Die Hexe
abzuhalten«, plapperte der Imperator und nickte heftig mit dem Kopf. »Wir werden noch heute zwei oder drei Rädelsführer aufhängen.«
»Ausgezeichnet«, lobte die Königin. »Aber das genügt nicht. Ruf deine Kämpfer zusammen, Säbel. Der Grüne Hof verhängt den Ausnahmezustand und die Rothauben werden dem Kommando von Baron Metscheslaw unterstellt.«
»Gibt es Krieg?«
»Noch nicht, aber es ist nicht ausgeschlossen. Ab heute erhalten alle deine zum Dienst erschienenen Kämpfer den für den Ausnahmezustand festgesetzten Sold.«
»Die ersten Trupps werden innerhalb einer Stunde eintreffen«, versprach Säbel, der sein Glück kaum fassen konnte. »Wir sind bereit, zum Ruhme des Herrscherhauses Lud unser Leben zu geben.«
Villensiedlung Wunderland
Moskauer Umland
Samstag, 30. September, 13:02 Uhr
Sein unerwarteter Besuch löste erhebliche Verwunderung aus, doch Kacha ignorierte die ungläubigen Blicke der Bodyguards, die ihn am Eingang empfingen. Auch seine eigenen Leibwächter, die er vor dem Tor zurückgelassen hatte, konnten es kaum fassen, dass ihr Boss eine derart haarsträubende Dummheit beging. Niemand hätte damit gerechnet, dass Wachtang Rionis Nachfolger Kacha Gori allein und zu Fuß vor Chamberlains Haus aufkreuzt, sich arglos beim Wachpersonal vorstellt und darum bittet, dem Hausherrn seinen Besuch zu melden.
Chamberlain empfing seinen Konkurrenten im Gästezimmer.
Er gab Kacha nicht die Hand, schenkte ihm kein verlogenes Lächeln und sprach ihm auch nicht sein Beileid für Waliko Garadses tragisches Ableben aus. Stattdessen wies er mit einer flüchtigen Kopfbewegung wortlos auf zwei Polsterstühle am knisternden Kamin, nahm selbst in einem davon Platz und zog fröstelnd seinen asiatisch anmutenden Hausmantel zurecht, der mit echtem Fell gefüttert war.
»Im Herbst friere ich immer«, konstatierte er verdrießlich. »Im Winter nie, im Frühjahr auch nicht, aber im Herbst ständig.«
»Das kommt wohl von der Feuchtigkeit im Herbst«, mutmaßte Gori nach kurzem Zögern.
»Nein, es hat einen anderen Grund.« Chamberlain setzte sich bequemer. »Eine Spätfolge der Zwangsarbeit. «
In den Straflagern des Imperiums hatte der alte Bandit seinerzeit sechzehn Jahre verbracht und wusste, wovon er sprach.
Gori streckte die Beine zum Feuer aus, genoss die archaische Wärme der lodernden Scheite und kam zur Sache.
»Hast du Waliko Garadse beseitigen lassen?«
Auf Chamberlains Gesicht erschien ein amüsiertes Lächeln.
»Wenn du das glaubst, warum bist du dann hier? Möchtest du ihm in der Hölle Gesellschaft leisten?«
Goris Wangen pulsierten, doch er riss sich zusammen.
»Geht die Schaukel auf dein Konto?«
»Kacha«, seufzte der alte Mafioso. »Du hast Probleme. Große Probleme. Und du scheinst nicht zu wissen, wie du mit diesen Problemen umgehen musst. Verletzter Stolz ist hier jedenfalls völlig fehl am Platz. Wenn du mit mir verhandeln willst, benimm dich entsprechend. Wenn nicht – du weißt, wo der Ausgang ist. Aus Respekt vor deinem Mut lasse ich dich in Frieden gehen.«
»Vor sechs Jahren – «, begann Gori nachdenklich, »du zogst es damals vor, in Amerika zu weilen – sind zwölf meiner Leute zu einem Treffen mit der Lobnensker Bande gefahren. Wir hatten Meinungsverschiedenheiten mit denen. Alles war wie immer: drei Autos, Waffen, die Jungs haben sogar noch Witze gerissen, als sie losfuhren. Die in Lobnja haben sich sicher genauso vorbereitet.«
»Und?«
»Die Polizei hatte Wind bekommen von dem Treffen und Klim Washenin mit seiner Spezialeinheit hinbeordert. « Kacha zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich. »Sie haben keinen übriggelassen, weder von meinen Leuten noch von den Lobnensker Jungs. Zwei Cousins von mir waren dabei.«
»Warum erzählst du mir das?«, fragte Chamberlain knurrig.
»Ich habe heute mit Kornilow gesprochen. Er hat gesagt, dass ein neuer Bandenkrieg nicht hingenommen würde, und dezent an den Oberst Washenin erinnert.«
»Wenn deine Kaukasier meinen, sie müssten alles mir in die Schuhe schieben, dann ist das dein Problem«, entgegnete Chamberlain lapidar. »Erzähl ihnen von Washenin, nicht mir. Hast du sonst noch was?«
»Ich weiß nicht, welches Spiel du spielst«, entgegnete Gori ungerührt. »Aber wenn wir einen Bandenkrieg entfachen, werden die Bullen keinen Unterschied machen, wer angefangen hat. Bestenfalls kannst du dich dann wieder nach Amerika zurückziehen.«
Der alte Gangster schwieg.
»Außerdem hat Kornilow gesagt,
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