Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
haben, und sie würde noch mehr Menschen finden, die ihr halfen. Sie würde Graf Stagiaire für die eine Aufgabe engagieren und Annette, die Hebamme, für die andere. Vilmos wäre sicher froh, wenn sie ihm eine bedeutendere Position anbot, und es gab noch einige Höflinge, die sie wahrscheinlich auf ihre Seite ziehen konnte. Während der vergangenen Wochen hatte sie bereits eine Liste gemacht. Zunächst einmal trat sie jedoch durch das Palasttor und nahm die Jubelrufe der Menschen entgegen.
25. KAPITEL
S eit der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter war Camille nicht mehr geritten, und Henri beobachtete sie nervös, als sie sich nun in den Sattel schwang. Wenigstens plagte sie sich nicht mehr mit hinderlichen Reitkostümen ab. Er war schon deshalb sehr erfreut, sie in den ledernen Reithosen zu sehen, weil das hieß, dass sie sich besser auf dem Pferd halten und leichter wieder aufsteigen konnte, falls sie abgeworfen wurde. Außerdem schmiegte sich das Leder eng an ihre aufregenden Kurven. Besorgt sah er zu, wie sie sich in Guirlandes Sattel sinken ließ und die Zügel in eine ihrer behandschuhten Hände nahm. Gleich darauf kam er sich wegen seiner völlig überflüssigen Sorgen dumm vor. Nichts hatte sich geändert. Sie wirkte, als wäre sie seit ihrer Geburt an Guirlandes Rücken festgewachsen.
Camille sah ihn an. “Möchtest du vielleicht, dass ich auf der Reitbahn ein paar Figuren reite, damit du siehst, dass ich ganz sicher auf dem Pferd sitze?”
Er fühlte, wie seine Wangen anfingen zu glühen. “Ich war nur ein kleines bisschen in Sorge.”
Camille lächelte verschmitzt, während sie die rote Mütze zurechtzog, die sie auf ihren kurz geschnittenen Haaren trug, und schob ihren Schal tiefer in den Ausschnitt ihrer zugeknöpften Jacke. “Ich vermute, das ist ein sehr geringer Preis, den ich jetzt zahle, nachdem du während Aimées Geburt weder geschrien noch dich bis zur Bewusstlosigkeit betrunken hast.”
“Ich habe keinen Tropfen getrunken!”, protestierte Henri und sorgte dafür, dass Tulipe in die Gangart fiel, die Camille mit ihrem Pferd vorgab. Während der Geburt seiner Tochter hätte er sich am liebsten so sehr betrunken, dass er nichts mehr fühlte, als sich die Stunden endlos hinzogen. Doch das wäre nicht recht gewesen, da Annette, die Hebamme, Camille sogar Wein verboten und stattdessen darauf bestanden hatte, den schlimmsten Wehenschmerz durch Bewegung, tropische Cremes und Massagen zu lindern. Wenn Camille es ertragen konnte, konnte er es auch. Nun war er froh, dass er nicht schwach geworden war. Um nichts in der Welt hätte er die Geburt seiner Tochter verpassen wollen.
Zu seiner Erleichterung ließ Camille ihr Pferd nur leicht traben. Selbst wenn sie ihre Fähigkeiten im Reiten nicht eingebüßt hatte, waren ihre Muskeln zweifellos schwächer, als sie früher gewesen waren. Es würde nötig sein, dass sie ihre Kraft langsam wieder aufbaute; insofern war es gut, dass es bis zu ihrer Reise zum Königshof, um dort Aimée vorzustellen, noch einige Monate waren.
Nach einer kurzen Strecke stellte Camille fest: “Du hast dich wunderbar um Guirlande gekümmert. Sie reagiert auf meine bloßen Gedanken.”
Henri grinste. “Sie ist das beste Pferd, das ich jemals geritten habe. Du kannst schwerlich mich dafür loben, da du es doch warst, deren Erziehung sie zu dem gemacht hat, was sie ist.”
Ernst schaute sie ihn an. “Ich bin jahrelang nicht auf Guirlande geritten. Dir gebührt ebenso viel Dank wie mir. Ist dir das noch nie in den Sinn gekommen?”
“Ich … Nein. Sie ist
dein
Pferd”, erklärte Henri verlegen blinzelnd.
“Sie ist ebenso sehr deines. Ich habe dich auf ihr reiten sehen.” Camille lächelte ein kämpferisches Lächeln. “Dazu fällt dir nichts ein, nicht wahr? Wenn man seinen eigenen Wert kennt, fällt es schwer, bescheiden zu sein.”
Zum ersten Mal seit fast einem Jahr hätte Henri sie fast mit
Madame la Duchesse
angesprochen. Indem er eine ihrer Bewegungen nachahmte, nickte er zu ihren lobenden Worten und senkte seinen Blick auf Tulipes gespitzte Ohren.
Camille ritt voraus zu einer brachliegenden Weide und stieg ab, um das Gatter zu öffnen und hinter ihnen zu schließen. Nachdem sie wieder aufgestiegen war, nahm sie den Pfad, der hinunter zum Fluss führte, der sich hinter den Zuchtställen durch die Weiden schlängelte. Henri konnte sich nicht erinnern, ob es so weit vom Palast entfernt noch eine Brücke gab. Sie waren bereits dicht bei der Grenze des Herzogtums.
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