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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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die Streifenpolizisten noch die Wasserstoffblondine noch der Mann im Trainingsanzug, bekam etwas mit von der bemerkenswerten Prozession, die sich unmittelbar vor ihren Augen abspielte. Ein perfekt inszeniertes Trugbild täuschte die Sinne der Schaulustigen.
    Kornilow dagegen konnte dank seines Magoskops beobachten, welch illustre Gesellschaft soeben das Grundstück der Villa Karavella verließ: zwei vierarmige Männer, die sich angeregt mit einigen schwarzhaarigen jungen Frauen unterhielten; vier rothaarige Recken, die mit finsteren Mienen einen massiven, in eine Decke gewickelten Leichnam schleppten; ein Grüppchen von Zwergen mit roten Kopftüchern, von denen sich zwei unter der Last riesiger Rucksäcke krümmten und ein Dritter einen halb bewusstlos vor sich hinlallenden Kameraden über der Schulter trug; als Letzter passierte ein einzelner, kurzgeschorener Mann das Tor und ging zu seinem an der Parkmauer abgestellten Lincoln Navigator.
    Andrej nahm das Magoskop ab und wandte sich an Schustow: »Sieht so aus, als hätte Kara viele Feinde gehabt. «
    Sergej krächzte zustimmend und zog sich diskret zurück, als er den herbeieilenden Santiago sah.
    »Diesmal bin ich nur ein kleines bisschen zu spät gekommen«, sagte Kornilow schmunzelnd, als er Santiago die Hand schüttelte. »Aber eben doch wieder zu spät.«
    »Diesmal sind wir alle ein bisschen zu spät gekommen«, gestand der Kommissar.
    »Sogar Sie?«
    »Sogar ich.«
    »Haben Sie eine logische Erklärung für die Geschehnisse? «
    »Wir bemühen uns darum«, antwortete Santiago augenzwinkernd. »Jedenfalls können Sie diesmal die wahren Schuldigen einsperren, Major.«
    Stirnrunzelnd blickte sich Kornilow nach seiner Beute um: Mohammed, der immer noch schmollend im Wolga des Majors saß, Arnold und Gleb, die im Streifenwagen tumb vor sich hinstarrten und die beiden Zwillinge, die das SEK aus dem Dachboden geholt hatte.
    »Alles schön und gut, aber wie soll ich diese Magier hinter Gitter behalten?«, erkundigte sich der Major. »Die können doch einfach verschwinden, wann immer es ihnen passt.«
    »Das werden sie nicht tun«, versprach der Kommissar. »Dafür werden wir sorgen.«
     
     
    Moskauer Eremitage, Kloster der Erli
Moskau, Zarizyno-Park
Samstag, 30. September, 18:27 Uhr
     
    In der Patientenaufnahme der Moskauer Eremitage herrschte sterile Sauberkeit. Die Metallgestelle der Betten glänzten im kühlen Licht großer Deckenleuchten und das reine Weiß der Leintücher stach in die Augen. Selbst die schwarze Kutte von Bruder Lapsus sah so makellos sauber aus, als hätte er sie soeben aus der Reinigung abgeholt.
    Wie alle Angehörige des Dunklen Hofs galten die Erli als geizig und streitsüchtig. Übrigens völlig zu Recht. Dazu gesellten sich noch ihre ganz speziellen Charaktereigenschaften: Sie neigten zu Geschwätzigkeit und ungezügelter Völlerei. Doch an allererster Stelle stand bei diesen begnadeten Heilern stets das Geschäft.
    Als in der Patientenaufnahme der schwarze Wirbel entstand, versammelte sich sofort eine ganze Schar von Mönchen um das Portal. Man legte den Verletzten auf ein Krankenbett und spritzte ihm ein Stimulantium. Einer der Erstversorger sprach ein blutstillendes Arkan, ein anderer schnitt dem Patienten die blutverschmierten Kleider vom Leib und stopfte sie in eine Plastiktüte, ein Dritter wusch und desinfizierte die Wunden, maß die Körpertemperatur, spritzte ein Tetanusserum und kontrollierte die Funktion der inneren Organe.
    Bruder Lapsus, einer der besten Chirurgen der Eremitage, untersuchte Artjom kurz, legte die Stirn in Falten, rieb sich den Nasenrücken, murmelte seinen Helfern in der Sprache der Erli einige Anweisungen zu und wandte sich dann an Inga.
    »Hat der Ärmste Geld dabei oder müssen wir ihn auf Kredit wieder zusammenflicken?«
    »Das ist ja wohl nicht das Wichtigste!«, entrüstete sich Inga und zückte ihre T-Grad-Com-Universalkarte. »Beeilt euch gefälligst, natürlich haben wir Geld!«
    Die junge Dame schien ein wenig unter Strom zu stehen. Bruder Lapsus begutachtete das imposante Veilchen auf ihrer Wange, die blutverkrusteten Handgelenke, ihre blassen, zitternden Lippen und lächelte.
    »Und du, schöne Frau? Brauchst du nicht auch ärztliche Hilfe?«
    »Kümmert euch gefälligst um den Patienten und nicht um mich«, explodierte Inga. »Der Mann liegt im Sterben!«
    »Unsinn«, versetzte Bruder Lapsus und wandte sich zum Gehen. »Du kannst inzwischen hier warten. Man wird dir ein Beruhigungsmittel und

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