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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kurz, bevor das Feuer ausbrach, und er war nicht erfreut, mich zu sehen - oder von mir gesehen zu werden.« Er zuckte mit den Achseln, beugte sich ein Stück vor und versuchte, Lea den Arm um die Schultern zu legen. »Da fragt man sich doch, was er mitten in der Nacht dort gewollt hat.«
    Oder was du mitten in der Nacht dort gesucht hast, dachte Arri, hütete sich aber, diesen Gedanken laut auszusprechen, sondern sah nur mit mühsam unterdrückter Schadenfreude zu, wie ihre Mutter Rahns Arm so heftig von sich stieß, dass er beinahe erschrocken zur Seite gewichen wäre. »Wenn das wahr ist, dann müsst ihr es allen sagen«, sagte sie.
    »Es weiß ohnehin jeder«, sagte Lea kopfschüttelnd. »Niemand würde uns zuhören. Und selbst wenn er es ganz offen eingestünde, würde alles dadurch nur noch schlimmer.«
    Sie verzog die Lippen, als Rahn Anstalten machte, sich auf der Lehne des Korbstuhls niederzulassen, was diesen zweifelsohne knirschend hätte zusammenbrechen lassen, und fuhr mit plötzlich trotzig klingender Stimme fort: »Wir werden einfach noch einmal von vorn anfangen und allen beweisen, dass wir ihn und Nor nicht brauchen.«
    »Von vorn anfangen? Du bist verrückt, Weib.« Achk richtete sich schwankend auf, wischte sich mit dem Handrücken den Sabber aus dem Gesicht und spie aus. »Und womit? Es ist alles weg. Mein Werkzeug, die Gussformen, der Blasebalg, das Erz, alles, was ich zum Schmieden brauche. es ist nichts mehr da. Ich habe ja nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf.«
    »Rahn wird deine Hütte wieder aufbauen, und was das Erz und dein Bronzewerkzeug angeht: verbrannt ist es mit Sicherheit nicht, höchstens gestohlen.« Lea zeigte nicht das leiseste Anzeichen von Überraschung, Achk durch und durch wach zu sehen, sondern begnügte sich damit, Rahn von sich zu schieben, bevor er mit seinem vollen Körpergewicht dem bereits heftig knirschenden und sich zur Seite neigenden Korbstuhl den Rest geben konnte. »Bis deine Hütte wieder hergerichtet ist, kannst du bei uns bleiben«, sagte sie mit einem ärgerlichen Blick in Rahns Richtung. »Und was dein Werkzeug und alles andere angeht, so werde ich für Ersatz sorgen.«
    »Ach, und wie?«, fragte Achk höhnisch.
    »Lass das einfach nur meine Sorge sein«, antwortete Lea abweisend. Dann grinste sie plötzlich schief, während sie zu dem Fischer hochsah, der mittlerweile seinen Annäherungsversuch aufgegeben hatte und wieder an der Wand lehnte. »Rahn wird deine Hütte größer aufbauen, und vor allem an einem anderen Ort. Und er wird bei dir wohnen, zumindest so lange, bis ihr mit eurer Arbeit fertig seid und selbst Sarn zugeben muss, dass ich Recht habe.«
    »Solange es nicht so endet wie das letzte Mal«, fügte Rahn in boshaftem Ton hinzu und funkelte Lea wütend an. Achk verzog das Gesicht - was es aber auch nicht hässlicher machte -, während etwas in Leas Augen zu erlöschen schien, von dem Arri bisher gar nicht gewusst hatte, dass es da gewesen war.
    Rahn verzog das Gesicht, als hätte er auf etwas Saures gebissen. »Es tut mir Leid«, sagte er, nachdem Leas Gesichtsausdruck sich nicht änderte, und schließlich fügte er noch hinzu: »Ich wollte damit nicht sagen, dass du an dem Brand schuld bist.«
    »Aber du hast ja Recht«, antwortete Lea kühl. »Es war meine Schuld. Ich habe es nie bestritten, oder?«
    »Was war deine Schuld?«, fragte Arri. Ihr Blick irrte zwischen den Gesichtern Rahns, des Blinden und ihrer Mutter hin und her, aber sie bekam keine Antwort. Vielleicht nahmen die drei sie in diesem Augenblick nicht einmal zur Kenntnis. Ganz sicher hatten sie ihre Frage nicht gehört.
    Ein unangenehmes, lastendes Schweigen breitete sich in der für ein solches Gespräch viel zu kleinen Hütte aus, und Arri begriff zumindest eines: dass Rahn mit seinen unbedachten Worten etwas ausgesprochen hatte, was - außer ihr - jedermann zu wissen schien, was aber nach einer nie laut getroffenen Absprache für immer unausgesprochen bleiben sollte. » Was war deine Schuld?«, fragte sie noch einmal.
    Im allerersten Moment war sie sicher, auch jetzt wieder keine Antwort zu bekommen, denn in den Augen ihrer Mutter blitzte schon wieder der ungeduldige Zorn auf, den Arri immer dann darin las, wenn sie sie auf etwas ansprach, das ihr unangenehm war, oder ihr eine Frage stellte, die sie nicht beantworten wollte, und dem nur zu oft ein jäher Wutausbruch folgte.
    Diesmal jedoch nicht. »Achk«, sagte sie. »Was ihm zugestoßen ist, war meine Schuld. Seine Augen.

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