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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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die Kälte stach. In ihrem Rücken erhoben sich die Mauern der Wildenburg, auf denen sich dicke Schneewälle türmten. Hinter der nächsten Anhöhe lag das Dörflein Hecken. Marx, der, eingehüllt in den dicksten Mantel, den sie hatte auftreiben können, neben ihr herstapfte, brummte etwas. Es war, als begriffe er erst allmählich, dass sie sich nicht auf einem Spaziergang befanden. Das heftige Fieber hatte nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Verstand angegriffen. Sie sah, dass er sich den Wind ins Gesicht blasen bließ, um den Nebel aus dem Kopf zu vertreiben. »Was soll denn das werden?«
    »Ist dir kalt?«
    »Ich bin ein Eiszapfen.«
    Sophie reichte ihm mit steif gefrorenen Fingern den Anisschnaps, den sie unter ihrem Mantel trug. Verwirrung huschte über sein Gesicht, aber die Verlockung, sich zu wärmen, war zu groß. Er nahm einen kräftigen Schluck. Sie hatte ihn bereits den ganzen Nachmittag mit Wein und Bier versorgt und wunderte sich, dass er immer noch gerade ging.
    »Mädel, was zur Hölle treiben wir hier?«
    Sie blieb stehen, umarmte und küsste ihn. Seine Lippen, sein ganzer Körper reagierten mit Leidenschaft. Gut, dachte sie erleichtert. Das war es also nicht. Er begehrte sie immer noch. Er gehörte zu ihr, wie sie zu ihm gehörte. Natürlich, sie hatte doch gar nicht daran gezweifelt. »Bist du verheiratet?«, flüsterte sie.
    »Was? Herrgott, nein! Herzlieb, wie kannst du denken …« Die nächsten Küsse kamen mit noch größerer Hitze. »Ein scheußlicher Ort für eine Unterhaltung, weißt du das?«, fragte er, als sie sich endlich wieder voneinander lösten.
    »Jeder Ort ist scheußlich für mich. Du willst fortgehen, aber du weigerst dich, mir zu sagen, warum.«
    »Natürlich – das ist es.« Er zog sie weiter. Der Weg führte bergab, unter ihnen lag, unsichtbar unter der Schneedecke und nur durch den Baumbestand am Ufer auszumachen, der Manscheider Bach. Als Marx sich Sophie wieder zuwandte, sah sie die Trostlosigkeit in seinem Gesicht. »Weißt du, wie mein Leben aussehen wird, nachdem ich die Burg verlassen habe? Was übrigens in den nächsten Tagen geschehen wird, denn ich halt’s hier kaum noch aus.«
    »Wie denn?«, fragte sie.
    »Das einzige Handwerk, das ich beherrsche, ist der Kampf. Ich werde mich also als Söldner verdingen. Darin liegt meine Zukunft.«
    Das wusste sie bereits. Sie kannte sogar seine genaueren Pläne. Jost, der auf die Burg gekommen war, sobald ihn das Gerücht von der Wildenburger Gewalttat erreichte, hatte sie ihr verraten. Ein böhmischer Freiherr, mit denen die beiden vor Magdeburg das Zelt geteilt hatten, besaß ein abseits gelegenes Gut. Er brauchte Männer, die diesen Besitz schützten. Eine riskante Sache, aber Marx hatte den Freiherrn gemocht, und sie würden sich vermutlich dorthin wenden. »Ich glaub, das wird ’ne feine Geschichte. Wahrscheinlich bekommen wir sogar ein eigenes Steinhaus«, hatte Jost erklärt.
    Sie wiederholte diese Worte. »Auf dich wartet ein Steinhaus in Böhmen, und das wird eine feine Geschichte. Aber offenbar ist es keine feine Geschichte für jemanden wie mich, oder wie soll ich dich verstehen?« Himmel, war sie plötzlich zornig. »Ist das der Grund? Du willst dich davonmachen, weil du es der verwöhnten Dame nicht zutraust, sich einzuschränken? Wann hast du mich jemals jammern hören?«
    »Sophie. Du verstehst das nicht. Eine Frau wie du …«
    »Oh, wunderbar. Der Schlaukopf weiß also, was eine Dame von Stand benötigt. Nämlich ein Daunenbett, in dem ein Ehemann wie ein Tier über sie herfällt. Dazu feine Speisen, die mit Schlägen gewürzt werden, wenn die Dame nicht pariert …« Sie heulte nur deshalb nicht, weil sie zu wütend war.
    »Sophie, der Krieg ist anders, als du es dir vorstellst. Du übersiehst das nicht. Du kannst gar nicht einschätzen, was auf dich zukäme.«
    Sie nickte, weil es stimmte.
    »Und du hast es nicht nötig, dich in ein Abenteuer zu stürzen. Du bist eine begehrte und wohlhabende Frau. Deine Eltern werden bald vorbeikommen. Es heißt, sie haben sogar schon jemanden für dich im Auge. Einen anständigen …«
    »Woher weißt du das?«
    Er antwortete nicht. Brauchte er auch nicht. Natürlich von Julius! Auf einmal fiel es Sophie wie Schuppen von den Augen. Julius’ schlechte Laune. Sein Besuch bei dem Kranken. Marx’ zögerndes Betragen danach. Natürlich konnte Julius nicht wissen, was ihre Eltern jetzt, nach Marsilius’ Tod, planten, aber wahrscheinlich hatten sie Wünsche

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