Die Himmelsbraut
schwarzbärtiges Gesicht zu einem Grinsen verzog. «Ich fürchte, das wird nichts mit den beiden.»
«Ich tät dieses wandelnde Gerippe auch nicht nehmen wollen», lästerte Katharina und dachte dabei ganz offensichtlich an ihren selbstgefälligen Dickwanst Adalbert. Doch insgeheim musste Antonia ihr recht geben. Auch sie selbst hätte niemals in diese Familie einheiraten wollen. Sie war gespannt, wie Magdalena sich weiterhin verhalten würde.
Neugierig zog sie die Haustür einen Spaltbreit auf und lauschte hinaus. Nachdem das Knirschen der Wagenräder verklungen war, hörte sie den Vater fragen: «Nun, mein Kind, wie findest du den jungen Mann?»
«Er ist höflich und zurückhaltend. Gewiss ein angenehmer Mensch.»
«Das heiß, einem Verlöbnis steht nichts im Wege?»
Antonia hinter der halb offenen Tür hielt den Atem an, während ihre Schwester draußen zu zögern schien.
«Ich respektiere Euren Wunsch, mich angemessen zu verheiraten. Und ich wäre Euch liebend gern Gehorsam schuldig. Aber ich kann diesen Mann nicht ehelichen. Weder ihn noch einen anderen.»
«Was soll das heißen?»
«Es gibt nur eine Ehe, die ich suche: die Ehe mit dem König des Himmels und der Erde.»
Einen Augenblick blieb es still draußen. Dann tönte die ungehaltene Stimme des Vaters:
«Bist du noch immer dieser Schwarmgeisterei ergeben? Ich habe euch Mädchen nicht im rechten Glauben erzogen, um euch am Ende ans Kloster zu verlieren! Nicht die ewige Jungfräulichkeit ist ein Gebot des Herrn, sondern die Mutterschaft. Die Aufgabe der Frau liegt in der Ehe und im Gebären, an der Seite eines Mannes. Alles andere ist wider die Natur.» Er schnappte nach Luft. «Und dass ihr drei einen anständigen Mann bekommt, dafür scheue ich weder Mühen noch Kosten!»
«Ich flehe Euch an, lieber Vater: Versperrt mir nicht meinen Weg. Und die teure Mitgift erspart Ihr Euch auch.»
«Du wirst Reinbolt Birkelnuss zum Mann nehmen. Das ist mein letztes Wort!»
Die Haustür schwang auf, und Antonia konnte eben noch den Kopf zurückreißen. Das Gesicht ihres Vaters war rot angelaufen. Während er sich am Tisch einen Becher Rotwein einschenkte, zitterten seine Hände.
«Wo ist Magdalena?», fragte Antonia, aber ihr Vater gab keine Antwort.
Sie schlüpfte zur Tür hinaus in den Hof, als ein Pfiff ertönte. Kurz darauf kamen die Pferde von der Weide hereingetrabt, ihre Hufe wirbelten dichten Staub auf, der im späten Tageslicht hellgelb glitzerte. Von ihrer Schwester keine Spur.
Sie wartete, bis das letzte der Tiere im offenen Stalltor verschwunden war, dann fragte sie den Altknecht, ob er Magdalena gesehen habe.
«Die ist eben grad zur hinteren Pforte hinaus. – Sie hat geweint», fügte er besorgt hinzu.
Eiligen Schrittes überquerte sie den Hof. Hinter der Schmiede führte ein schmaler Durchlass im Mauerwerk hinaus in die Obstgärten oberhalb des Gestüts. Sie wusste jetzt, wo sie ihre Schwester finden würde.
Es ging ein gutes Stück bergauf bis zum Waldrand. Dort oben, im abendlichen Schatten der Tannen, sah sie jemanden vor dem Flurkreuz knien, das in alten Zeiten als Sühnekreuz errichtet worden war.
Antonia vernahm ein rhythmisches Klatschen, während sie sich näherte, doch erst als sich ihre Augen vom Sonnenlicht auf das schattige Halbdunkel umgestellt hatten, erkannte sie, was ihre Schwester tat.
«Hör auf!»
Links, rechts, links, rechts fuhr Magdalenas Arm mit der Haselrute in die Höhe, es sirrte jedes Mal in der Luft, bevor die Rute gegen ihren Körper schnellte. An zwei Stellen färbte sich der hellblaue Stoff ihres Kleides schon dunkel.
Antonia riss ihr die Geißel aus der Hand und warf sie weit von sich. Dann beugte sie nachlässig das Knie vor dem Heiland, um ein rasches Gebet zu sprechen, und ließ sich neben ihre Schwester ins Gras sinken.
«Warum tust du das?»
«Ich besiegle die Brautschaft mit dem Heiland, der sein Blut für unsere Sünden vergossen hat.» Sie hörte sich an, als ob sie im Schlaf spräche. «Mit meinem Blut und meiner Liebe zu ihm werde ich eins mit seinem Leiden, eins mit Gott.»
«Was soll das? Glaubst du im Ernst, Jesus Christus will, dass du dich schlägst? Versprich mir, dass du das nie wieder tust, hörst du? Nie wieder!»
Magdalena lächelte nachsichtig. «Alles, was ich tue, ist auf die Liebe zu Jesus hin ausgerichtet.»
Antonia schwieg. Sie ahnte, dass Worte hier nichts mehr ausrichteten. Dennoch machte sie einen letzten Versuch.
«Du weißt, was Vater vom Klosterleben hält. Mach ihn
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