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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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gebeugt und den Kopf gesenkt, verharrte ihr Ehemann in der freien Fläche in der Mitte des Pentagramms. Er hatte sich einen pelzverbrämten Mantel um die Schultern geworfen und hielt Kelch und Dolch bereit, wie sie ihm befohlen hatte. Während der langen Anrufung kroch ihm sicherlich die Kälte durch Mark und Bein, aber er beschwerte sich nicht.
    Elinor eilte zu ihm, beugte sich zu dem Knienden herab und küsste ihn auf den Mund. Sein Atem schmeckte nach eisiger Winterluft und Cedric zitterte.
    »Verzeiht, mein Geliebter«, hauchte sie. »Das Ritual heute Nacht erinnert mich an die Zeit im Konvent auf dem Odilienberg und weckt einen alten Schmerz in mir, einen Kummer, von dem ich glaubte, dass er längst vergangen sei. In einer Nacht wie dieser …« Elinor ließ ihre Hand in einer ausholenden Geste über die finstere Burg gleiten, die schneebedeckten Berge und den mit Sternen übersäten Himmel.
    »… in der dunkelsten Nacht des Jahres knieten wir stundenlang vor der Druidenhöhle und warteten auf ein Zeichen. Manchmal scheint es mir heute noch, als würde ich die Stimmen meiner Schwestern hören.«
    Der Marquis nickte. »Nehmt Euch alle Zeit, die Ihr braucht«, riet er ihr. »Wichtig ist nur, dass unser Vorhaben gelingt.«
    Elinor betrachtete ihn zärtlich. Wenn man ihn nach dem Äußeren beurteilte, war Cedric kein sonderlich beeindruckender Mann: ein Burgherr in mittleren Jahren, dessen Haar an den Schläfen ergraute. Er kämpfte noch immer geschickt mit dem Schwert und war ein guter Reiter. Vor allem aber war er Herr über die einflussreichste Burg des Elsass. Wie ein Adlerhorst lag die Festung auf dem breiten Burgfelsen. Wehrmauern, Türme und Zinnen erhoben sich zu einem Bollwerk, an dem bislang jeder Eroberungsversuch gescheitert war. Burg Hœnkungsberg war zu Stein gewordene Macht.
    Einsamer als eine Wespenkönigin im Winter war Elinor auf der Festung eingetroffen, doch dann hatte sich das Schicksal gewendet und ihr ein Geschenk gemacht, mit dem sie im Leben nicht mehr gerechnet hätte: die Liebe und Treue eines Mannes.
    »Ich vertraue Euch«, sagte Cedric und betrachtete sie voll inniger Hingabe. Immer wieder war Elinor überwältigt von dieser Liebe. Cedrics Aufmerksamkeit und Treue bewegten sie umso mehr, da sie wusste, dass sie seine Zuneigung nicht verdiente. Er hatte sogar zu ihr gehalten, als sie ins Gerede kam und hässliche Gerüchte die Runde machten – ausgelöst durch die Sieben.
    Elinor schloss die Augen und atmete die eisige Nachtluft. »Er wird kommen«, flüsterte sie ihrem Gemahl ins Ohr. Die Worte schwebten als Eishauch durch den nächtlichen Garten. »Wenn ich ihn rufe, muss er gehorchen! Diese Gabe wurde mir in die Wiege gelegt. Schon als Kind vermochte ich Dingen und Geschöpfen zu befehlen, sich zu zeigen, auch wenn niemand begriff, wie mir das gelang. Und wenn ich sie rufe … verzeiht mir, mein Geliebter! Ich vergaß, dass Ihr von diesen Geheimnissen nichts hören wollt. Niemand begreift das Wesen der Magie, der sie nicht selbst gewirkt hat.«
    Cedric zog die Schultern hoch und raffte den Mantel um sich. Er war ein Mann ohne jedes magische Talent und er war zufrieden damit: Geschärfter Stahl und ein mutiges Ross waren die beiden Dinge, auf die er sich verließ. Als er aufstand, schimpfte er auf die Kälte und die Belagerer, als trügen der Winter und der König Schuld an seinen steifen Knien.
    »Ihr seid eine Hexe«, raunte er. »Wahrlich, Elinor, Ihr seid eine rabenschwarze Hexe. Nehmt das als Kompliment! Keine der Sieben besitzt Eure Macht. Bestimmt hat man Euch deswegen verstoßen: Eure Gabe ist zu stark.«
    Elinor lächelte, als sie den Dolch mit der dreieckigen Silberklinge nahm, den der Marquis ihr hinhielt. Ahnte er, wie sehr sie Morrigan herausgefordert hatte? Aber nein, sie hatte ihm nie erzählt, aus welchem Grund sie den Odilienberg verlassen musste. Sie hob das Messer. Sogleich fing die Schneide das Sternenlicht ein und begann zu schimmern.
    »Man hat mich nicht aus dem Konvent verstoßen!«, stieß sie hervor. »Keine der Sieben wäre in der Lage gewesen, mich zu vertreiben! Ich ging freiwillig fort, denn ich erkannte, dass sich mein Los andernorts erfüllen würde. Auf dem Odilienberg herrschen Feigheit und Verlogenheit. Mein Platz ist hier!«
    Die Messerspitze kreiste über Wehrgängen und Türmen, dem Bergfried und dem Bärengraben. Über viele Generationen hinweg hatten die Herren von Hœnkungsberg dem König als Vasallen gedient. Als Markgrafen verteidigten sie

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