Die Hexe
mich immer noch billiger als die Dienste von Söldnern.«
Den Seitenhieb auf Cortes’ Preispolitik konnte sich der knausrige Buchhändler nicht verkneifen.
Der kleine Vorraum zwischen der schweren Eingangstür und einer dünnen Glastür, die in den eigentlichen Verkaufsraum führte, war für höchstens zwei Personen ausgelegt. Die entfesselten Skins quetschten sich zu viert hinein und traten zornig gegen die Glastür, hinter der die Silhouetten einer schlanken Schwarzhaarigen und eines kleinen Greises zu sehen waren. Doch die verdammte Tür erwies sich als unüberwindliches Hindernis.
»So eine Scheiße!!«, fluchte der Anführer und verstummte alsbald, da ihm ein Strahl heißen Dampfs ins Gesicht schoss.
»Eine Drachendusche «, kommentierte Genbek ungerührt und beobachtete, wie die verbrühten Skins verzweifelt versuchten, aus ihrer Falle zu entkommen. »In meinem Laden herrscht der reinste Kriegszustand«, lamentierte der Alte weiter. »Mal tötet Santiago ein paar Usurpatoren, mal randalieren glatzköpfige Hooligans. Diese Stadt ist ein Vulkan.«
»Ab und zu tut ein bisschen Krawall doch ganz gut«, gab Jana zu bedenken. »Hinterher weiß man das ruhige Leben dann wieder besser zu schätzen.«
»Mir ist es auch ohne Krawall nicht zu langweilig«, versetzte Genbek stirnrunzelnd. »Wissen Sie, im Alter kann man auf solcherlei Nervenkitzel getrost verzichten. «
Durch den Laden hallten die Schmerzensschreie der Skins und von der Straße drangen schrille Pfiffe herein – Trillerpfeifen der Polizei.
»Tja, ich werde dann gehen«, sagte Jana. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Keine Ursache«, erwiderte der Greis freundlich, während er die Gebühr für die Benutzung der Bibliothek entgegennahm. »Nehmen Sie den Hinterausgang? «
»Gern«, bestätigte Jana und fügte augenzwinkernd hinzu: »Wenn es nichts extra kostet …«
KAPITEL DREI
»Hooligans buchstäblich abgekocht. Der Überfall auf eine bekannte Buchhandlung am Alten Arbat nahm für ein Bande von Skinheads ein fatales Ende. Beim Versuch, gewaltsam in das Geschäft einzudringen, beschädigten sie die Rohre der Zentralheizung und zogen sich schwere Verbrennungen durch kochend heißen Dampf zu. Vier der betroffenen Skins wurden ins Sklifosowski-Institut für Notfallmedizin eingeliefert. Ihr Zustand ist nach Aussagen der behandelnden Ärzte kritisch, aber stabil.«
ISWESTIJA
»Die dreisten Übergriffe von Humos auf Einrichtungen der Verborgenen Stadt werden allmählich zur Gewohnheit. In den vergangenen vierundzwanzig Stunden ereigneten sich nicht weniger als fünf solcher Anschläge! Die beispiellose Welle der Gewalt schürt die Angst bei den Bewohnern der Verborgenen Stadt, denn niemand kann sich mehr sicher fühlen. Die brutalen Gewaltakte können jeden treffen! Die Herrscherhäuser haben keine Erklärung für die jüngsten Geschehnisse und …«
T-GRAD-COM
Villa Karavella
Moskau, Silberhain
Donnerstag, 28. September, 15:22 Uhr
Mohammed hatte die Statur eines Bodybuilders. Mit seinen muskelbepackten Oberarmen und kräftigen Händen knetete er Karas Körper durch. In ihrem langen Leben hatte die Zauberin noch nie einen besseren Masseur gehabt. Unter seinen gekonnten Griffen schmolz sie förmlich dahin. Ihre samtige Haut begann zu glühen und die Verspannungen in der Muskulatur lösten sich nach und nach auf.
Während der Massagesitzungen ließ sich Kara normalerweise durch nichts ablenken, doch an diesem Tag machte sie eine Ausnahme. Während der Schwarze seine geschmeidigen Hände mit Rosenöl einrieb, griff sie zur Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein.
»Das stört doch nur, Herrin«, rügte Mohammed, der es gewohnt war, dass die Zauberin ihm während der Massage ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte.
»Tut mir leid, aber diese Sendung muss ich unbedingt sehen«, entgegnete Kara und rekelte sich aufmunternd. »Du kannst aber ruhig weitermachen.«
Mohammed grummelte etwas Unverständliches und machte sich daran, die drallen Gesäßbacken der Frau durchzuwalken.
»Die Angreifer drangen am Vormittag ein«, verkündete der Moderator der T-Grad-Com mit bitterernster Miene, »als im Wartezimmer Hochbetrieb herrschte, und prügelten wahllos auf die Anwesenden ein, auch auf Frauen, Kinder und Alte. Das Wachpersonal hatte keine Chance gegen die bewaffnete Bande und die Polizei kam wie immer zu spät.«
Das leidenschaftslose Auge der Kamera schwenkte durch die verwüsteten Räume der Privatklinik von Bruder
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