Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
seinem Blut den Teppich beschmutzt.”
Sie ließ ihren Blick über die restlichen Anwesenden gleiten. “Arno, Henri? Habt ihr auch vor, mir anzubieten, meinen Gemahl zu ermorden?”
“Wenn Ihr es möchtet”, antwortete Arno.
Nur Henri schüttelte langsam den Kopf.
“Ich werde nicht so tief sinken, dass ich Morde begehe”, erklärte Camille. “Ist Vilmos drinnen?” Sie deutete auf die Tür zu Michels Schlafgemach.
“Ja, Madame. Und Marrine, die rothaarige Konkubine. Sie hat Vilmos geholfen. Die beiden warten auf Euch.”
Camille straffte entschlossen die Schultern. “Ich werde allein hineingehen.”
“Camille …”
“Nein, Henri.” Dann überlegte sie es sich anders. “Nein. Du kommst mit mir.” Sie wollte, dass er es miterlebte. Wollte, dass er erfuhr, was für ein Mensch Michel war, und dadurch vielleicht verstand, wie sie zu der Frau geworden war, die sie jetzt war.
“Madame la …”, begann Kaspar.
“Du wartest hier”, befahl ihm Camille. “Henri?”
Direkt neben dem Empfangszimmer lag ein winziger Raum, der für einen Kammerdiener gedacht war. Camille stieß die Tür auf und fand dort Marrine vor, die im Schneidersitz auf dem schmalen Bett saß. Sie sah anders aus als bei Camilles letzter Begegnung mit ihr in dem Kellerraum; ihre Haare waren fest geflochten, und sie trug ein zu großes Hemd über einem langen Rock und festen Stiefeln. Quer über ihrem Schoß lag eine Muskete. Im selben Moment, in dem Camille eintrat, legte sie die Waffe beiseite, sprang auf und knickste. “Madame la Duchesse.” Sie schaute nicht auf, und es kam Camille vor, als bemühte sie sich, den Anschein zu erwecken, sie wären einander noch nie begegnet. Und so war es ja auch; sie hatte nur von der anderen Seite des Zimmers aus zugesehen, wie Marrine gefickt wurde. Damals hatte sie keine Ahnung gehabt, wie die junge Frau sich in dieser Situation gefühlt hatte. Es schien, als wäre sie nicht sonderlich erbaut von der ganzen Sache gewesen, wenn man der Muskete eine Bedeutung zumaß.
“Öffne die Tür”, befahl Camille. Henri stand dicht hinter ihr, und sie genoss die Wärme seines Körpers an ihrem Rücken. Dann stand sie im Schlafzimmer des Herzogs und bemühte sich verzweifelt, Haltung zu bewahren.
Michel lehnte mit dem Rücken an der Wand, starrte ihr entgegen und verzog inmitten seines sorgfältig gelockten Barts die Lippen zu einem hochmütigen Lächeln. Über seiner maßgefertigten Kleidung trug er ein pompöses Staatsgewand in Blau und Gold; an seinen Fingern funkelten zahllose juwelenbesetzte Ringe, und er hatte sich selbst mit dem Goldreif des Herzogs gekrönt. In der Luft lag ein seltsamer, stickiger Geruch. Camille Blick zuckte zu der Wasserpfeife in der Ecke und zurück zum Herzog. Dieses Mal fielen ihr seine stecknadelkopfgroßen Pupillen auf. Er hatte sich vor Kurzem dem Drogengenuss hingegeben. Sie fragte sich, ob Vilmos ihm die Rauschmittel beschafft hatte.
Jetzt bemerkte sie Vilmos, der sich im Hintergrund hielt. Er trug nicht mehr die Livree des Herzogs, sondern ein schlichtes Hemd und ein Paar locker fallende Hosen, wie Arno sie bevorzugte. Als sie ihn ansah, senkte er den Kopf. “Madame la Duchesse.” Sie erwiderte seinen Gruß mit einem Nicken, weil sie ihrer Stimme immer noch nicht traute.
“Mich nennt er nicht mehr so, der schäbige Verräter. Nach allem, was ich für seine Familie getan habe!”
“Ihr habt die meisten von ihnen getötet”, bemerkte Vilmos starr nach vorne blickend. “Und vier der Jungen kastriert. Dasselbe hättet Ihr mir angetan, wäre ich nicht ein bisschen zu alt dafür gewesen.”
“Und zu gut bestückt”, ergänzte der Herzog. “Nun, meine Hure von Ehefrau. Ist das der Stallbursche, von dem du dich bespringen lässt? Ein armseliger Ersatz für die Hengste, nicht wahr?”
Die jahrelange Übung half ihr, keine Miene zu verziehen. Sie hoffte, Henri tat es ihr gleich. “Du hast mich verstoßen”, erinnerte sie ihn. “Nun verstoße ich dich ebenfalls.”
Der Herzog lachte. In seinem berauschten Zustand dauerte sein Lachen lange genug, um Camille Schauer über den Körper zu jagen, aber sie würde ihm ihre Gefühle nicht zeigen. Nie wieder würde sie das tun.
“Wirst du mich selbst töten?”, erkundigte sich der Herzog. “Oder wird dein Lustknabe es tun? Oder deine Sklaven ohne Eier?”
“Ich habe nicht vor, dich zu töten, Michel. Ich werde dich einfach deines Amtes entheben.”
Er rollte mit den Augäpfeln und lehnte sich träge wieder an
Weitere Kostenlose Bücher