können. »Sie ist bei mir in Sicherheit. Geht!«
Sie winkte ihn weg, als sie sich wieder Hex widmete. Graxen rannte die Stufen hoch. Das Klacken seiner Krallen ging im Lärm unter, als unsichtbare Zahnräder in den Wänden zu rattern und zu knirschen begannen.
Arifiel hielt auf den Sonnendrachen zu, der hinter der Gruppe hertrödelte. Sie legte die Flügel an und überließ sich dem freien Fall, wobei sie wie eine Schlange wogte, die unter Wasser schwamm, während sie ihrem Ziel entgegenraste. Die tätowierte Frau auf dem Sonnendrachen sah sie und zog die Zügel an, um den Drachenkopf nach oben zu lenken, aber das riesige Tier konnte unmöglich rasch genug reagieren. Arifiel zielte auf den linken Flügel des Drachen, eine massive Schicht aus gefiedertem Fleisch. Als der Drache einen abwärtsgeführten Schlag parierte, streckte sie ihre Hinterklauen aus. Ihre Krallen
gruben sich mit einem befriedigenden Ruck in seine Haut und rissen lange, parallel verlaufende Fetzen von seinem Flügel. Der Sonnendrache verharrte einen Moment und verlor an Geschwindigkeit, womit die Bewegung an einen Punkt geriet, in dem das Fliegen in Fallen überging. Arifiel trat zu und riss den letzten Streifen weg, während sie sich von ihm abstieß. Der Sonnendrache reckte den Hals in ihre Richtung. Arifiel sah den Ausdruck des Entsetzens und der Verwirrung in seinen Augen.
Dann, ohne Vorwarnung, drückte die Reiterin des Drachen den Blasebalg ein letztes Mal, und ein weißer Flammenstrahl schoss auf sie zu. Arifiel wirbelte herum und brachte sich vor dem schlimmsten Teil der Flamme in Sicherheit, aber ein paar Becher von der Flüssigkeit ergossen sich über ihre Schultern. Sie verkrampfte sich vor Schmerz und stürzte den gleichen Weg nach unten wie der verletzte Sonnendrache. Sie kämpfte darum, die Kontrolle über ihre Gliedmaßen zurückzuerlangen, aber jede Bewegung bereitete unendliche Qualen, als die flüssige Flamme über ihre Schuppen lief.
Der Sonnendrache kam hundert Fuß unter ihr im Wasser auf und verursachte einen riesigen Kreis von Wellen. Kühlende Tropfen spritzten gegen ihr Gesicht. Ein Schrei entrang sich ihrer Kehle, als sie ihre verletzten Schultern zwang, ihrem Willen zu gehorchen. Sie lenkte den Sturzflug ab und schoss mit halsbrecherischer Geschwindigkeit über den See.
Dann sah sie zu den verbleibenden Sonnendrachen hoch. Weitere Walküren griffen sie an, und erneut wurde die Nacht von einem Netz aus Flammen erhellt. Sie musste in den Kampf zurück, egal, wie schlimm ihre Verletzungen auch waren. Sie brauchte eine Waffe. Wenn sie nur in den Hauptturm zurückkehren und ihren Speer holen könnte. Sie fragte sich, ob Spatz es wohl bis zur Schalttafel geschafft hatte.
In diesem Moment rumpelte die Insel, und die Gitter hoben
sich langsam. Arifiel versuchte, sich auf ihren Auftrag zu konzentrieren und die Schreie der sterbenden Walküren über sich zu ignorieren. Verbrannte Federschuppen schwebten durch die Luft und erfüllten die Nacht mit ihrem Gestank. Sie flog nur wenige Zoll an den Spitzen und Stacheln vorbei, die das Nest spickten, bis sie den Turm erreichte. Durch bloße Willenskraft schlug sie mit den Flügeln und schoss die steinerne Oberfläche entlang nach oben, bis sie den Glockenraum fand. Drinnen angekommen, umging sie die Leichen der von Spatz getöteten Mädchen. Spatz hatte kurzen Prozess mit ihnen gemacht, das war offensichtlich, und sie hatte offenbar kein Problem gehabt, den Schaltraum zu erreichen. Arifiel konnte jetzt nicht weniger leisten. Sie holte sich ihren Speer zurück und stützte sich darauf. Schwindel breitete sich in ihrem Kopf aus. Blut trat aus dem verkohlten Fleisch und lief ihre Schultern hinab. Die Geräusche der Kämpfe klangen im Vergleich zu ihren mühsamen Atemzügen schwach und weit weg. Sie hatte das große Bedürfnis, sich einfach hinzulegen und sich auszuruhen.
»Du wirst nicht auf diese Weise sterben«, flüsterte sie. »Geh
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