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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aufgebracht. »Das Feuer war aus! Ich habe noch nie vergessen, es zu löschen!«
    Arri warf abermals einen fragenden Blick in Krons Gesicht, und diesmal nickte er wortlos.
    »Vielleicht hat ja dieser Tölpel etwas falsch gemacht«, fuhr Achk mit keifender Stimme und heftig in Krons ungefähre Richtung gestikulierend fort. »Ich habe ihm gesagt, dass keine Glut mehr im Ofen sein darf. Dass er mit den Händen in die Asche greifen muss, um sich davon zu überzeugen, dass sie auch wirklich kalt ist!«
    »Das hast du sogar selbst getan«, erwiderte Kron.
    »Das Feuer war aus!«, beharrte Achk. »Es hat gebrannt, aber es war nicht meine Schuld.«
    »Aber irgendetwas muss passiert sein«, beharrte Arri. »Es hat kein Gewitter gegeben in dieser Nacht.«
    »Und wenn, hätte der Blitz nicht meine Hütte getroffen«, fügte Achk hinzu. Er kicherte albern. »Ich kenne mich mit Gewittern aus. Auch wenn es das Feuer der Götter ist, so bleibt es doch Feuer, und das Feuer ist mein Freund.« Er lachte noch einmal, länger und schrill und meckernd, und ein dünner Speichelfaden lief aus seinem Mundwinkel und tropfte an seinem Kinn hinab. Arri verzog angeekelt das Gesicht.
    »Meine Hütte steht nicht von ungefähr in der Nähe des Heiligtums«, fuhr er fort. »Ein Blitz kann sie dort gar nicht treffen.«
    »Was für ein Unsinn«, grollte Kron kopfschüttelnd, erreichte damit aber nur, dass Achk noch schriller zu keifen begann.
    »Was weißt denn du schon, du grober Tölpel!«, zeterte der Alte. »Du bist vielleicht stark, aber das ist jeder Ochse auch! Und was hat dir deine Kraft genutzt? Sieh dich doch an!«
    »Immerhin kann ich mich noch ansehen«, versetzte der Jäger böse, und so ging es weiter. Arri hörte schon bald nicht mehr hin. Ihre Mutter hatte ihr erzählt, dass sich die beiden nahezu ununterbrochen stritten, aber sie hatte diesen Worten kaum Beachtung geschenkt und es sich allenfalls komisch vorgestellt; zwei Männer, die sich unentwegt in den Haaren lagen und einander doch brauchten, auch wenn sie viel zu stolz waren, es zuzugeben. Aber es war nicht komisch. Kron und Achk waren einfach zwei zänkische Männer, die nur auf ein Stichwort warteten, um den anderen zu beschimpfen oder zu verhöhnen. Irgendwann gab sie es nicht nur auf zuzuhören, sondern die beiden überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Sie hatte Krons Wunden versorgt, so gut sie konnte, und auch noch einmal versucht, sich um Achk zu kümmern. Der Alte hatte es ihr gedankt, indem er nach ihr geschlagen und sich dann ausgerechnet auf die neue Grasmatratze gebettet hatte, die sie in mühevoller Kleinarbeit geknüpft hatte, woraufhin sich Arri schmollend auf ihre eigene - alte und mittlerweile schon halb zerfledderte - Matratze zurückzog und ihm insgeheim möglichst große Schmerzen wünschte.
    Sie musste wohl trotz allem eingeschlafen sein, denn das Nächste, was sie bewusst wahrnahm, waren das Klimpern des Vorhangs und ein schlanker Umriss, der sich gegen das klare Licht der Morgensonne abzeichnete, die dahinter schien. Obwohl sie nur einen Schatten erkennen konnte und sich noch benommen und schlaftrunken fühlte, wusste sie, dass es ihre Mutter war. Sie roch nach Qualm.
    Unsicher richtete sie sich auf ihrem Lager auf und versuchte, den Schlaf wegzublinzeln, machte es im ersten Moment aber eher schlimmer. Der Schatten vor ihr bekam kein Gesicht, floss dafür aber auseinander und verbog sich auf groteske Weise.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Lea. Ihre Stimme klang müde und so brüchig wie die einer alten Frau. Arri antwortete nicht, weil sie wusste, dass ihre Mutter ohnedies nicht hinhören würde.
    Müde und mit hängenden Schultern schleppte sich Lea zu ihrem Lager und hätte sich beinahe darauf niedersinken lassen, fuhr jedoch im letzten Moment wieder hoch, als sie sah, dass es nicht leer war.
    Achk lag wie ein gefällter Baum auf der neuen Matratze, die Arri geflochten hatte und schnarchte laut und mit offenem Mund.
    Von Kron war nichts mehr zu sehen. Er musste gegangen sein, während Arri geschlafen hatte.
    »Wunderbar, wie du aufpasst«, seufzte ihre Mutter. Einen Moment lang sah sie sich unschlüssig um und wirkte fast hilflos, dann schleppte sie sich zu ihrem Korbstuhl und ließ sich mit einem abermaligen, noch erschöpfter klingenden Seufzen darauf nieder, das sich mit dem Knarren des stark strapazierten Weidengeflechts zu einem gleichermaßen vertrauten wie unangenehmen Geräusch verband. Sie schloss die Augen, kaum dass ihr Hinterkopf die

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