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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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wirklich bevorstand. Außerdem wollte er ihn überreden, von dieser unseligen Sache abzulassen. Das Wichtigste aber: Er wollte seinen einzigen Freund unbedingt wiedersehen.
    Die erste Wegstunde hatte er kaum eine Menschenseele angetroffen. Friedlich lag das breite Tal der Dreisam vor ihm und leuchtete in frischem Grün. Wie seit zwei Wochen schon schien die Sonne warm und freundlich vom Himmel. Trotzdem fröstelte ihn, und so schritt er noch schneller aus. Bislang befand er sich auf dem Herrschaftsgebiet der Stadt Freiburg und war daher weder Zöllnern noch Wachleuten begegnet. Nachdem er Kirchzarten, den Sitz der Freiburger Talvogtei, umrundet hatte, breitete sich vor seinem Auge ein schier unendlich großes Lager aus, das die gesamte Talsohle überzog. Unwillkürlich blieb er stehen. Das mussten Tausende sein, die sich hier gesammelt hatten! Was für eine Unverfrorenheit, sich unmittelbar vor der Nase der Freiburger festzusetzen, dachte er und konnte sich gleichzeitig eine gewisse Bewunderung nicht verhehlen.
    Er war kein allzu tollkühner Mensch, und so kostete es ihn einige Überwindung, weiterzugehen und die Höhle des Löwen zu betreten. Während er näher kam, erfüllten Stimmengewirr, Hundegebell und hie und da Gelächter das ganze Tal. Rechts und links der Landstraße breitete sich das Lager aus, bis an den Waldrand. Es war unbefestigt, nur mit Wagen und Karren umsäumt, dafür schritten zahlreiche Bauern in Wehr und Waffen an seinem Rand auf und ab. Die Straße selbst wurde von zwei kräftigen Männern mit Hellebarden versperrt.
    «Was bist du für einer?», schnauzte der Jüngere und musterte ihn durchdringend. «Wie einer dieser Affen vom Freiburger Rat siehst nicht grad aus.»
    «Ich heiße Phillip und bin auf der Suche nach Egbert von Rainhausen.»
    Der Mann lachte auf. «Du meinst nicht etwa
den
Egbert? Den Boten unseres Obersten Hauptmanns? Was hätte der mit einem Würstchen wie dir zu schaffen?»
    «Ich bin sein Freund», erwiderte Phillip, ungerührt ob dieser Schmähung. «Und ich muss ihn dringend sprechen.»
    «Lassen wir ihn ein», beschied der Ältere. «Auf seine eigene Gefahr hin.»
    Phillip zwängte sich zwischen ihnen hindurch, ohne dass die beiden ihm wirklich Platz gemacht hätten.
    «Wo finde ich Egbert?»
    «Wie sollen wir das wissen? Frag dich selber durch.»
    Auf Pöbeleien und Handgreiflichkeiten gefasst, durchschritt Phillip langsam das Lager, während seine Augen angestrengt zwischen den Menschenmassen nach Egberts hellblondem Haarschopf suchten. Die meisten waren damit beschäftigt, sich um Feuer und Mittagsmahl zu kümmern, andere lagen faul in der Sonne ausgestreckt und taten gar nichts. Unerwartet friedlich war das Bild, das sich ihm bot. Eine Mischung aus Söldner- und Zigeunerlager. Nur wenige starrten ihm misstrauisch nach, ansonsten kümmerte sich niemand um ihn.
    «Weißt du, wo Egbert von Rainhausen steckt?», fragte er einen jungen Burschen, der auf einem Holzbrett Rüben schnitt.
    «Wer will das wissen?»
    «Ich heiße Phillip und bin sein Freund.»
    Der Junge zögerte einen Augenblick, dann gab er bereitwillig Auskunft. «Wahrscheinlich auf dem Weg zum Mittagessen. Mit unsrem Obersten Hauptmann und den anderen Hauptleuten.»
    «Und wo soll das sein?»
    Der Junge zuckte die Schultern. «Am besten wartest an seinem Stellplatz auf ihn. Am Eingang des Lagers nach Freiburg zu.»
    «Danke.»
    Diese Mistkerle von Wächter hatten ihn also absichtlich in die Irre geführt. Die großen Wagen am Eingang des Lagers waren ihm nämlich sehr wohl aufgefallen. So machte er sich auf den Rückweg, überquerte einen weitläufigen freien Platz, der wohl als Versammlungsort diente, als ihm plötzlich jemand fest auf die Schulter schlug.
    «Bist du’s, oder bist du’s nicht?»
    Phillip fuhr herum und blickte in Egberts rotwangiges Gesicht.
    «Egbert!»
    Sein Freund musterte Phillips schäbige Kleidung.
    «Bist jetzt vollends auf den Hund gekommen? In diesem Lumpengewand hätt ich dich fast nicht erkannt.»
    «Eher eine Maßnahme zur Vorsicht.» Phillip musste grinsen. «Aber trotzdem liegst du nicht ganz falsch.»
    Dann zog er seinen Freund in die Arme, und sie drückten sich innig.
    «Alter Spießgeselle – was ist das schön, dich wiederzusehen.»
    In Egberts Stimme schwang Rührung mit.
    Auch Phillip schluckte. «Ich hätte nicht gedacht, dass es dir so ernst ist mit den Bauern.»
    «Das ist es nach wie vor. Wir kämpfen für eine gerechte Sache.»
    Phillip merkte, wie diese

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