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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zurückzuwerfen. »Was tust du denn hier?«, fragte sie schließlich.
    Die Frage schien Rahn zu überraschen. »Das, was deine Mutter mir aufgetragen hat«, antwortete er. »Ich passe auf, dass dir nichts passiert.«
    Arri starrte ihn nur weiter an, und das offenbar so verständnislos, dass Rahn sich genötigt sah, einen Schritt auf sie zuzutreten und mit einer erklärenden Geste in die Richtung fortzufahren, in die Grahl und der Schamane verschwunden waren. »Ich war die ganze Zeit in deiner Nähe, keine Angst. Wenn Grahl auch nur versucht hätte, dir ein Haar zu krümmen.« Er überließ es ihrer Phantasie, sich auszumalen, was dann geschehen wäre, legte den Kopf schräg und fuhr fort: »Ich dachte nur, es wäre besser, wenn ich mich nicht zeige.«
    »Du. du warst. die ganze Zeit über hier?«, vergewisserte sich Arri.
    »Ich weiß, was du sagen willst«, sagte Rahn. »Eigentlich hätte er mich hören müssen, unser großer Jäger und Spurenleser. Vielleicht ist es mit seinen Fähigkeiten ja doch nicht so weit her, wie er immer behauptet.« Er lachte leise. »Wer weiß - vielleicht ist das ja auch der Grund, aus dem er sich plötzlich so bei Sarn Liebkind macht.«
    Und was ist der Grund, aus dem du dich bei meiner Mutter Liebkind machst?, dachte Arri. Sie sprach es nicht aus - sie war ja schließlich nicht verrückt -, aber Rahn bemerkte immerhin ihr Schweigen, auch wenn er es falsch deutete.
    »Du brauchst wirklich keine Angst zu haben.« Er klang ein wenig beleidigt. »Deine Mutter hat mir aufgetragen, auf dich Acht zu geben, und das tue ich.« Ein schmutziges Grinsen erschien auf seinem Gesicht, und Arri bemerkte erst jetzt, dass er einen fast armlangen Knüppel in der rechten Hand hielt, den er jetzt schwungvoll in die geöffnete Linke klatschen ließ.
    Dennoch fiel es ihr schwer, sich auf Rahns Worte zu konzentrieren. »Und du warst wirklich die ganze Zeit über in meiner Nähe?«, vergewisserte sie sich.
    »Ja«, behauptete Rahn unwillig, schlug sich noch einmal mit dem Stock in die geöffnete Linke und schränkte dann ein: »Beinahe, jedenfalls. Ich habe gesehen, wie du im Wald verschwunden bist, und dann sind Grahl und der Dorfälteste dir nach. Also habe ich sie verfolgt.«
    Arri spürte, dass er die Wahrheit sagte. Aber wenn es so war, dachte sie verwirrt - dann erklärte es vielleicht, wessen Schatten ihr in der Nähe des Heiligtums einen Schrecken eingejagt hatte. Aber wer war dann der Mann, den sie gerade zusammen mit ihrer Mutter gesehen hatte?

14
    Ihre Mutter kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück, und sie war weder in einer Stimmung, in der es Arri angeraten schien, sie auf die Ereignisse vom Nachmittag anzusprechen, noch hätte sich die Gelegenheit dazu ergeben. Achk war zurück und hatte sie während der ganzen Zeit, die sie gemeinsam auf Leas Rückkehr gewartet hatten, aufs Übelste beschimpft, weil sie ihm nichts zu essen gegeben hätte - was nicht stimmte. Arri hatte aufgetragen, was sie im Haus hatten - einen erst gestern von Grahl erlegten und von ihrer Mutter bereits angebratenen Hasen, frische Möhren und Erbsen aus ihrem Garten und zwei dünne Scheiben Fladenbrot - und Achk hatte gut die Hälfte davon in sich hineingestopft, bevor er zuerst behauptet hatte, es sei ungenießbar, und nur wenige Augenblicke später, sie wolle ihn mit dem »bereits stinkenden Hasenfleisch« vergiften. Und kaum war ihre Mutter zurück, erdreistete er sich sogar zu der Lüge, sie hätte ihm gar nichts zu essen gegeben. Arri setzte zu einem geharnischten Protest an, aber ihre Mutter ließ sie erst gar nicht zu Wort kommen, sondern brachte sie mit einem ebenso stummen wie vorwurfsvollen Blick zum Schweigen und ging wieder hinaus, um aus der verbliebenen Hasenkeule und dem, was Arris Garten hergab, eine Mahlzeit für den Blinden zuzubereiten.
    Arri war empört. Dass Achk sich so benahm, wie er sich nun einmal benahm, überraschte sie nicht wirklich; der Alte war nun einmal verrückt und hatte allenfalls in der vergangenen Nacht so etwas wie einen lichten Moment gehabt. Aber dass ihre Mutter ihr nicht einmal die Gelegenheit gab, sich zu verteidigen, war einfach ungerecht. Hatte sie selbst ihr nicht immer und immer wieder erklärt, dass Gerechtigkeit vielleicht das Höchste aller Güter war, beinahe so wertvoll wie Freiheit, und vielleicht sogar wertvoller, denn wie konnte es Freiheit ohne Gerechtigkeit geben?
    Für eine - nicht allzu lange - Zeit saß sie einfach nur da und starrte wütend abwechselnd

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