Die Herzensdiebin
Häuser Fitzwilliam und Benjamin, dann Bradley Benjamins altmodische Abneigung gegenüber erfolgreichen Frauen wie etwa Devlins Mutter und vor allem Bradley Benjamins glühender, ungemilderter Hass auf ein außereheliches Kind. Einen Bastard.
Wie Devlin einer war.
Bradley verachtete ihn. Und warum?
Weil Devlin den alten Bradley an dessen weidlich in den Zeitungen ausgeschlachtete Niederlage erinnerte und an die Demütigung, die er von da an nicht mehr losgeworden war.
Als sich dann die Gelegenheit ergab, Rache zu üben, hatte Devlin Waldemar House erworben und durch den Kauf die alte Bastion der Benjamin'schen Überlegenheit erstürmt. Besser noch — die schiere Dummheit und unglaubliche Inkompetenz von Benjamins eigenem Sohn war der eigentliche Grund dafür gewesen, dass Devlin überhaupt in der Lage war, das Familienhaus zu erwerben. Und was für ein herrlicher, köstlicher Schuss warmer Schadenfreude auf der kalten Platte der Rache: Anstatt selbst in dem Haus zu wohnen, was Devlin zuwider gewesen wäre, hatte er das große alte Herrenhaus in ein teures Hotel umgewandelt.
So etwas machten Bastarde eben.
Er schaute mit einem Lächeln auf Meadow hinab, doch ein freudloser Zug lag um seinen Mund.
Vor ihm, schlafend im Bett, lag noch eine weitere und sehr viel bessere Möglichkeit, sich zu rächen.
Würde Bradley Benjamin Isabelles Enkeltochter wiedererkennen?
Vielleicht.
Würde er warten und sich vor Furcht ducken, wenn jeder in Amelia Shores sie erkannte und somit die alten Gerüchte wieder aufs Neue begannen?
Ganz gewiss.
Würde es ihn stören, dass Devlin sie geheiratet hatte?
Ja, wahrscheinlich.
Bradley Benjamin hasste Isabelle, aber einst gehörte sie ihm, und wenn Devlin und Bradley eines gemeinsam hatten, dann die Eigenart, wie besessen an dem eigenen Besitz festzuhalten. Bradley würde die Vorstellung hassen, die Enkelin seiner früheren Frau in den Klauen eines Bastards der Fitzwilliam-Sippe zu wissen.
Devlin berührte Meadow am Hals und sah, wie dunkel sich seine gebräunte Hand neben ihrer hellen, sommersprossigen Haut ausnahm.
Bradley könnte es bestimmt nicht ertragen, wenn Devlin und Meadow sich in den Laken wanden.
Und das Beste an der ganzen Sache war noch, dass das ganze Manöver Devlin nichts kostete.
Nun ... abgesehen von den Nachforschungen, die er bezüglich Meadows Leben würde anstellen müssen.
Er wusste nicht genau, wer sie war — den Gerüchten zufolge gab es sie nicht —, aber sobald sein Detektiv mit ihr fertig wäre, wüsste Devlin Bescheid, wie alt sie war, was sie bei ihrer Geburt wog und wie die Männer hießen, mit denen sie je etwas hatte.
Er nahm Meadows Handy und klappte es auf.
Sofort suchte es den nächsten Empfang.
Natürlich.
Er suchte die Liste ihrer letzten Anrufer.
Nichts.
Er suchte nach den Nummern, die sie zuletzt gewählt hatte.
Wieder nichts.
Das kluge Mädchen hatte ihrem Handy das Gedächtnis geraubt, ehe sie hier bei ihm eingebrochen war.
Streng genommen war sie gar nicht eingebrochen. Irgendwie war es ihr gelungen, die Tür aufzubekommen. Die Kameras hatten ihren Trick nicht aufgezeichnet, aber mit irgendeinem Kniff hatte sie den Sicherheitschip in dem großen, altmodischen Schloss überwunden. Okay, die Bewegungssensoren hatten sie erfasst, als sie durch das Foyer geschlichen war, und hatten den stillen Alarm ausgelöst. Aber immer noch wollte er gern wissen — vielmehr sein Sicherheitsmann —, wie sie das angestellt hatte.
In einem plötzlichen Glauben an übernatürliche Vorgänge, was eigentlich überhaupt nicht zu ihm passte, fragte er sich, ob es nicht sogar möglich war, dass das alte Haus einfach wusste , dass sie hierher gehörte.
Aber es kümmerte ihn nicht, ob sie nun hierher gehörte oder nicht. Er würde all ihre Geheimnisse lüften und währenddessen das von Bradley Benjamin einfordern, was ihm zustand.
Devlin hatte immer das Glück gehabt, das man für gewöhnlich den Iren nachsagte.
Meadow bewies, dass ihm dies noch nicht abhandengekommen war.
4
Meadow erwachte, als Sonnenstrahlen ihre Lider berührten, und spürte, dass ihr alter Optimismus zurückkehrte — aber da lag noch jemand bei ihr im Bett. Hinter ihr, dicht an sie geschmiegt.
Ein Mann. Ganz sicher war es ein Mann. Und definitiv der Mann, der sie die ganze Nacht über jede Stunde aus dem Schlaf gerissen hatte.
Kein Wunder, dass sie optimistisch war.
Sie drehte sich um und sah in Devlins markantes Gesicht, in dem kein Lächeln lag. »Guten Morgen,
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