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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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Andrej zündete sich eine neue Zigarette an. »Bei jedem der erwähnten Verbrechen waren entweder sie selbst oder ihre Leute vor Ort und haben die Wahrnehmung der Augenzeugen entsprechend manipuliert. «
    »Aber zu welchem Zweck?«
    »Um die Ermittlungen in die Irre zu führen«, antwortete Kornilow. »Einen gewöhnlichen Bandenkrieg hätten wir rasch beendet. Durch den ganzen Hokuspokus gewann Kapustina Zeit. Sie konnte in aller Ruhe ihren schmutzigen Geschäften nachgehen, während die Polizei mit Fahndungsfotos von Vierarmigen durch die Stadt rannte.«
    Unter den Zuhörern machte sich Heiterkeit breit.
    »Haben Sie schon vergessen, welche Panik noch vor wenigen Tagen in der Stadt herrschte?«, setzte der Major fort. »Sie werden es nicht glauben, aber man hat ernsthaft von mir verlangt, ein Monster zu verhaften und vor Gericht zu stellen.« Im Saal erhob sich Gelächter. »Es hätte nur noch gefehlt, dass man uns silberne Gewehrkugeln aushändigt.«
    Nachdem nun alles aufgeklärt war, erinnerten sich die Journalisten mit einem Schmunzeln an ihre eigenen, hochdramatischen Reportagen.
    »Soweit wir wissen, wurde Kapustina bei der Erstürmung ihrer Villa getötet.« Die Journalistin von TVZ kritzelte etwas in ihr Notizbuch. »Und wen haben Sie bei dem Einsatz verhaftet?«
    »Fünf Mitglieder ihrer kriminellen Vereinigung – allesamt Hypnotiseure, die von Kapustina ausgebildet wurden.« Andrej schenkte sich Mineralwasser nach. »Die Bankräuber und Waliko Garadses Mörder sind auch dabei.«
    »Und die Schlächter aus der Schaukel ?«
    »Die Verbrecher, die dieses Blutbad angerichtet haben, kamen bei dem Überfall am Gartenring ums Leben. Wie Sie wissen, konnten die Täter nicht gefasst werden.«
    »Am Gartenring wurden doch Mitglieder von Chamberlains Bande erschossen«, entgegnete der pedantische Brillenträger. »Was hatten die denn mit Kapustina zutun?«
    »Wir vermuten, dass sie von Denis Frolow unterstützt wurde«, antwortete Kornilow.
    »Von Edik?!«
    »Chamberlains rechte Hand soll seinen Boss verraten haben?!«
    Andrej breitete die Arme aus.
    »Sie können sich denken, dass wir dafür keine Zeugen haben, werte Anwesende, aber immerhin gibt es Indizien: Kurz nachdem wir Kapustina auf die Schliche kamen, verließ Edik überstürzt das Land. Und wenn Sie heute schon Nachrichten gehört haben, wovon ich ausgehe, dann wissen Sie ja, was ihm zugestoßen ist.«
    Ediks Verstrickung in den Fall war eine Sensation. Die Journalisten tippten eifrig auf ihre Notebooks ein.
    »Und welche Rolle spielte Professor Serebrjanz in dem Fall?«
    »Er sorgte sozusagen für den ideologischen Unterbau. Durch die medienwirksame Inszenierung scheinbar übernatürlicher Geschehnisse half er Kapustina dabei, von den eigentlichen Verbrechen abzulenken.«
    »Gehörte er auch zu ihrer kriminellen Bande?«
    »Nein.« Andrej grinste. »Erstaunlicherweise glaubt der Professor tatsächlich an den Unsinn, den er verbreitet. Er ist davon überzeugt, gegen Dämonen zu kämpfen. «
    Abermals erhob sich amüsiertes Getuschel im Saal.
    »Werden Sie ihn belangen?«
    »Wofür?«, wunderte sich Kornilow. »In diesem Land herrscht Gewissensfreiheit, jeder darf glauben, was er will, auch an Märchen. Das ist kein Verbrechen.«
    »Aber für seine Vorträge und Seminare interessiert sich jetzt kein Mensch mehr und sein Buch dürfte als Ladenhüter enden.«
    »Gut möglich«, erwiderte Andrej. »Ich habe gehört, dass Professor Serebrjanz beschlossen hat, die Stadt zu verlassen. Kapustinas Enttarnung war ein schwerer Schlag für ihn.«
    »Hat das Moskauer Polizeipräsidium ihm empfohlen, die Stadt zu verlassen?«
    Kornilow schüttelte den Kopf. »Drücken wir es so aus:
    Das Moskauer Polizeipräsidium hat vollstes Verständnis für die Entscheidung, die Herr Serebrjanz selbstständig getroffen hat.«
     
    Im Saal des ehemaligen Kulturzentrums der kleinen Provinzstadt fanden ungefähr einhundert Besucher Platz – gekommen waren maximal zwanzig. Der Referent aus der Hauptstadt hatte ein ausgesprochen bizarres Thema für seinen Vortrag ausgewählt und nur eingefleischte Esoteriker waren bereit, für die obskuren Enthüllungen des schrulligen Professors ihr sauer verdientes Geld auszugeben.
    Lew Moisejewitsch Serebrjanz rückte seine teure Krawatte zurecht, blickte ernüchtert ins dünn gesäte Publikum und hub tapfer zu sprechen an.
    »Meine Damen und Herren, sicher haben Sie sich ein wenig gewundert, als Sie vom Gegenstand meines Vortrags erfahren haben

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