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Die Hexe von Hitchwick

Die Hexe von Hitchwick

Titel: Die Hexe von Hitchwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Gaede
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öffnete Eve ein Auge, nur halb, ganz unauffällig.
Dunkelheit. Keine Gestalt, kein Schatten, nichts Ungewöhnliches. Eve atmete erleichtert auf.
Knirschend kratzte etwas am Fenster entlang und schrie dazu ihren Namen.
Eve war aufgefahren, starrte das Fenster an, hatte das Bett schon halb verlassen. Ihr Verstand begriff nicht, was vor sich ging. Sie war voller Panik, obschon ihre Augen nichts Ungewöhnliches erkennen konnten. Ein Fenster, Himmel, Bäume, Wolken, Wiesen, die nur als dunkle Hügel zu erkennen waren.
Langsam rutschte sie zurück unter ihre Decke. Sie hatte sich nicht geirrt. Sie wusste, was sie gehört hatte.
Oder vielleicht doch nicht?
Sie horchte in die Nacht. Alles andere wurde zur Nebensache, das Atmen stellte sie fast gänzlich ein. Flache, kaum merkliche Züge hoben ihren Brustkorb.
Die Augen waren starr auf das Fenster gerichtet, ohne wirklich etwas zu sehen. Das Fenster, der Raum, das Haus, alles trat in den Hintergrund. Einzig und allein das Hören war von Wichtigkeit. Es nahm den Raum ein, es wurde zum einzigen Verbündeten. Sie würde es hören, frühzeitig hören und dann handeln, aber dafür musste sie absolut still sein. Das war schwer, ihr Herz schlug wild vor Anspannung. Das Klopfen und Rauschen in ihren Ohren machte es so gut wie unmöglich, das eine Geräusch herauszufiltern.
Eve verblieb in der Position, im Warten und Horchen bis zum ersten Grau des neuen Tages.
Endlich!
Endlich erschien das erlösende Grau der aufbrechenden Dunkelheit. Das Licht vertrieb alle Nachtmahre, alle Gespinste, sogar Gedanken. Der Tag bedeutet Erlösung, Befreiung von der Angst und der Anstrengung.
Ihr Kopf sank auf das Kissen, ihre Augen schlossen sich zwinkernd, dann war sie eingeschlafen.

Eve fühlte sich fiebrig. Die Nacht war auslaugend gewesen und der Schlaf viel zu kurz. Ihr Körper war erschöpft und ihr Geist müde, so müde, dass er weder fähig war, die Ereignisse logisch zu erklären, noch in Panik zu verfallen.
Die unwirkliche Angst der vergangenen Nacht saß noch in ihren Knochen, gleich einem leidlichen Albtraum, dessen Bilder nicht aus den Gedanken zu tilgen waren. Die Nacht hatte die Absurdität eines Albtraums besessen und ebenso wollte Eve sie behandeln. Sich vor Unbehagen schütteln, wenn Erinnerungen hochkamen, ihnen jedoch keine weitere ernsthafte Aufmerksamkeit schenken.
Zu gern wäre sie in ihrem Bett geblieben, nur noch ein Weilchen, ein Auskosten der Ruhe und Sicherheit. Von alledem hatte ihre Mutter nichts wissen wollen. Für ihre Leidlichkeit fand die Mutter keinerlei Verständnis und für ihre Angst wollte sie keins. So war Eve nichts anderes übriggeblieben, als sich den Aufgaben ihrer Mutter zu beugen.
Sie stapfte übellaunig die Straße entlang, in den Händen hielt sie einen Brief. Die erste Aufgabe bestand darin, den Postboten zu geben.
Regelmäßig fuhr Mrs. Cooper nach London und Eve konnte nicht verhehlen, dass sie die ältere Dame darum beneidete, um all die Möglichkeiten, die sich dort boten. Mrs. Coopers Kinder lebten in der Stadt und ermöglichten ihr ein recht angenehmes Leben. Eines Tages würde sie sicher zu ihnen ziehen, noch aber war sie in dem Dorf ihrer Kindheit verwurzelt.
Obwohl Eves Vater in London arbeitete, besuchten sie ihn nie. Für solche Flausen wurde kein Geld ausgegeben. Manchmal fragte sie sich, ob ihre Mutter nie Sehnsucht nach ihrem Mann, nach Abwechslung, nach Fortschritt verspürte?
Den geliebten Mann zu besuchen, war ein legitimer Grund in die Stadt zu fahren. Nicht aus Sucht nach schönen Sachen oder Zerstreuung, was man für liederlich hätte halten können, sondern aus Zuneigung. Nun war ihre Mutter aber nicht gewillt, solch eine Möglichkeit in Anspruch zu nehmen. So blieb über viele Wochen der einzige Kontakt das geduldige Papier, mit Worten voll unbedeutender Neuigkeiten.
Ein seltsames, unbehagliches Kribbeln breitete sich in Eves Nacken aus. Blicke ruhten auf ihr. Augen bohrten sich in ihren Rücken.
„Da ist niemand“, flüsterte ihr Verstand.
Wenn da jemand sein sollte, dann wahrscheinlich nur der alte McFare, der seine Blicke von keinem Rock fernhalten konnte.
Der Drang sich umzudrehen wurde immer stärker, ihm nachzugeben, traute sie sich nicht. Es bestand die Möglichkeit, dass dort kein alter Trunkenbold stand, kein Mensch sie beobachtete, dies allerdings nichts an dem Gefühl ändern würde. Das Fehlen eines Beobachters war noch beängstigender als die Anwesenheit eines Fabelwesens.
Das Gefühl wurde

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