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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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der Schulter. «Bist du narrisch geworden?»
    «Lass mich!» Phillip stieß ihn zur Seite. «Also was ist, Hans Müller von Bulgenbach? Hat’s Euch die Sprache verschlagen?»
    Der Hauptmann betrachtete ihn von oben bis unten. Dabei schien es, als ob er sich ein Lächeln verkneifen müsse, was Phillip nur noch rasender machte.
    «Zieht Euer Schwert, Hauptmann, und stellt Euch dem Kampf Mann gegen Mann!», rief Phillip eine Spur zu laut.
    Für einen kurzen Moment zuckte es in Hans Müllers Hand, seine stahlblauen Augen blitzten kampfbereit. Doch dann lachte er gutmütig.
    «Hör zu, mein Junge …»
    Weiter kam er nicht. Phillip hatte bereits das Schwert vom Leder gezogen, woraufhin ihm Egbert einen schmerzhaften Schlag gegen das Handgelenk versetzte und die Waffe zu Boden fiel. Im selben Augenblick war dieser rothaarige Pferdebursche bei ihnen und schnellte ihm die Faust gegen die Schläfe. Phillip wurde schwarz vor Augen, als ihn auch schon der nächste Schlag in die Magengrube traf und in die Knie gehen ließ. Der dritte Schlag zauberte eine ganze Schar greller Sternchen vor sein inneres Auge, danach war nichts mehr.
     
    «Wo bin ich?»
    Vorsichtig griff sich Phillip an den schmerzenden Schädel, der mit einem Verband umhüllt war, und öffnete die Augen. Über sich erblickte er die sorgenvollen Gesichter von Doctor Molitoris und dessen Frau.
    «In deinem Bett», antwortete Molitoris. «So langsam mache ich mir ernsthaft Sorgen um dich.»
    Erstmals war sein Hausherr und Magister in das vertraute Du übergegangen. Seine Frau setzte ihm unterdessen einen Becher mit lauwarmem Kräutersud an die Lippen. Phillip trank in kleinen Schlucken. Das Zeug schmeckte bitter, tat dennoch gut.
    Ein Teil seiner Erinnerungen kehrte zurück. Da war dieser selbstgewisse Hauptmann, den er mit dem Schwert bedroht hatte, und dieser kleine rote Teufel, der wie eine Furie auf ihn losgesprungen war. Und dann war da dieses Mädchen in der Sonne, das lachte und ausgesehen hatte wie Antonia.
    Er stöhnte leise auf.
    «Tut es sehr weh?», fragte die Hausfrau.
    «Es geht. – Wie bin ich hergekommen?»
    «Ein junger Knecht hat dich auf einem Pferdekarren gebracht. Ein Kerl mit feuerrotem Haar.»
    «Das war der elende Schelm, der mich zusammengeschlagen hat.»
    Molitoris zog erstaunt die Brauen in die Höhe. «Dieses schmächtige Kerlchen? Das kann ich kaum glauben. Ach ja, er lässt dir ausrichten, dass es ihm und dem Hauptmann leidtue. Aber dir sei nicht anders zu helfen gewesen.»
    Phillip ballte die Fäuste. Mit den Lebensgeistern kam auch sein Zorn zurück. Und die Trauer darüber, dass er Antonia, indem er sie wiedergefunden, ein weiteres Mal verloren hatte. Warum nur musste das Schicksal ihm jedes Mal noch eins draufsetzen?
    «Kann es sein», fuhr Molitoris fort, «dass mit Hauptmann jener Hans Müller von Bulgenbach gemeint ist, der Führer der Schwarzwälder Bauern?»
    «So ist es», erwiderte Phillip tonlos.
    «Ja bist du denn von allen guten Geistern verlassen? Was hattest du bei den Aufrührern zu suchen? Und warum lässt du dich ganz offensichtlich auch noch auf einen Kampf mit dem Hauptmann ein? Ich fasse es nicht.»
    Was sollte er dem guten Mann antworten? Dass er eigentlich nur Egbert hatte wiedersehen wollen? Und dabei erfahren musste, dass der wichtigste Mensch seines Lebens die Braut jenes Aufrührers war, von dem alle Welt sprach? Das eine durfte Molitoris als Egberts Professor nicht wissen, das andre ging ihn nichts an.
    «Ich bin so müde», gab er ausweichend zur Antwort. Und tatsächlich nahm ihn der Schlaf keine drei Atemzüge später wieder mit sich fort.

47 Freiburg, den 17 . bis 21 . Mai 1525
    Z wei Tage darauf, nachdem alle Verhandlungen gescheitert waren, rückten die Schwarzwälder vor und verbündeten sich mit den Haufen aus dem Rheintal, die im Norden, Westen und Süden der Stadt lagerten. Damit war Freiburg umzingelt, eingeschlossen von zwölftausend Bauern aller umgebenden Landschaften. Die Belagerung erfolgte auf dem Fuße, und zwar mit lautstarker Heftigkeit.
    Gleich in der ersten Nacht hatte ein Schwarm Schwarzwälder von der zerstörten Kartause her den Burgberg hoch über der Stadt erklommen. Unbemerkt hatten die Männer im Schutze der Dunkelheit etliche Langrohrgeschütze auf die halb verfallene und offenbar unbewachte Festung geschafft, was die Stadt am nächsten Morgen in Angst und Schrecken versetzen sollte.
    Phillip lag zu jener Stunde noch im Bett und war eben dabei, sich den lästigen Verband vom

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