Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra
ihm irgendwelches Unbehagen verursachte. Die metallenen Flügel hielten den Engel oben, und geschmeidig lenkte er sich durch die Luft auf seinen nächsten Gegner zu.
Gabriel zog sein Schwert zurück, um auf einen Sonnendrachen einzuschlagen, der direkt auf ihn heruntergewirbelt kam. Sein entscheidender Hieb brachte das Schwert bis zum Heft in den offenen Mund des Drachen hinein. Unglücklicherweise dauerte es etwas, bis das große Tier begriff, dass es tot war, und so schlossen sich seine Kiefer um die Schulter des Engels. Die schiere Wucht seiner Masse beförderte Gabriel nach vorn, und sie flogen noch einhundert Fuß weit, als sein Körper von den Todeszuckungen ergriffen wurde. Der Drache begann zu fallen, aber er ließ Gabriel nicht los. Der Engel wurde von dem abstürzenden Drachen durch die Luft gewirbelt, fiel eine Viertelmeile tief nach unten, ehe beide im Wasser des Sees verschwanden.
Graxen löste sich vom Fenster mit einem Sprung nach draußen. Weniger als zwanzig Himmelsdrachen kümmerten sich jetzt um die verbleibenden fünf Sonnendrachen. Falls es diesen Sonnendrachen gelang, die Sperre aus Himmelsdrachen zu überwinden, spielte es keine Rolle mehr, dass Blasphet und seine Kultanhänger sich auf dem Rückzug befanden. Die Sonnendrachen konnten das Nest von innen mit Feuer ausweiden, wenn man sie nicht daran hinderte. Blasphet konnte immer noch siegen.
Graxen suchte das Seeufer nach irgendwelchen Hinweisen auf eine Waffe ab. Er fand einen Speer, der aufrecht auf einem nahen Balkon steckte. Er schwebte herunter und versuchte, ihn im Flug mitzunehmen. Leider hatte sich die Spitze so
fest in den Stein gebohrt, dass er den Speer gleich wieder aus den Klauen verlor, als er ihn losmachte. Er hörte, wie er hinter ihm klappernd gegen das Balkongeländer prallte, und ließ sich auf dem Geländer nieder. Als er auf den Boden blickte, sah er zu seiner Überraschung eine Walküre in den Schatten liegen.
»Arifiel?«, fragte er.
»Graxen?«, antwortete sie. Ihre Stimme zitterte, als würde sie beben.
»Ich brauche deinen Speer, Walküre«, sagte Graxen und nahm die Waffe auf. »Ich verspreche dir, ich werde ihn gut benutzen. «
»Wieso bist du hier, G-Graxen?«, flüsterte Arifiel. »Ist das hier d-deine Schuld?«
Graxen schluckte schwer. War das hier seine Schuld? Hatte sein dummes Verlangen ihn zu einem Instrument des Todes gemacht? Er schreckte instinktiv vor diesem Gedankengang zurück. Er konnte nur in Verzweiflung enden, und Verzweiflung war ein Luxus, den er sich in diesem Moment nicht leisten konnte.
Er nahm die Tasche ab, die er stets über der Schulter trug. Sie würde ihn jetzt nur beschweren. Darin befand sich immer noch der perlenbesetzte Gürtel, den er Nadala hatte geben wollen. Es kam ihm so vor, als würden immer irgendwelche Umstände verhindern, dass er ihr das Geschenk gab. Er legte die Tasche neben Arifiel.
»Wenn du überlebst und ich nicht«, sagte Graxen, »gib bitte Nadala diese Tasche und sag ihr, dass ich sie liebe.«
»L-Liebe ist hier nicht von Bedeutung«, sagte Arifiel.
»Vielleicht ist sie nirgends von Bedeutung«, erwiderte Graxen und breitete die Flügel aus. »Sag es ihr dennoch.«
Er wartete ihre Antwort nicht ab.
Mit dem Speer in den Hinterklauen stieg er höher, um sich
dem Kampf zu stellen. Er hatte nur wenige Augenblicke Zeit, um das Schlachtfeld in der Luft zu mustern. Die Sonnendrachen waren verhältnismäßig langsam, aber die Flammenstöße glichen diesen Nachteil mehr als aus. Die Flammen konnten hundert Fuß in der Zeit eines Herzschlags zurücklegen, und die fünf Sonnendrachen flogen einander überlappende Achten. Es war unmöglich, dass sich eine Walküre näherte, ohne von einem Sonnendrachen gesehen zu werden.
Der Himmel über den Sonnendrachen war jetzt bedeckt von sich aufbauschenden grauen Rauchwolken. Nur ein schwacher Hinweis auf den Mond blinzelte durch die Wolkendecke. Graxen flog in einem großen Bogen um das Kampfgeschehen herum und hielt den Atem an wegen des Gestanks, als er durch die dunkle Wolkendecke aufstieg. Schließlich gelangte er in den Schimmer des leuchtenden Mondlichts weit über den Kämpfen. Er blickte nach unten und sah die glühenden Flammenstöße schwach durch die Wolkendecke. Er verzeichnete die Blitze auf einer Karte in seinem Kopf und berechnete sowohl Geschwindigkeit als auch Richtung eines jeden Sonnendrachen. Als der geeignete Moment gekommen war, ließ er Arifiels Speer los und ging in einen Sturzflug über, schlug
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