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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Beutel ins Feuer. Er brennt sehr hell, sodass man den Feuerschein nachts weit sieht, und tagsüber entwickelt er einen starken Rauch.«
    Arri schloss unsicher die Finger um das kleine Säckchen. Es war nicht so, dass sie Dragosz nicht glaubte - aber diesen Beutel anzunehmen war fast so, wie einen Pakt mit ihm zu schließen; einen Pakt, der vielleicht weit mehr beinhaltete, als ihr zu diesem Zeitpunkt schon klar war. Schließlich aber nickte sie zustimmend. Was hatte sie schon zu verlieren?
    »Was ist denn an unserer Reise so gefährlich?«, erkundigte sie sich zögernd. Sie war ziemlich sicher, dass die ehrliche Antwort nichts gelautet hätte und sich Dragosz nur wichtig machen wollte; und sie war mehr als nur ziemlich, sondern vollkommen sicher, dass es ein Fehler war, überhaupt mit ihm zu reden. Das Einzige, was sie vernünftigerweise tun sollte, wäre, auf der Stelle zu ihrer Mutter zurückzugehen und ihr von diesem Treffen zu berichten.
    »Reisen sind immer gefährlich«, antwortete Dragosz, »vor allem, wenn sie durch unbekanntes Land führen. Ist euch nicht aufgefallen, dass ihr verfolgt werdet?«
    »Doch. Gerade jetzt, vor ein paar Augenblicken.«
    Dragosz blieb ernst. »Ich weiß nicht, wer es ist, aber jemand folgt euch, seit du bei deiner Mutter aufgetaucht bist.« Er hob rasch die Hand, als Arri etwas sagen wollte. »Keine Sorge, ich werde mich darum kümmern. Aber ihr solltet ein wenig vorsichtiger sein.«
    Arri fragte sich, was genau er unter sich darum kümmern verstand, auch wenn sie die Antwort im Grunde gar nicht wissen wollte. Laut fragte sie: »Du weißt, wohin wir fahren?«
    »Deine Mutter hat es mir nicht gesagt«, antwortete Dragosz - was im Grunde keine Antwort war. Aber dergleichen hatte sie beinahe schon erwartet. »Weißt du es denn nicht?«
    Dann hätte ich wohl nicht gefragt, dachte Arri verärgert. Sie schüttelte nur den Kopf, worauf sich ein unbehagliches Schweigen zwischen ihnen ausbreitete, das Dragosz schließlich mit einem unechten Räuspern beendete.
    »Verlier den Beutel nicht, den ich dir gegeben habe«, sagte er hastig. »Und sei vorsichtig damit, wenn ein Feuer in der Nähe ist. Das Pulver brennt sehr leicht.« Er sah sie auffordernd an, trat noch unbehaglicher von einem Fuß auf den anderen und bückte sich schließlich nach der Schale, die sie ins Gras gestellt hatte. Mit einer raschen Bewegung füllte er sie, richtete sich wieder auf und hielt ihr die randvoll gefüllte Schale hin. »Geh jetzt zurück, bevor sich deine Mutter zu fragen beginnt, wo du bleibst. Nimm.«
    Als Arri nach der Schale griff, berührten sich ihre Finger, und Arri fuhr so heftig zusammen, dass sie wiederum einen Teil des Wassers verschüttete, aber sie merkte es kaum. Dragosz zog die Hand nicht zurück, obwohl das kalte Wasser auch über seine Finger lief. Stattdessen griff er plötzlich zu und umfasste ihre rechte Hand und das Gelenk; auf eine sonderbare Weise zugleich fest wie auch so sacht, dass sie es kaum spürte.
    Dennoch jagte ihr die Berührung einen eisigen Schauer über den Rücken, ein Gefühl, das sie im allerersten Moment für Furcht hielt, bevor sie begriff, dass es etwas völlig anderes und Neues war. Sie konnte nicht sagen, ob ihr dieses Gefühl angenehm war oder ob es sie in Panik versetzte. Vielleicht beides zugleich.
    »Was.?«, begann sie.
    Dragosz ließ ihre Hand los, aber nur, um ihr im nächsten Moment den Zeigefinger über die Lippen zu legen und zugleich sacht den Kopf zu schütteln. Arris Herz begann zu hämmern. Aus dem kalten Schauer wurde eine ganzes Heer winziger eiskalter Ameisen, die ihr Rückgrat hinunterliefen, und die Panik war nun da, auch wenn es eine seltsam stille Art der Panik war, frei von jeglicher Furcht. Ihre Hände und Knie begannen zu zittern.
    Dragosz' Zeigefinger blieb einen scheinbar endlosen Augenblick auf ihren Lippen liegen, dann fuhr er ihr mit dem Handrücken sanft über die Wange. Sein Gesicht war dem ihren plötzlich so nahe, dass sie seinen Atem spüren konnte, der sonderbar roch, warm und nach einem Gewürz, das sie nicht kannte, aber nicht unangenehm. Ihr Herz schlug jetzt unmittelbar in ihrem Hals, und ihre Finger fühlten sich so kalt an, als wären sie erfroren. Sie hatte furchtbare Angst, aber zugleich war da auf einmal auch der absurde Wunsch in ihr, er möge weitermachen mit dem, was er tat.
    Und einen Moment lang schien es tatsächlich so. Er hörte auf, ihre Wange zu streicheln, und umfasste stattdessen ihr Gesicht mit beiden Händen.

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