Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
hatte Dragosz und sie beobachtet. Zu ihrer Überraschung sparte sie sich jedoch jede entsprechende Bemerkung, sondern bedeutete ihr nur mit einer ebenso knappen wie ungeduldigen Geste, ihr weiter zu folgen. Sie entfernten sich ein gutes Dutzend Schritte vom Wagen, bevor sie eine Stelle erreichten, die vor Leas gestrengem Auge Gnade als Nachtlager fand; auch wenn Arri beim besten Willen nicht sagen konnte, was daran besser oder schlechter als an jedem einzelnen Flecken war, an dem sie bisher vorbeigekommen waren. Wortlos ließ sie sich ins Gras sinken, richtete sich dann noch einmal auf, um ihren Umhang abzustreifen, und breitete ihn wie eine Decke über Arri aus, als diese ihrem Beispiel folgte. Der Umhang war warm, und Arri schlang ihn instinktiv enger um sich, zugleich aber spürte sie auch, wie kalt die Nacht geworden war, und ihr schlechtes Gewissen machte sich bemerkbar.
    Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, schüttelte Lea den Kopf, noch bevor sie auch nur ein einziges Wort sagen konnte. »Das ist schon gut. Die Kälte wird mir helfen, wach zu bleiben.«
    »Wach zu bleiben?«, wiederholte Arri. »Warum?«
    »Jemand muss schließlich auf euch beide aufpassen«, antwortete Lea mit einem ärgerlichen Kopfschütteln. »Nicht genug, dass ich nicht einmal genau weiß, wie ich dich in deinem Zustand zurück ins Dorf bringen soll, taucht jetzt auch noch dieses zu groß geratene Kind auf, das lieber stirbt, bevor es zugeben würde, dass auch seine Kräfte Grenzen kennen. Dieser Dummkopf.«
    »Dragosz?«
    »Siehst du hier sonst noch jemanden?«, fragte Lea ärgerlich. »Natürlich Dragosz! Ich dachte wirklich, er wäre klüger als all die anderen Narren. Aber am Ende ist er auch nur ein Mann.« Sie seufzte tief. »Und jetzt schlaf. Wir haben morgen einen anstrengenden Marsch vor uns, und du wirst jedes bisschen Kraft brauchen.« »Und du?«, fragte Arri.
    »Mach dir keine Sorgen um mich«, erwiderte Lea. »Eine Nacht ohne Schlaf macht mir nichts aus. Und vielleicht ist es sogar ganz gut so. Ich habe über eine Menge Dinge nachzudenken.«

25
    Dragosz war fort, als sie am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang erwachte. Arri hatte nicht besonders gut geschlafen; sie klapperte vor Kälte mit den Zähnen. Irgendwie musste sich das nasse Gras, auf dem sie sich ausgestreckt hatte, im Laufe der Nacht in hartes Felsgestein verwandelt haben, denn ihr tat jeder einzelne Knochen weh. Außerdem hatte sie entsetzlichen Durst. Noch bevor sie die Augen öffnete, spürte sie, dass ihre Mutter nicht mehr neben ihr lag, und als sie es dann tat, sah sie, dass der Himmel über ihr noch schwarz war. Die Luft roch nach Schnee, obwohl es dafür eindeutig zu früh war, und die Wolken, die den Mond und den Großteil der Sterne verschlungen hatten, schienen so tief zu hängen, dass sie sicher war, sie mit dem ausgestreckten Arm berühren zu können. Allerdings war sie nicht sicher, ob sie auch die Kraft aufbringen würde, den Arm auszustrecken. Jeder einzelne Muskel in ihrem Körper schien verkrampft zu sein, aber vielleicht war sie auch einfach zu Eis gefroren.
    Umständlich und sorgsam darauf bedacht, den doppelten Umhang, in den sie sich gewickelt hatte, ja nicht herunterrutschen zu lassen, weil sie dann vermutlich wirklich erfroren wäre, setzte sie sich auf, zog in derselben Bewegung die Knie an den Leib und lehnte sich mit Schultern und Rücken an den rauen Stamm des Baumes, unter dessen weit ausladender Krone Lea ihr Nachtlager aufgeschlagen hatte. Erst dann drehte sie den Kopf nach links und rechts, um nach ihrer Mutter Ausschau zu halten. Sie sah sie nicht, aber irgendetwas stimmte nicht. Arri war immer noch zu benommen und schlaftrunken, um dem Gedanken sofort nachgehen zu können, aber sie spürte immerhin, dass mit dem Bild, das sich ihr bot, irgendetwas nicht so war, wie es sein sollte. Es verging eine geraume Zeit, während der sie vergeblich versuchte, ihre Gedanken zu einer etwas schnelleren Gangart zu bewegen, aber schließlich wurde es ihr doch klar: Der Wagen war nicht mehr da.
    Im allerersten Moment erschrak sie. Dann erinnerte sie sich an das, was ihre Mutter am vergangenen Abend zu Dragosz gesagt hatte -dass er den Wagen nehmen und damit zu seinen Leuten fahren sollte, während sie selbst und Arri die restliche Strecke bis zum Dorf zu Fuß zurücklegen würden. Anscheinend hatte Dragosz seine Pläne geändert und war schon während der Nacht losgefahren.
    Das Erste, was Arri dazu einfiel, war eine Mischung aus

Weitere Kostenlose Bücher