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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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so war, dann galt es auch für sie, und jetzt, wo sie kurz davor waren, ihre Heimat endgültig zu verlassen, umso mehr.
    »Liebst du meine Mutter?«, fragte sie mit einem Mal.
    Dragosz' Hand erstarrte in ihrem Nacken. Jetzt war sie zu weit gegangen. Aber der scharfe Verweis, auf den sie wartete, blieb aus. Dragosz sah sie nur durchdringend an. Seine Hand lag plötzlich schwer und fast kalt auf ihrem Nacken, aber er zog sie auch nicht zurück. »Warum fragst du das?«, meinte er schließlich.
    »Weil sie meine Mutter ist«, antwortete Arri. »Ich will nicht, dass ihr wehgetan wird.«
    »Unsinn«, sagte Dragosz hart. »Du glaubst doch nicht.« Er zog die Hand nun doch - fast erschrocken - zurück und räusperte sich unbehaglich. »Wenn du ein paar Jahre älter wärst, und vor allem nicht Leandriis' Tochter, könntest du mir wahrscheinlich sogar gefallen, aber so.«
    »So gefalle ich dir nicht?«
    »Ich glaube, du weißt genau, was ich meine, Arri. Es gibt Dinge, die man tut, und Dinge, die man nicht tut.« Dragosz' Blick wurde hart, aber er rührte trotzdem keinen Finger, um sie von sich wegzuschieben oder sie auch nur aus seiner Umarmung zu entlassen. Nach einigen weiteren Augenblicken ließ er die Hand sogar wieder auf ihre Schulter sinken.
    »Ich wollte doch nur.«
    »Ich weiß, was du wolltest«, unterbrach Dragosz sie barsch. »Ich.« Er brach ab, wirkte für einen Moment beinahe hilflos und rettete sich schließlich in ein leicht verunglücktes Lächeln. »Entschuldige. Vielleicht. war ich jetzt ein wenig zu heftig. Ich wollte dich nicht beleidigen. Du gefällst mir, wirklich. Du bist ein sehr hübsches Mädchen. Aber du bist auch Leandriis' Tochter - und außerdem bin ich viel zu alt für dich. Ich könnte beinahe dein Vater sein.«
    »Unsinn«, antwortete Arri. »So alt bist du noch nicht. Und selbst wenn: Nor hat eine Frau, die jünger ist als ich, und er ist alt genug, um mein Urgroßvater zu sein.«
    »Nor? Der Hohepriester aus Goseg, von dem deine Mutter mir erzählt hat?«
    Arri nickte, und Dragosz zog eine beleidigte Grimasse. »Vielen Dank, dass du mich mit dieser alten Krähe vergleichst.« Er lachte.
    »Würde es dir etwas ausmachen, das Thema zu wechseln?«
    Wenn alles wirklich so war, wie er behauptete, dachte Arri, warum nahm er dann den Arm nicht von ihrer Schulter oder setzte sich wenigstens so hin, dass ihr Kopf nicht mehr an seiner Wange lag? Da war ein deutlicher Unterschied zwischen dem, was seine Worte ihr mitteilten, und dem, was sein Körper sagte. Arri lauschte in sich hinein. Das verzehrende Verlangen war so gründlich erloschen, als hätte es niemals existiert, und an seiner Stelle verspürte sie plötzlich eine mindestens ebenso große schmerzende Leere. Dann Zorn. Wieso zeigte er ihr etwas so Wundervolles, nur um es ihr sofort wieder wegzunehmen? Legte er es darauf an, sie zu quälen, oder war es nur irgendein grausames Spiel, wie es Erwachsene manchmal mit Kindern spielten? Verdammt, sie war kein Kind mehr, schon lange nicht mehr! Sie war eine erwachsene Frau, und er hatte kein Recht, so mit ihr umzuspringen!
    »Also, wie ist es?«, fragte Dragosz. »Sind wir noch Freunde?« Noch, dachte Arri, würde bedeuten, dass sie es schon gewesen waren. Waren sie es? Sie sah ihn nur an.
    Ihr Schweigen schien Dragosz' Missfallen zu erwecken, denn auf seinem Gesicht erschien nun zum ersten Mal ein Ausdruck von echtem Unmut, doch gerade als er dazu ansetzen wollte weiterzureden, erklang wieder das Geräusch brechender Zweige, und schnelle Schritte näherten sich. Arri löste sich fast erschrocken aus Dragosz' Arm und bewegte sich hastig ein kleines Stück weit von ihm weg, und auch Dragosz schob sich hastig mit dem Rücken an der hölzernen Wand in die Höhe. Als ihre Mutter den Wagen erreichte, saßen sie auf mehr als Armeslänge auseinander - aber sogar Arri fiel auf, dass Dragosz wie ein Mann aussah, der gerade sein Dorf um die Jagdbeute betrogen hatte. Und was sie selbst anging - sie war noch nie besonders erfolgreich darin gewesen, ihrer Mutter etwas vorzumachen.
    Anscheinend war sie es auch jetzt nicht. Ihre Mutter setzte dazu an, über eines der großen Räder auf den Wagen zu klettern, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne und blickte verwirrt von Arri zu Dragosz und wieder zurück. Eine tiefe, senkrechte Falte erschien wie hingezaubert zwischen ihren hellen Augenbrauen. »Was.«, fragte sie fast lauernd, ». was ist denn los?«
    »Wir haben auf dich gewartet«, antwortete Arri. »Wo

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