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Die Herrschaft Der Seanchane

Die Herrschaft Der Seanchane

Titel: Die Herrschaft Der Seanchane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Gesicht, es hätte sogar wunderschön sein können, wenn sie je aufgehört hätte auszusehen, als würde sie gleich ein Stück Holz abbeißen. Er fand nicht länger, dass sie wie ein Junge aussah -diese engen breiten Gürtel, die sie stets trug, sorgten dafür, dass man sah, welche Kurven es hier gab -, aber sie hätte genauso gut einer sein können. Es kam nur selten vor, dass er einer erwachsenen Frau begegnete, die jünger als seine Großmutter war, und sich nicht zumindest beiläufig fragte, wie es wohl wäre, mit ihr zu tanzen, sie vielleicht sogar zu küssen. Das passierte ihm sogar bei diesen hochnäsigen Vertreterinnen des seanchanischen Blutes, aber bei Tuon hatte er noch nicht einmal annähernd an so etwas gedacht. Eine Frau musste etwas haben, um das man seinen Arm legen konnte, warum sich sonst überhaupt die Mühe machen?
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Tylin so etwas besitzt«, sagte sie kühl und stellte den Speer mit der langen Klinge wieder neben seinen Bogen. »Also muss er Euch gehören. Was ist das? Wie kommt Ihr in seinen Besitz?« Dieses kalte Fordern von Informationen ließ ihn die Zähne zusammenbeißen. Das verdammte Weib hätte genauso gut einem Diener Befehle erteilen können. Licht, soweit er wusste, kannte sie nicht einmal seinen Namen! Tylin hatte erzählt, dass sie ihn seit ihrem Kaufangebot nie wieder erwähnt hatte.
    »Man nennt es einen Speer, meine Lady«, sagte er und widerstand dem Drang, sich gegen den Türrahmen zu lehnen und die Daumen in den Gürtel zu stecken. Schließlich gehörte sie dem seanchanischen Blut an. »Ich habe ihn gekauft.«
    »Ich werde Euch das Zehnfache des Preises geben, den Ihr bezahlt habt«, sagte sie. »Nennt ihn.«
    Beinahe hätte er gelacht. Er wollte es, und bestimmt nicht vor Vergnügen, so viel stand fest. Kein Würdet Ihr ihn vielleicht verkaufen, bloß ein Ich will ihn kaufen und das werde ich dafür bezahlen. »Der Preis bestand nicht aus Gold, meine Lady.« Unwillkürlich griff er nach dem schwarzen Halstuch, um sich zu vergewissern, dass es die gezackte Narbe an seinem Hals verbarg. »Nur ein Narr würde ihn einmal bezahlen, geschweige denn zehnmal.«
    Sie musterte ihn einen Augenblick lang, und ihr Gesichtsausdruck blieb unleserlich, egal wie durchsichtig der Schleier auch war. Und dann hätte er sich genauso gut auch in Luft aufgelöst haben können. Sie schoss an ihm vorbei, als wäre er nicht länger da, und rauschte aus den Gemächern.
    Das war nicht das einzige Mal, dass er sie allein antraf. Natürlich folgten ihr nicht bei jeder Gelegenheit Anath oder Selucia oder Wächter, aber er hatte den Eindruck, dass es ihm viel zu oft passierte, dass er sich entschied, wegen irgendetwas umzukehren und ihr plötzlich allein begegnete und sie ertappte, wie sie ihn musterte, oder er verließ unvermutet einen Raum und stieß vor der Tür auf sie. Mehr als nur einmal schaute er beim Verlassen des Palasts über die Schulter und sah ihr verschleiertes Gesicht aus einem Fenster blicken. Gut, es hatte nichts von einem Starren an sich. Sie sah ihn an und rauschte davon, als hätte er zu existieren aufgehört, spähte aus einem Fenster und wandte sich sofort ab, sobald er sie bemerkte. Er war wie ein Kandelaber in einem Korridor, ein Pflasterstein im Mol Hara. Aber es fing an, ihn nervös zu machen. Schließlich hatte die Frau angeboten, ihn zu kaufen. So etwas konnte einen Mann schon nervös machen.
    Doch selbst Tuon konnte das immer stärker werdende Gefühl nicht verhindern, dass die Dinge endlich in die richtigen Bahnen gelenkt wurden. Der Gholam kehrte nicht zurück, und Mat kam zu dem Schluss, dass er sich vielleicht einer leichteren ›Ernte‹ zugewandt hatte. Auf jeden Fall mied er dunkle und einsame Orte, wo das Ungeheuer eine Chance hatte, ihn zu erwischen. Sein Medaillon war eine schöne Sache, aber eine ordentliche Menschenmenge war besser. Bei seinem letzten Besuch bei Aludra hatte sie beinahe etwas verraten - davon war er überzeugt -, bevor sie die Beherrschung wiederfand und ihn hastig hinauswarf. Es gab nichts, das einem eine Frau nicht sagen würde, wenn man sie lange genug küsste. Er hielt sich von der Wanderin fern, um Tylins Verdacht nicht zu erregen, aber Nerim und Lopin brachten heimlich seine eigenen Kleidungsstücke in den Keller des Gasthauses. Stück für Stück wanderte der Inhalt der mit Eisenbän- dem beschlagenen Kiste unter Tylins Bett über den Mol Hara in den verborgenen Hohlraum unter der Gasthausküche.
    Jedoch

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