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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zum Vorschein kam. Keuchend versuchte sie, zurückzuweichen oder wenigstens den Kopf zur Seite zu werfen, doch der andere war schneller. Seine Hand grub sich in ihr Haar, riss ihr den Kopf nach hinten, und dann trennte der Dolch ihr eine gut handlange, dicke Strähne ihres hellen Haares ab. Arri stieß erleichtert die Luft zwischen den Zähnen aus und wich vorsichtshalber einen Schritt zur Seite, als der Mann sie endlich losließ und sich wieder zu seinem Begleiter umwandte. »Hier«, sagte er, während er ihm die Strähne hinhielt, »gib ihr das. Das wird sie überzeugen. So sonderbares Haar hat außer ihr selbst und ihrer Tochter hier niemand.«
    Der Mann nahm die Haarsträhne zögernd entgegen. Er machte keinen Hehl aus seiner Enttäuschung, hob aber schließlich nur die Schultern und händigte dem anderen die Fackel aus, bevor er sich umdrehte und davonging.
    »Warum tut ihr das?«, murmelte Arri. »Was. was haben wir euch denn getan?«
    Statt ihre Frage zu beantworten, trat der Mann wieder dichter an sie heran und hob die Fackel, um sie in ihrem flackernden roten Licht noch einmal zu betrachten, und vielleicht war der Blick, mit dem er sie nun maß, schlimmer als alles andere zuvor. Arri versuchte, weiter vor ihm zurückzuweichen, aber hinter ihr war nur harter Fels. Ihr Herz jagte.
    »Warum wir das tun?« Der Mann beendete seine Musterung und schien einige Mühe zu haben, sich wieder auf ihr Gesicht zu konzentrieren. »Das fragst du auch noch? Tust du so, oder hast du wirklich keine Ahnung?«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, antwortete Arri. »Ich habe euch nichts getan. Und meine Mutter auch nicht.«
    »Du lügst. Aber das wird dir auch nichts mehr nutzen, Hexenkind. Deine Mutter hat mit ihren Zauberkräften lange genug Unheil über uns gebracht. Und jetzt sei still. Du kannst noch früh genug reden, aber erst, wenn deine Mutter dabei ist.«
    »Meine Mutter«, antwortete Arri leise, »wird dich töten. Und deinen Freund auch. Und wenn nicht sie, dann Runas Vater.«
    »Kaum«, antwortete der Mann. »Er wird uns dankbar sein, wenn er erst einmal erfährt, welch heimtückisches Spiel deine Mutter mit ihm und seiner Familie gespielt hat.«
    »Aber sie hat doch nur.«, begann Arri.
    Der Mann schlug sie warnungslos und blitzschnell und so hart, dass ihr Kopf schon wieder gegen den Stein schlug und ihre Unterlippe aufplatzte. »Du sollst still sein, habe ich gesagt!«, fauchte er.
    Arri hob zitternd die Hand an ihr Gesicht, verbiss sich aber jeden Laut; und sei es nur, um ihm nicht die Genugtuung zu gönnen, sie wimmern zu hören. Sie schmeckte Blut, und ihre Lippe schwoll so rasch an, dass sie es spüren konnte. Trotzdem straffte sie nach einem Moment die Schultern und starrte ihn ebenso trotzig wie herausfordernd an - was vermutlich ein Fehler war, denn sie konnte dem Krieger ansehen, wie schwer es ihm jetzt fiel, sich nicht endgültig auf sie zu stürzen und mit Fäusten auf sie einzuschlagen.
    Stattdessen trat er plötzlich wieder einen Schritt zurück, lehnte die Fackel so gegen die Wand, dass sie aufrecht stehen blieb und trotzdem weiter brannte, und zog abermals den Dolch unter dem Umhang hervor. Arri gab sich alle Mühe, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen, als er erneut näher trat, und es gelang ihr auch einigermaßen, aber sie konnte ihren Blick nicht daran hindern, sich an der schimmernden Klinge festzusaugen. »Hast du Angst?«, fragte er lächelnd. »Das brauchst du nicht. Ich tu dir nicht weh - falls du mich nicht dazu zwingst, heißt das.«
    Arri presste sich mit verzweifelter Kraft gegen den rauen Stein. Ihre Fingernägel kratzten über den Fels, und sie drückte sich so eng an die Wand, als könne sie sich hineinpressen, aber es gab keine Nische mehr, wohin sie noch flüchten konnte, und der Krieger kam langsam und unaufhaltsam näher.
    Das Messer näherte sich ihrem Gesicht, strich fast sanft über ihre Wange, näherte sich ihrem linken Auge und schwebte einen grässlichen Moment lang so dicht davor, dass sie die Spitze nur noch verschwommen sehen konnte. Für einen einzelnen, aber furchtbaren Atemzug war sie sicher, dass er ihr das Messer einfach ins Auge stoßen würde, aber dann zog er die Klinge wieder ein kleines Stückchen zurück und ließ die Messerspitze den gleichen Weg wieder nach unten wandern, den sie gerade genommen hatte: über ihre Wange, den Mundwinkel und ihre aufgeplatzte Unterlippe und weiter über das Kinn hinab zu ihrer Kehle und noch weiter hinunter, bis sie

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